Theater
in der Bibliothek
Fouque-Bibliothek richtet Tag der Bibliotheken
aus
J. – F. S. Lemarcou
Dass eine Bibliothek ein Hort der
Bücher und anderer Medien ist, dürfte bekannt sein. Dass aber
unter dem Dach des Sekretärs- und Syndikatshauses am Altstädtischen
Markt schauspielerische Talente erblühen, das ist ein Novum. Zum
Tag der Bibliotheken am 24. Oktober lud Bibliotheks-Chefin Cornelia Stabrodt
in die Fouqué-Bibliothek. Vor 176 Jahren nämlich wurde von
Karl Benjamin Preusker im sächsischen Großenhain eine erste
öffentliche Bibliothek der Leserschaft übergeben. Bibliotheken,
das waren vorher Luxusinstitutionen von vermögenden Privatpersonen
oder administrativen Einrichtungen. Dessen gedachten nun die Bibliotheksmitarbeiter
vom altstädtischen Markt mit einem kurzen Einakter, der den Zuschauer
in ein Brandenburger Kloster um 1273 entführt. Die Schriftrolle war
gängiges Allgemeingut, das Buch ein noch weitgehend unbekanntes Phänomen
von aneinander gereihtem Text in gebundener Form. Das in gleichermaßen
flüssigem Deutsch oder wahlweise Englisch vorgetragene 2-Personenstück
regt das heutige Publikum zum Schmunzeln an. Die Probleme, die unsere
Urahnen mit diesem für sie neuen Medium entwickelten, wurden sehr
überzeugend dargestellt und erinnern frappant an die Schwierigkeiten
mancher Zeitgenossen, sich dem modernsten Informationsträger –
dem Computer – zu nähern. Von der Kostümierung bis hin
zur szenischen Umsetzung war der Einakter so gut umgesetzt, dass Frau
Stabrodt wohl damit rechnen muss, ihre Mitarbeiter ab und zu an Christian
Kneisels oder Hank Teufers Theater zu verlieren. Das war viel Liebe zum
Detail und mimisches Engagement – aber vor allem die Erkenntnis,
dass die Fouqué-Bibliothek mehr zu bieten hat, als den Verleih
von Büchern und immer mal wieder für eine Überraschung
gut ist. |