Baaks

zurück zum Landboten

 

zurück zur Stammseite "BÜCHER"

 

Hildebrandt, Ensikat und Steinmeier an der FH Brandenburg
Dieter Hildebrandt und Peter Ensikat füllten den Brandenburger Bildungstempel


Peter Enskiat und Dieter Hildebrandt am 8. Januar 2012 imn Auditorium Maximum der FH Brandenburg

Michael L. Hübner
Davon wird so mancher Professor der Fachhochschule träumen und Hausherr Dr. Hans Georg Helmstädter strahlte: Das Auditorium Maximum der FH war mit 500 Gästen bis auf den letzten Sitzplatz belegt. Doch keine Vorlesung in Wirtschaftsinformatik oder Betriebsökonomie zog, sondern drei Namen, die den Bildungsbürger republikweit vor die Haustür locken: Ex-Vizekanzler Frank-Walter Steinmeier sagte in eigener Person zwei der strahlendsten Sterne am deutschen Kabarettistenhimmel an: Peter Ensikat aus dem Osten und Dieter Hildebrandt aus dem Westen. Diese beiden kamen, um einen großen Kollegen zu ehren: den am 22. August letzten Jahres verstorbenen Vicco von Bülow, auch bekannt als Loriot. Dessen Heimatstadt soll – so die Intention der Veranstalter – ein Denkmal für ihren großen Sohn bekommen. Doch ein Denkmal ist teuer. Deshalb gaben die Bühnenkünstler mit ihrer Veranstaltung einen Startschuss ab, indem sie schon mal die Einnahmen des Abends zu Gunsten dieses Memorials spendeten. Nun sind die Brandenburger aufgerufen, die Idee mit eigenen Zuwendungen zu unterstützen. Dass ihnen das leichter fiele und sich nicht nur die Herzen, sondern auch die Geldbeutel öffnen, lieferten beide Satiriker spritzige Proben ihrer Kunst ab. Einiges entstammte dem Repertoire und speiste seinen Humor zum Teil aus dem Wiedererkennungswert. Mit aktuellen Bezügen jedoch jonglierten Ensikat und Hildebrandt nicht minder virtuos. Die Steilvorlage beispielsweise, die der Bundespräsident mit den Eskapaden liefert, die gegenwärtig um seine Person diskutiert werden, ließen den Altmeister von der Münchener Lach- und Schießgesellschaft zu alter Hochform auflaufen. Er brillierte geistreich und setzte den satirischen Witz in alte Ehren ein. Sein compagnon de soir, Peter Ensikat, ritt derweil den Pegasus. Wieder und wieder glitt er in Verse ab, die bissig mit dem Ruf Ensikats kohärent gingen, der Hildebrandt des Ostens zu sein. Das hatte schon einen Hauch von Bütt. Die einzigen, die an jenem Abend wohl nicht so viel zu lachen hatten, waren jene, deren Namen sich auf den verbalen Forken der beiden Hochkaräter wiederfanden. Der Begriff des Narren leitet sich vom lateinischen „narrare“ ab, was „erzählen“ bedeutet. Der echte Narr hat etwas zu erzählen und der kluge Souverän hört genau hin, was ein guter Narr zu erzählen hat. Dessen Ironie nämlich wiegt nicht selten die Ratschläge eines ganzen Kabinetts auf. Dort saßen nun zwei Narren der Spitzenklasse und fünfhundert Vertreter des deutschen Souveräns, des Volkes, hörten zu. In der Atmosphäre der FH wurde sehr bald klar, dass sich politische Verantwortungsträger selbst zu Anfang ihrer Legislaturperiode nicht in trügerischer Sicherheit wiegen sollten. Nicht die Wahl selbst ist es, was sie zu fürchten haben, sondern die messerscharfe und kritische Begleitung durch hochgebildete, wortgewandte und mitten in der Materie stehende Narren wie Ensikat und Hildebrandt. Die Reflexion der Taten von Politikern, wie sie von solchen Vertretern der satirischen Bühnenkunst wiedergegeben wird, kann Haltungen und damit Wahlen durchaus massiv beeinflussen. Es war daher alles andere als ungeschickt, dass Frank-Walter Steinmeier als Chef des Kulturvereins Brandenburg an der Havel e.V. die beiden Granden des politischen Humors in die Veranstaltungsreihe seines Vereins lud. Die Fliege, die auf der Klatsche sitzt, kann nicht geklatscht werden. Während die Funken nur so ins konservative Regierungslager stoben und auch die Linke ihr Fett abbekam, konnte der SPD-Bundestagsfraktionschef recht von Herzen lachen. Er, der auch in seiner Amtszeit als Vizekanzler keine nennenswerte satirische Angriffsfläche bot, brauchte auch an diesem Abend nicht in Deckung zu gehen, sondern sah amüsiert dem Hagel von Leuchtspurgeschossen hinterher, die auf seine politische Konkurrenz abgefeuert wurden. Das mit dieser Veranstaltung geehrte Brandenburg aber konnte sich einmal mehr behaupten gegen jene despektierliche Hymne aus der Feder Rainald Grebes, deren fatale Fehleinschätzung des bespöttelten Objekts auch einmal kabarettistische Aufmerksamkeit verdient.

 
B
10. Volumen

© B.St.Ff.Esq., Pr.B.&Co,2012
11.01.2012