Brandenburger General stellt sich vor
5. Rolandgespräche am Kamin im Deutschen
Hof
Jules-Francois
S. Leamrcou
Dem wohl rührigsten Stadtteilverein Brandenburgs an der Havel gelang
mit der fünften Auflage seiner "Rolandgespräche am Kamin"
die Bestätigung eines selbst entwickelten Formats, das zu den erlesensten
Beiträgen havelstädtischer Kultur zählt. Das Vorstandsmitglied
der "Altstädter e. V.", Dr. Heinz Morio, empfing im Deutschen
Hof, der dem Verein in der Bäckerstraße 14 als Bürgerhaus
der Altstadt dient, vor fünfzig Zuhörern den Generalstaatsanwalt
des Landes Brandenburg, Dr. Erardo Cristoforo Rautenberg.
Dr. Morio, der von vielen Brandenburgern als der personifizierte Roland
assoziiert wird, erwies sich abermals im Gespräch mit einem hochkarätigen
Gast als qualifiziert, vorbereitet, geschmeidig und von seriöser
Dezenz. Der Fragenkatalog, durchdacht und gut abgestimmt, beleuchtete
feinfühlig eine der brillantesten Juristen-Persönlichkeiten
Deutschlands der Gegenwart. Der 1953 in Argentinien geborene und südlich
Hannover aufgewachsene Rautenberg, der zunächst als Staatsanwalt
in der Hansestadt Lübeck tätig war, kam über die Lektüre
der juristischen Arbeiten des Juristen und Schriftstellers E. T. A.
- Hoffmanns zur Jurisprudenz. Er kletterte rasch auf der Karriereleiter
nach oben und brachte es als 39jähriger 1992 zum Oberstaatsanwalt
beim Bundesgerichtshof in Karlsruhe. Dem Ruf in den im Umbruch begriffenen
Osten folgte er als Leitender Oberstaatsanwalt ein Jahr später
nach Neuruppin. Seine dortige Wohnung lag über einer Kneipe und
so nahm der junge, nichtsdestotrotz hochrangige Justizvertreter nach
Feierabend engen Kontakt zur einheimischen Bevölkerung auf, bekam
ihre Sorgen, Nöte und Ansichten hautnah und aus erster Hand zu
hören. Auf diesen „kurzen Draht“ wollte er nie wieder
verzichten, selbst als er, der treue Verfechter des Gesetzes, mehr als
einmal schmerzhaft spürte, wie sehr Gesetz und Rechtsempfinden
bei den einfachen Menschen oftmals auseinandergehen. Rautenberg, dessen
eigene persönliche Integrität über jeden Zweifel erhaben
ist und der zum Kreis derer zählt, die als Urmeter eines tadellosen
Amtsverständnisses dienen, brachte im Herbst 2011 mit einer rein
sachlichen Intervention sogar den designierten Generalbundesanwalt Johannes
Schmalzl von der F.D.P. zu Fall und die damalige Justizministerin Leutheusser-Schnarrenberger
in arge Verlegenheit, die für die fragliche Personalie seinerzeit
verantwortlich zeichnete. Dabei stand für den SPD-Mann Rautenberg
keinen Augenblick lang die Parteipolitik zur Debatte, die im Alltagsgeschäft
der Regierungsarbeit bereits simonistische Züge zu zeigen begann.
Ihm ging es um die mangelnde fachliche Qualifikation eines Kandidaten,
der daraufhin verbal derart entgleiste, dass auch seine menschlichen
Defizite ans Tageslicht gelangten. Rautenberg ist ein Staatsanwalt,
der sich bei Amnesty International engagiert. Der Bock als Gärtner?
Nein, es ist der Mensch Rautenberg, der auch im übelsten Verbrecher
noch den Mitmenschen sieht, und dessen humaner Behandlung im Strafvollzug
er sich verpflichtet fühlt, sobald er ihn dorthin überstellt
hat. Man kann von ihm lernen, von jenem Menschen und Juristen Rautenberg,
der das mitunter schwierig zu vermittelnde Gesetz mit seinem Herzblut
verteidigt und doch die einfachen Leute auf der Straße darüber
nicht vergisst. Ein Fenster zu dieser noblen Denkart öffnete ein
würdiger Dr. Heinz Morio, der eindrucksvoll unter Beweis stellte,
dass der Brandenburger Roland auch der Schutzpatron des chur- und hauptstädtischen
Intellekts ist.
Hoher Besuch im Deutschen Hof: Dr. Erardo
C. Rautenberg und Dr. Heinz Morio führen die fünften Rolandgespräche
am Kamin