Chorgesang
im Rolandsaal
Brandenburger Volkschor und Gemischter Chor Rathenow
gaben Weihnachtskonzert
Michael L. Hübner
Kaum ein gehaltvolles Kulturereignis
der Vorweihnachtszeit vermochte soviel Publikum an sich zu ziehen, wie
das gemeinschaftliche Chorkonzert des Volkschores Brandenburg (Havel)
und des Gemischten Chores Rathenow. 230 Zuhörer lauschten der anderthalbstündigen
Aufführung am 30.11. im Rolandsaal des Altstädtischen Rathauses.
Die Auftritte des Brandenburger Volkschores haben Tradition, eine sehr
lange sogar, 134 Jahre um genau zu sein. Dieses 1874 aus der Brandenburger
Arbeiterbewegung hervorgegangene Ensemble bestreitet etwa drei bis vier
Aufführungen jährlich und begleitet auch bedeutsame Ereignisse,
wie beispielsweise die Namensverleihung der Hohenstückener Otto-Tschirch-Oberschule
und des diesjährigen Nikolausfestes vor dem Hohenstückener Bürgerhaus.
Das Repertoire ist vielfältig. Es reicht von anspruchsvollster Klassik,
wie dem am Sonntag vorgetragenen „Friede, sei willkommen“
von Telemann, bis hin zu unterhaltsamen Stücken aus dem populärem
Weihnachts-Liedgut. Die etwa dreißig Aktiven unter Leitung des sehr
engagierten Wolfgang Kusior sind nun eben keine Kruzianer und auch Altmeister
Bach würde als Kantor noch einiges an Reserven entdecken. Doch als
Profis begreifen sie sich auch gar nicht. Sie musizieren aus Spaß
an der Sache, pflegen kulturelles Erbe und machen sich um echte Volkskunst
verdient. Natürlich geht es den Sängerinnen und Sängern
auch und gerade darum ihren Mitmenschen eine Freude zu machen. Aus diesem
Blickwinkel heraus verdient die sehr respektable Leistung der dreißig
Enthusiasten viel Respekt. Sie, die sich jeden Montag in ihrer Freizeit
zur Chorprobe treffen, konnten sich, wie im Rolandsaal deutlich zu notieren
war, ein treues Stammpublikum erarbeiten. Der befreundete Rathenower Chor
unter dem Dirigat von Heidi Dummer, welcher in der musikalischen Umsetzung
der von ihm dargebotenen Stücke sogar noch einen Tick professioneller
schien, vereinigte sich während des Abends gleich zweimal mit den
Brandenburger Nachbarn. Unterstützt von instrumentaler Begleitung
wurden die Ohren des Publikums von beiden Chören mit Weihnachtsliedern
auch aus anderen Teilen der Welt verwöhnt. Nicht nur Deutsch, sondern
auch Französisch, Lateinisch, Polnisch, Englisch und sogar Erzgebirgisch
klang es unter dem Tonnengewölbe des großen Saalbaus, der wohl
während der dort ebenfalls stattfindenden SVV-Versammlungen eine
solche Harmonie, einen solchen Wohl- und Gleichklang mitunter schmerzlich
vermissen dürfte. Wie es klingt, wenn sich sechzig Kehlen einer Melodie
widmen, ließ sich aus dem gemeinsam von den Brandenburgern und Rathenowern
zelebrierten, fulminanten Finale, heraushören. Selbst stimmliche
Vielfalt kann also durchaus ein harmonisches Ganzes ergeben.
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