Von
der Moldau an die Havel
Spejbl und Hurvinek gastieren am Brandenburger
Theater
Michael L. Hübner
Von der Goldenen Stadt, Böhmens
schöner Hauptstadt Prag, kam in der Geschichte schon viel Gutes und
Schönes nach Deutschland: Kaiser Karl IV. und die vierzig Jahre nach
ihm gegen das Reich opponierenden Hussiten, mit letzteren die böhmische
Braukunst und einige Jahrhunderte später Franz Kafka und Hašeks
Schwejk, Karel Gott und schließlich – Spejbl und Hurvinek.
Diese beiden Namen kennt das interne Wörterbuch von Microsoft Word
nicht – und das ist eine Schande! Denn diese beiden Marionetten,
Vater und Sohn, zählten seit ihren ersten Auftritten zu den liebenswertesten
internationalen Botschaftern der Moldaumetropole. Den Kindern der DDR
waren sie so bekannt wie Herr Fuchs, Frau Elster und Pittiplatsch.
88 Jahre ist die Figur Josef Spejbl alt, sein Sohn Hurveis nur sechs Jahre
jünger. Aber jung geblieben sind sie alle beide. Und so füllten
sie am 30.10. den Großen Saal des Brandenburger Theaters bis auf
den letzten Platz. Die beiden und ihr Team sorgten für einen weiteren
Superlativ: Wer hätte das letzte Mal ein gemischtes Publikum von
8 bis 80 im Parkett vereinigt! Zwischenapplaus, rhythmisches Klatschen,
Gejohle und Gepfeife – die beiden Dauerbrenner vom Moldaustrand
ziehen ihre Fans noch immer magisch an. Stürmisch begrüßt
wurde der Evergreen: „Vatiiie, was ist eigentlich die Liebääh?“
Dass die böhmischen Puppenspieler mit dem unverwechselbaren Akzent
und der philosophischen Attitüde nicht nur kleine Puppen tanzen lassen
können, bewiesen sie eindrucksvoll: Zwei lebensgroße Puppen
spielten Tennis gegeneinander. Ein Tänzer schob seine ebenfalls lebensgroße
Marionette in einem feurigen Tango über die Bühne, und niemand
konnte fassen, dass die künstliche Dame kein Wesen von Fleisch und
Blut gewesen sein sollte. Zwischenzeitlich brachte ein Mäuseballett
das Publikum aus dem Häuschen. Dass man diese Gäste nicht so
leicht von der Bühne lassen würde stand schon beizeiten fest.
Josef Spejbl, eigentlich ein Sohn des Pilsener Kasperletheaters, hat es
mit seinem naseweisen Sohn Hurvinek unbestritten an die Weltspitze des
Marionettentheaters geschafft und hält sich dort seit Jahrzehnten.
Der Besuch in der Havelstadt gereichte dieser zur Ehre und ihrem begeisterten
Publikum zu einer großen Freude. Ahoi, Spejbl und Hurvinek! Auf
ein möglichst baldiges Wiedersehen. |