Baby, Baby verwechsle Dich –
ein Kinderringtausch zu Saarlouis
Don M. Barbagrigia
Mama’s
baby, Daddy’s may be, sagt ein altes englisches Sprichwort.
Für die der englischen Sprache Unkundigen sei seine Bedeutung
nachgeliefert: Das Sprichwort bringt zum Ausdruck, daß
Mütter sich ihrer Kinder immer sicher sind, Väter
dagegen selten. Immer? Na ja, in Saarlouis stehen die Zeichen
auf Sturm. Es sind Säuglinge vertauscht worden. Das ist
schon problematisch.
Aber der optimistische Dialektiker ruht nicht eher, als bis
er die gute Seite der Medaille gefunden hat und – voilá
– da isse schon:
Vor gar nicht all zu langer Zeit gab es eine große Tobsucht
im Lande bis hinauf in die Regierungsebene. Das Problem der
Kuckuckskinder brachte die gebeutelten Väter auf die Barrikaden.
Sie wähnen ein Recht darauf zu haben Ihr Othal –
das germanische Wort für das Eigentum der Familie –
nur den leiblichen Kindern weiterzuvererben, den Namen, das
Geschlecht, die Sippenehre, etc. etc. Sehr albern, denn die
Zahl der Seitensprünge in ihren Generationslinien und Stammbäumen
ist ohnehin Legion und stärker als jedes Gesetz einschließlich
des Grundgesetzes sind die Dogmen der Evolution. Und die verlangen
nun mal im Interesse der Erhaltung der Art eine ordentliche
Gen-Rekombinationsrate, sprich Promiskuität. Mischet und
mehret euch und seid fruchtbar, auf daß ihr zahlreich
werdet im Lande und die Welt alsbald zum Teufel gehe! Das ist
eine bittere Pille für jeden in seine eigene Eitelkeit
verliebten Menschen, aber, Herr im Himmel, es ist nun einmal
so. Die Gesetze der Evolution sind drei Milliarden Jahre alt,
die mosaischen Moralbestimmungen gerade mal dreitausend. Alter
vor Schönheit!
Die Männer haben sich lange dagegen gewehrt, indem sie
ihre Frauen einzusperren suchten, Harem, Keuschheitsgürtel,
Schloß vor Kemenate und Scheide. Genutzt hat es wenig.
Ein Umstand, der die Frauen das heimliche starke Geschlecht
das ganze Patriarchat hindurch sein ließ, war, daß
sie bei einigem Geschick und den entsprechenden Möglichkeiten
die Geschlechterfolge bestimmten. Ihr Kind war ihnen sicher,
und von wem sie sich’s haben machen lassen, war auch immer
noch ihre, wenn auch oft sehr eingeschränkte und von harten
Repressalien bedrohte Entscheidung.
Daß hier und da Kinder auch mal im Sinne dynastischer
Entscheidungen im Wochenbett vertauscht wurden, soll auch schon
vorgekommen sein.
Der wahre Hammer aber traf die Damen diesmal aus der weißen,
der guten, der lieben Ecke. Nicht die bösen Kerle, sondern
die netten, ums Mutter- und Kindeswohl besorgten, porentief
reinen und weißgekittelten Mediziner haben den Thron des
geheimen Matriarchats ins Wanken gebracht. Identifikationsbändchen,
wie sie auch im St. Elisabeth-Klinikum zu Saarlouis gang und
gäbe sind und den Säuglingen sofort nach der Geburt
um die Armgelenke gebunden werden, sind wohl vertauscht worden.
Ein Gentest brachte es an der Tag. Na siehste woll! Papa wollte
DAS nicht gewesen sein. Mama weinte bitterlich und war sich
im Übrigen keiner Schuld bewußt. Und – wer
sagt’s – sie war’s auch nicht. Wirklich nicht!
Aber eines Kindes wurde sie entbunden. Daran konnten sich noch
alle erinnern.
Wir wollen das nicht auswalzen. Das Leid der Eltern ist sicher
kein Thema für Spott und Satire. Eher schon die an dieser
Stelle überfälligen Kommentare von Kinderpsychologininninin
und ähnlicher Spezialistinininin für Verhaltensforschungin.
Sehr feminin die DamenInnen, die sich im Übrigen mal die
HaareInnen auf den ZähnenInnen rasieren könnten, zwischen
denen das unerträgliche Geseier von frühkindlich-maternalen
Interaktionsmustern und deren empfindlichen Störungen durch
den Bändertausch hindurch quillt. Lebenslänglich traumatisiert
werden die Kinder wohl nun trotz best-behüteter Heime und
aller kompensierenden Liebe wahrscheinlich später gar nicht
mehr anders können als eine Bank klar zu machen, Herrn
Reemtsma abermals zu entführen, um abschließend den
Dubai-Tower mit einer Boeing 727 niederzulegen. Huach!
Doch Spaß beiseite! Jetzt werden Tausend und Abertausend
Frauen in Deutschland vielleicht einen minimalen Impuls im Oberstübchen
verspüren, der sie darüber nachdenken heißt,
was es bedeuten kann ein fremdes Kind großziehen zu müssen.
Wir bestreiten nicht, noch einmal sei es ausdrücklich gesagt,
die ehernen und bewährten Gesetze der Evolution, die zu
einem so hohen Anteil an Kuckuckskindern in der Weltbevölkerung
führt. Und ob wir darüber lamentierten oder nicht,
ändern werden wir nichts daran, solange die Menschheit
besteht.
Es ist nur gut, daß die Verzweifelten unter den Vätern
nun etwas ungewollte und unerwartete Schützenhilfe erhalten,
von einer Seite, die es doch sonst so sehr mit den Muttis und
den Babys und den rechtschaffenden Behörden, unser gottgegebenen
Obrigkeit hat.
Jetzt können die genasführten und gehörnten Papas
wenigstens den lockeren Damen an ihrer Seite zärtlich ins
Ohr flüstern: „Bevor du dir von dem und dem ein Kind…
denk mal dran, wie es wäre, wenn sie im Krankenhaus das
Bändchen vertauschen würden und Du statt dessen die
Frucht meiner platonisch-philosophischen Gespräche mit
meinem Kurschatten vom letzten Jahre… Huuups!“
Bevor Sie mich meines boshaften Mauls wegen mit wütender
Briefpost zu steinigen trachten: Zwecklos – ich sitze
bereits auf der Fähre nach Palermo. Da finden Sie mich
nie. Lassen Sie ihren Zorn an Herrn Fjøllfross aus. Der
hat die Sudelei schließlich abgedruckt. Und er soll mir
meinen Scheck vom August nachschicken…!
PS. Wir haben
noch nicht viel Gutes aus dem Saarland erhalten. Das letzte,
an dem wir noch heute zu knabbern haben, war ein Schalmeien
und Gestapo-Ohren blasender Dachdecker aus Neunkirchen. Ist
das weit weg von Saarlouis? War der Kerl überhaupt echt?
Hätte uns eigentlich jemand anders regieren sollen? Lief
der Rote Bläser aus Neunkirchen etwa auch deshalb so eklatant
neben der Spur, weil er eventuell von der Mutterbrust weg vertauscht
und damit in eine heillose frühkindliche Interaktionsverwirrung
geschubst wurde? Suspekt war uns schon immer, daß er die
unbesieglichbare Sowjetunion, die Große Sozialistische
Oktoberrevolution und weitere Chimären als „Mutter“
aller Werktätigen ansprach, zu denen er selbst allerdings
gewiß nicht zählte. Im Namen von einem Vierteljahrhundert
hinter Minenfeld und Stacheldraht: Wir fordern Aufklärung!