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Konstituierungsparteitag der Linken in Brandenburg an der Havel

B. St. Fjøllfross
Am 8. September 2007 versammelten sich zu Brandenburg an der Havel die märkischen Genossen und Genossinnen der PDS, der WASG und deren junge Garden, um sich zumindest in der Mark die Hand zum Schulterschluß zu reichen. Die alten und neuen Kämpfer für soziale Gerechtigkeit… So ein bißchen erinnern sie an ihre alten Gegner, mit denen sie – betrachtet man die Gemeinsamkeiten ihrer Anliegen, doch eigentlich verbündet sein müßten. Auch die Katholischen wurden menschlich, nachdem man ihnen die Reißzähne der Macht gezogen hatte. Und auch sie waren einst mit großen Idealen angetreten, hatten sich die Macht erstritten, indem viele ihrer Besten durch irdische Höllen gingen und dabei ihr Leben verloren, und als sie dann an den Schalthebeln der Gesellschaft saßen, da zeigten sie ein ganz anderes Gesicht. So weit lagen die Autodafes von Toledo, der Montségur und das Hotel Lux nicht auseinander. Aber das ist ja nun alles lange her.
Jetzt sind sie es, die Basischristen und die Linken, die gesellschaftliche Werte vertreten, welche den sogenannten Parteien der Mitte allzuoft abhanden kamen, nachdem sich das internationale Kapital auf seine Heuschreckenwanderschaften begab.
Die Linken haben ihren festen Platz in unserer Demokratie und man soll ihnen zuhören. Denn was sie wollen, das ist so verkehrt nicht.
Es ist wichtig diese sozialen Bestrebungen mit den Linken anzugehen, denn vor den Toren des Brandenburger Theaters hatten sich andere zur Begrüßung eingefunden, die gerne in dasselbe Horn tuten möchten um sich lieb Kind bei der unterbelichteten Wählerschaft zu machen. Da flatterten einige NPD-Fahnen im Wind und das zu einer Zeit, da die Chur- und Hauptstadt noch immer mit den immensen Narben zu ringen hat, die ihr von der Nazi-Diktatur ins Gesicht geschlagen wurden. Wir müssen nicht nur nach unserem verschwundenen Rathaus, dem Kurfürsten- und dem Riedel’schen Hause suchen, wir müssen nicht nur der einstigen St. Annenstraße oder der altstädtischen Plauer Straße hinterher trauern… Die Brandenburger Beigeordnete Frau Birgit Hübner brachte es auf den Punkt: Brandenburg an der Havel war einer der beiden Grundsteine für die mörderische Euthanasie-Aktion T4, mit der die Nazis „lebensunwertes“ Leben auslöschten und ihre industrielle Völkertötung in den Vernichtungslagern auslösten. Das ist der berüchtigte Granatsplitter, der im Brandenburger Fleische bei jedem politischen Wetter wandert und schmerzt.
Am 8. September 2007 haben sich die „ganz“ Linken vereinigt. Gegen ihr ungewolltes Begrüßungskommando aber müssen sich alle demokratischen Parteien zusammenschließen wie ein erratischer Monolith! Christdemokraten, Liberale, Sozialdemokraten und Linke – da darf es keine Dissonanzen geben. Zu groß ist die Gefahr. Weimar lehrte uns alles.
Dr. Goebbels verhöhnte in seinen Tagebüchern die wehrlose Demokratie, die ihm und den Seinen in den Sattel half, während die braunen Schergen in Oranienburg, Dachau und Buchenwald die vormals Zerstrittenen auf grauenvolle Art vereinten.
Wenn die Menschen daraus nichts gelernt haben, dann ist Hopfen und Malz verloren! Wollen wir noch einmal eine mörderische Regierung der Arbeitslosen durch die Arbeitsscheuen? Wollen wir noch einmal, daß diese Elemente den Staat auf Kosten einiger betuchter Minderheiten und des guten deutschen Rufes in der Welt kurzfristig sanieren, bevor sie wieder gezwungen sind, einen Krieg anzufangen um die Ausgaben für ihre Sozialleistungen zu Lasten fremder Völker wieder einzufahren?
Auch die Linken haben in der Vergangenheit kapitale Fehler gemacht. Das steht außer Frage. Aber Rassismus und aberwitzige Lehren von Untermenschentum und Herrenrassen – so was hatten sie sich mitnichten aufs Rote Panier geschrieben.
Die da standen mit ihren NPD-Fahnen, das waren arme Teufel. Mutti mochte sie wahrscheinlich nicht; was Nestwärme bedeutet, haben viele von ihnen nie erfahren; viele Menschen mögen sie auch nicht und wenn sie überhaupt wahrgenommen werden wollen, dann bleibt ihnen als einziges Mittel die martialische Verbreitung von Angst.
