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Teufels Küche in der Studiobühne
Ulla Meinecke stellt ihr jüngstes Buch vor

Michael L. Hübner
Es gibt Astronauten, Kosmonauten, Taikonauten, Argonauten und nun auch noch – Psychonauten. Das sind Wagemutige, die sich, statt ins All oder nach Kolchis auf die Reise in die unbekannten Gefilde der menschlichen Seele begeben. Eine selbsternannte Psychonautin stellte am Sonnabend in der Studiobühne des Brandenburger Theaters ihr jüngstes Buch vor. „Willommen in Teufels Küche“ heißt das Werk und die berühmte deutsche Chansoneuse Ulla Meinecke hat es geschrieben. Irgendwann stellte sie fest, dass sie zu dem Menschenschlag der sogenannten Chaotiker zählt. Das ist keine eben privilegierte Spezies. Diese Leute stecken täglich Megawattstunden an Energie in die Lösung von Problemen, die es bei einem ausgeglichenen Naturell gar nicht gäbe. Ulla Meinecke aber machte aus der Not eine Tugend. Selbst erfolgreich in ihrem musikalischen Gewerbe, begab sie sich auf das Terrain der schreibenden Zunft, nachdem sie den Typus des Chaotikers mit pathologischer Präzision seziert und unter die Lupe genommen hatte. Ihre Texte sind witzig, pointiert und gut beobachtet. Das Publikum lachte. Finster und gequält aber lächelten die armen Teufel, die sich auf Meineckes Objektträger, quasi unter ihrem unbestechlichen Mikroskop wiederfanden. Doch soviel Selbstironie war auch der chaotischen Fraktion im Auditorium Verpflichtung. Was Ulla Meinecke zum Besten gab, das waren schon mitunter echte Schenkelklopfer. Zwischenzeitlich trug sie einige Ihrer wunderbaren Couplets zusammen mit ihrem Gitarristen Ingo York vor. Man fühlte sich an die guten, alten Amiga-Zeiten erinnert, als man östlich der Elbe für Schallplatten der ehemaligen Büroleiterin Udo Lindenbergs alle Beziehungen und verfügbare Tauschobjekte ins Feld führte. Eine wunderbare, tiefe, warme Stimme. Philosophisch anspruchsvolle Texte. York stimmt seine Gitarre nach dem unorthodoxen Keith-Richards-Prinzip: Wenn’s klingt, stimmt’s. Der Mann spielt, die Frau singt, das Publikum geht mit. Es ist beinahe, als stünde eine deutsche Laurie Anderson auf der Bühne. Die obligate Zugabe kam, ohne dass sich das Künstlerduo hinter den Vorhang verfügte. Das Hin- und Hergerenne sei ihr leid, erklärte Meinecke. Nutzen tat es ihr allerdings nichts. Noch dreimal bringt sie der nicht enden wollende Applaus der etwa fünf Dutzend Besucher zurück auf die Bühne. Noch drei Mal muss Ingo York seine Gitarre anstöpseln. Zwei Stunden erstklassige Unterhaltung. Und nun weiß Brandenburg, wie es in Teufels Küche zugeht. Gar nicht mal so übel, wenn man’s so sieht.

 
B
6. Volumen
© B.St.Ff.Esq., Pr.B.&Co,2008
11.10.2008