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Ein Schweinchen auf der Blumenwiese Kotofeij K. Bajun
Das war auch die Karte, die den Landboten am 4. Februar 2012 erreichte. Da wollte uns unsere nette Kollegin Madame Colvert ein wenig Glück herbei pfeifen. Die Karte war ihr unterwegs zielsicher ins Auge gesprungen: Ein Schweinchen sitzt auf einer Blumenwiese, die einen freundlichen, warmen Sommertag atmet. Mit einem Blick voller Liebe, Freude und endloser Güte betrachtet das rosige Fräulein ein vierblättriges Kleeblatt, während ihr ein kleiner Mariechen-Käfer über den Rand des rechten Ohrs krabbelt. Da hätten wir dann alle Attribute des Glücks beisammen. Ist es das, was in uns die seligmachenden Endorphine freisetzt? Nein, mitnichten, diese Insignien des Glückes wurden schon allzuoft bemüht, zitiert, uns aufgedrängt in tausenderlei Varianten. Bis zum Überdruss und neunundneunzig Prozent davon sind aberwitziger Kitsch. Aber das hier, das ist etwas... Man schaut es an, immer und immer wieder. Dieses Lächeln – 10 Euro Eintritt in den Louvre, um die Mona Lisa zu sehen? Geschenkt! Denn dieses Lächeln einer allerliebsten Schweinedame ist nicht mehrdeutig. Es ist authentisch. Es geht ans Herz und schließt uns unsere innerste Herzkammer auf, und es lässt den Wind dieser Sommerwiese selbst die muffigste Ecke unserer Seelen durchpusten. Das Schweinefräulein ist keine kleine Bentheimerin, sonst hätten wir sie für die Johanna gehalten. Sie erinnern sich? „Johanna im Zug“, von Kathrin Schärer. Das Schweinemädchen, das auf Reisen ging und dabei mit der Autorin dieses entzückenden Kinderbuches interagierte. Wir besprachen das Werk. (http://www.landbote.com/buecher_volumen_8/johanna_im_zug.html). Genauso begegnete uns das Schweinchen des Malers Rudi Hurzlmeier. Es war Liebe auf den ersten Blick. Auf dieser Sommerwiese hat alles Böse seine Macht verloren. Und das ist sicher: Dieses Bild wird uns begleiten. Eine stressige Verhandlung? Wir schauen verstohlen in den Aktenkoffer, sehen das Schweinchen auf seiner Wiese und – in unserem Herzen geht die Sonne auf. Wir lächeln. Wir haben schon gewonnen, ganz egal, wie's ausgeht. Wir kriegen unseren Willen nicht? Was soll's? Wir haben doch dieses Schweinefräulein! Das wärmt mehr als jeder kleine Sieg über einen anderen Nackten Affen! Und da – auf dem Redaktionsschreibtisch: Ein hässliches Sujet, was es zu beackern gilt; ein korrupter Politiker, eine Wirtschaftskrise, eine gefälschte Wahl, ein schlecht geschriebenes Buch – alles, was uns die Schreiberei sauer macht... Aber da steht dieses Schweinchen auf dem Schreibtisch und wir sehen es an und es ist egal, worüber wir schreiben. Alles wird leichter, alles geht geschmeidiger von der Hand. Es ist diese ausstrahlende Herzenswärme, es ist dieser unglaubliche Frieden, der aus den schönen Augen eines glücklichen Schweinemädchens bricht. Diese Augen machen unverwundbar. Diese Augen machen fest. Was uns einzig noch wundert? Wie kann man das malen? Was muss das für ein Mensch sein, dieser Rudi Hurzlmeier, der das nicht nur in sich trägt, sondern der darüber hinaus über die Kunst verfügt, das zu malen, das auszudrücken, das zu übermitteln. Rudi Hurzlmeier hat mit seinem Pinsel in die Mitte getroffen, in die Mitte von Herz und Gefühl, jenseits jeden Kitsches. Er muss ein besonderer Mensch sein, dieser Rudi Hurzlmeier – mindestens so besonders wie sein kleines Schweinefräulein auf jener sommerlichen Blumenwiese. |
© B.St.Ff.Esq., Pr.B.&Co,2009
06.02.2012