Frontmann im Zickengang
IC Falkenberg stellt neue CD in Golzow vor
Michael L. Hübner
Der Mann gehört zweifelsohne
zu den Dinosauriern der ostdeutschen Unterhaltungskultur. Trotzdem gelingt
es ihm noch immer, wie er am Freitag, dem 7.11. im Golzower Zickengang
unter Beweis stellte, seine Fans zu begeistern. Ralf Schmidt alias IC
Falkenberg kann trotz seiner 48 Lenze auf eine treue und anhängliche
Gemeinde zählen, welche die Liedtexte ihres Idols während der
Aufführung stimmlos mitsingen. Gebannt hängen sie an seinen
Lippen und den geschlossenen Augen, die sich nur zwischen den Songs öffnen,
in denen der ehemalige Frontann von „Stern Meißen“ seine
Vorstellungen und Ideen von der Welt musikalisch darbietet. Singen kann
er, keine Frage! Das hat er gelernt, als er mit 10 Jahren der Solist des
mit neunhundert Jahren dienstältesten Knabenchores „Stadtsingechor“
Halle (Saale) wurde. Auch die spätere Karriere als Opernsänger
am Hallenser Landestheater war dieser Stimme keineswegs abträglich.
Mit seinen beiden Instrumenten, dem Klavier und der Gitarre, ist er ebenfalls
auf gutem Fuße. Alles in allem ergibt diese Kombination durchaus
eingängige und hörenswerte Melodien. Die Texte jedoch erfordern
einiges an Verständnis. Hilfreich wäre sicher eine ordentliche
Portion Östrogene, wie die zahlreich vertretene weibliche Zuhörerschaft
vermuten ließ, welche dem Banne des Barden im besonderen Maße
verfallen war. Das Textgefüge lässt sich mit Begriffen wie „abstrakt“
oder „surreal“ ganz gut charakterisieren. Der Vergleich mit
einem Bilde Picassos drängt sich auf. „…Regenbogen auf
Deiner Haut, denn wir haben uns vertraut…“, singt er da zum
Beispiel. Vielleicht weil er ahnt, dass sich so Mancher nur schwer mit
dieser Aussage zu arrangieren vermag, wird der Zuhörer gleich mit
Wiederholungen im Dutzend dieses merkwürdigen Faktes überhäuft.
Gut, die Lyrik greift also kühn nach Gefilden, die dem Normalkonsumenten
von „Im schönsten Wiesengrunde“ oder „Der Mond
ist aufgegangen“ wohl auf ewig verschlossen bleiben werden. Mag
sein, es handelt sich um eine andere, eine besondere Art von lyrischem
Tiefgang. Um das aber zu bewerten, muss man es eben verstanden haben.
Ein guter Teil der etwa 40 Gäste von IC Falkenbergs Zickengang -
„Wohnzimmer“ - Konzert, das wirklich eine quasifamiliäre
Atmosphäre ausstrahlte, wird jedoch mutmaßlich dieses Vorzuges
teilhaftig gewesen sein. Denn als sich der Künstler auch ohne den
entsprechenden, nötigenden Applaus zwei Zugaben genehmigte, regte
sich zumindest kein Protest. Resümierend lässt sich feststellen,
dass musikalisch gehaltvolle Darbietungen auf dem einstigen hohen Niveau
der ostdeutschen Unterhaltungskunst mit IC Falkenberg noch immer einen
sympathischen und würdigen Interpreten haben.
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