Klondike bei Brennabors
Johann Manfred Kleber gab Finissage zu seinen
Schriftbildern
Johann Manfred Kleber und Adriane Porykis
Michael L. Hübner
Im Ganzen waren es um die 300 Besucher,
die das exzentrische, nichtsdestotrotz genialische Werk des Schalks Johann
Manfred Kleber in der Brennabor-Halle bewunderten. Diese geheimnisvollen
Schriftbilder, die ihre Buchstaben, aus denen sie bestehen, verschwimmen
lassen, geschmeidig umeinander tänzeln, sich neu gruppieren und ganz
neue Wesenheiten kreieren – sie hätten weiß Gott mehr
Anerkennung verdient und man darf sich sicher sein – sowohl in der
Residenz als auch in der Hauptstadt hätten sie ihr Publikum gefunden.
Dabei hatte sich der Künstler für die Finissage etwas ganz besonderes
ausgedacht: Er ließ seine Gäste aus den über 1.000 mit
seiner Kunst verzierten Bierdeckeln nach sechs ganz bestimmten Exemplaren
fahnden. Das hört sich leicht an – war aber schwieriger als
die sprichwörtliche Nadel im Heuhaufen zu finden. Adriane Porikys
vom Brandenburger Theater machte das Rennen. Die Tochter eines Jägers,
deren Blick in den wechselnden, lichtdurchfluteten Kulissen der Wälder
geschärft und geschult wurde, kam, sah und siegte. Ja, hätte
sie nur mehr Konkurrenz gehabt! Hätte Klebern einen Goldbarren ausgelobt,
oder einen 55er Lincoln Continental Mark II! Dann wäre der Saal krachend
voll gewesen. Dann hätten sie Kind und Kegel mitgeschleppt. Aber
auch so durchwehte die Wenigen ein Hauch von Klondike. Goldgräberstimmung.
Hatte wer 'was, ließ er sich's anmerken, schon stürmte der
Rest zu der Tafel und graste mit den Augen das Terrain ab. Der Preis waren
genau die sechs zu suchenden Bierdeckel. Hört sich nicht so doll
an? Was die meisten nicht ahnen werden: Irgendwann wird die Szene auf
Klebers Kunst so richtig aufmerksam und dann, man kennt das, unvermeidlich
– Sotheby's. Ja, und dann bekommt man für die sechs Bierdeckel
einen Goldbarren oder wahlweise ein 47er Oldsmobile im Originalzustand.
Und dann ist das Gejammer groß: "Warum biste nich den Abend
vonne Couch hochjekommen...!" "Na, du hast doch nicht hinjewollt!"
Ehekrach. Scheidung. Nicht bei der bezaubernden Hubertusjüngerin
Adriane Porikys. Diese Brandenburger Artemis wird sich dann vor Heiratsanträgen
kaum retten können. Kniefall im Park unterm Lindenbaum, Rosenstrauß:
„Du, meine Einzige...!“ Aber der Glückliche, der sie
heimführt, soll sich nicht zu früh freuen! Vor der Dame lässt
sich nichts verstecken, kein heimlicher Liebesbrief, keine verstohlene
SMS, kein noch so kleines Geheimnis. Sie findet alles. Ganz fix. Trotzdem.
Man sollte doch öfter mal in der Brennabor-Halle vorbeischauen! Wer
weiß, was man sonst noch alles verpasst. Und dann, im Nachhinein,
ärgert man sich grün und blau. Ja, mein Lieber, zu spät.
Zu spät. |