Konzepte gegen Rechts sind gut und schön, aber mit einem gewissen grenzdebilen Bodensatz, der sch im Übrigen durchaus durch alle intellektuellen Schichten zu ziehen vermag, müssen wir immer rechnen. So was gibt es sogar bei Völkern, die unter den Nazis am Schwersten zu leiden hatten: Polen, Russen, Franzosen… Und wenn es heißt, der kohlrabenschwarze Diktator Ugandas, Idi Amin Dada, hätte in Kampala die einzige Nachkriegs-Hitlerstatue der Welt aufstellen lassen, dann zeigt es die Impertinenz der Mikrobe der Menschlichen Dummheit: Adolf Hitler, der sich weigerte den Negern die Hand zu geben, die 1936 in Berlin tausendfach verdient olympisches Gold errangen, hätte Idi Amin gleich mit dem ersten Transport nach Auschwitz geschickt.
Wir müssen also zusehen, wie mit diesen vernebelten Knaben und Maiden umzugehen ist. Sie verbieten und einbuchten? So schafft man Märtyrer und von nichts lebt der Vampir Nationalsozialismus besser. Reden? Das setzt Verständigungs- und Kompromißbereitschaft bei diesen Leuten voraus, die man wohl lange und vergebens suchen wird? Argumentieren? Ach kommt, Kinders! Dann laßt uns lieber ein paar Windmühlen angreifen! Was also tun? Das augenscheinlich beste Rezept ist wohl sozialen Spannungen und Verwerfungen durch eine ausgewogene Verteilung des gesamtgesellschaftlichen Wohlstands vorzubeugen. Sind die Leute satt, haben sie im Allgemeinen wenig Lust auf kriegerische und aggressive Abenteuer, die am Ende ihr Wohlleben in nacktes Elend verkehren können. Nur wenn es anders herum ist, wenn die Not ums tägliche Überleben die Menschen das Gefühl haben läßt, da sei nichts mehr zu verlieren – sondern nur noch zu gewinnen, wenn man dem Nachbarn den Schädel einschlägt – dann haben solche Stumpfköpfe Hochkonjunktur. Dann können sie wieder Völker in namenloses Grauen stürzen, ehe sie sich über „Rattenlinien“ aus dem Staub machen oder unter dem Galgen verkünden, sie hätte wenigstens zwölf Jahre anständig gelebt. Als ihre Kadaver vermoderten, war der Spuk für die Überlebenden noch lange nicht vorbei. Nein, das ist nicht wie im Märchen: Hexe tot, Blumen blühen wieder. Kriegswitwen hatten ihre Kinder und die Alten irgendwie durchzubringen. Flüchtlinge, die alles verloren hatten, wurden in den Orten ihrer Neuansiedlung im Altreich angespuckt und schikaniert. Die Städte lagen in Trümmern. Und wenn die Braunen jetzt schreien:“ Ja aber die Roten haben doch auch die Leute in die Lager gesteckt!“, dann antworten wir: „Hätte ich diverse Jahre im Zuchthaus Brandenburg gesessen und mitbekommen, wie Nazis meine Kameraden im Minutentakt köpften, dann hätte ich nach dem Krieg wahrscheinlich auch hinter jedem Busch einen braunen Werwolf gewittert.“
Wir brauchen einen Trommler, der diese Dinge den großen „Etablierten“ ins Gedächtnis trommelt! Und die Linken sind dieser Trommler. Diese Partei ist wichtig für Deutschland. Sie muß das Volk wachrütteln und wach halten, sie muß das ungezügelte Kapital attackieren, sie muß ein deutliches „Nein!“ sagen, wo andere einen Weg zur Volksbespitzelung und Sozialabbau stillschweigend durchnicken wollen.
Der Preußische Landbote ist gewiß alles andere als ein kommunistisches Blatt. Aber er ist unter anderem – sein Credo sagt es schon auf der Titelseite – linksliberal! Deshalb wollen wir der sich neu zusammen gefundenen Linken alles Glück der Welt wünschen, Kraft und Mut und Standhaftigkeit. Wir freuen uns, daß dieser Vereinigungsparteitag nicht von einer ausländischen Macht diktiert wurde, wie 1949, als sich in der Mitte Deutschlands schon einmal zwei linke Parteien die Hand zu reichten; sondern daß dieses Mal die Vernunft und der Verstand Pate standen. Beides werden wir brauchen um vom Preußen der Gegenwart und vom Deutschland der Zukunft irreparablen Schaden abzuwenden.
Der kleinen braunen Garde aber sei gesagt: Wie ihr in Erscheinung tretet, auch danach werdet ihr beurteilt! Das war kein diszipliniertes, sauberes und adrettes Fähnlein – das war einmal nichts! Das war das figürliche Bekenntnis zu „Uns-mag-ja-keiner!“ Macht weiter so! Oder laßt es am besten gleich bleiben! Vielleicht, wenn ihr eurem Unfug den Rücken kehrt, wenn ihr dem Schwachsinn abschwört, der durch eure Köpfe spukt, mag sein, daß man euch dann auch wieder mag.

10. Volumen
© B.St.Ff.Esq., Pr.B.&Co,2007