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Das Wirtshaus im Spessart oder
die deutsche Parteienfinanzierung


Don M. Barbagrigia

Darauf hat die Republik gewartet! Das ist die Krönung! Unverfrorenheit pur! Frecher geht’s nicht!
Was uns den Atem nimmt? Eine gigantische Chuzpe, die gerade noch Hilmar Kopper kalt lassen dürfte, denn es hier werden nach den Maßstäben seines Universums nur um 60% einer Erdnuß verhandelt.
Kommt Ihnen spanisch vor? Nun, erinnern Sie sich des Jahres 1994, als der Baumogul Schneider in Leipzig einen Riesenbanquerott hingelegt und dabei 50 Millionen Deutsche Mark Schulden bei den Handwerkern hinterlassen hatte? Angesichts des Gesamtschadens von 5 Milliarden DM bezeichnete Hilmar Kopper, damals Vorstandssprecher der Deutschen Bank das lächerliche eine Prozent der Schadenssumme als Peanuts, also als „Erdnüsse“, was dann zum Unwort des Jahres 1994 avancierte. Die ganze unerträgliche Situation beleuchtete deutlich, was gewissen Kreisen Millionen bedeuten – nämlich nichts. Das bringt sie in einen ähnlich krassen Gegensatz zu den armen Teufeln am Boden der Gesellschaft, die nicht wissen, wie sie die nächste Miete zahlen sollen, wie einst Marie-Antoinette, die auf die nachfolgende französische Revolution ziemlich kopflos reagiert haben soll. Es wird ihr jedenfalls die exorbitante Instinktlosigkeit in den Mund geschoben, auf die Vorhaltung, das Volk schreie nach Brot, geantwortet zu haben: „Wenn sie kein Brot haben, sollen sie eben Kuchen essen.“ Auch wenn es nicht stimmen sollte, diese Sottise, die Erdnüsse des Milliardenjongleurs und westpreußischen Bauernjungen Kopper und das Thema unseres heutigen Beitrages unterstreichen eine hervorstechende Gemeinsamkeit: Sie stinken geradezu vor Realitätsferne, politischer Trampeligkeit, gandenloser Ignoranz und unerträglicher Arroganz der Macht.
Die SPD und die CDU wollen den Bundesparteienetat um 20 Millionen € auf 155 Millionen € aufstocken. Begründung: Den etablierten Parteien laufen die zahlenden Mitglieder weg. Jetzt geraten sie in finanzielle Schieflagen und wissen nicht mehr, wie sie die horrenden Summen für ihre Wahlkampfveranstaltungen, ihre Diners, die dicken Schlitten ihrer Spitzenfunktionäre und ähnliches bezahlen sollen.
Möglicherweise vertraut die Industrie den etablierten Parteien auch nicht mehr so recht – es ist ja nun nicht eben rosig um den Wirtschaftsstandort Deutschland bestellt – und fährt ihre Zuwendungen zurück. Das macht sie bei einem Fernsehsender genauso, der keine guten Einschaltquoten mehr bringt. Warum dort noch teure Werbeblöcke ordern? Guckt sich doch sowieso kein Aas mehr an!
Im Volke hat sich die Ohnmacht der politischen Kaste in Bezug auf die Steuerungsfähigkeit der nationalen Wirtschaft und die Vertretung der sozialen Belange der einfachen Menschen bereits herumgesprochen. Man hat die Schnauze gestrichen voll von nichtssagenden Sprechblasen und Willenserklärungen. Man erkennt Tendenzen, die der Wirkungsweise der verblichenen Volkskammer immer ähnlicher werden: Nach draußen Parolen und Direktiven, die harte Politik wird hinter verschlossenen Türen gemacht. Warum wohl? Das einzige, was dann nicht geheim ist, ist das insuffiziente Ergebnis, das der deutsche Michel in unschöner Regelmäßigkeit auszubaden hat. Parteimitgliedschaften werden zunehmend von jungen Karrieristen geordert. Das läuft wie in Ascot beim Pferderennen: Hat man auf den richtigen Gaul gesetzt, kann es nach oben gehen, wie in einem Segelflugzeug, das einen Thermikschlauch erwischt hat. Was gelten da noch die Worte“ „sozial“, „demokratisch“ oder „christlich? Du lieber Himmel! Das ist doch längst Mummenschanz! Schnee von vorgestern. Ererbte Sentimentalität fürs Gemüt. Wenn überhaupt noch jemand über die Buchstaben nachdenkt, die sein Parteimitgliedsbuch zieren.
Also die braven Parteisoldaten desertieren in Scharen… Den Obristen und Generals geht es an das Allerheiligste – das finanzielle Polster. Und was tun sie? Das einzige, was sie können: Sie bedienen sich aus dem Steuertopf. Sie bestehlen das Volk, das sie nicht mehr zu überzeugen vermögen. Früher haben sie den Michel agitiert wie die Staubsaugerverkäufer, heute, wo die Masche nicht mehr zieht, gehen sie zum ungeschminkten Raub über. Einer der Spitzenstrategen nannte das gar eine Erhöhung mit Augenmaß. Morbus Basedow – liebe SPD? Oder Strabismus Divergens? Aber irgend etwas scheint mit deinen Augen nicht zu stimmen, gute alte Tante.
Ein Laden, der nicht mehr läuft, geht über kurz oder lang pleite. Er muß Konkurs anmelden, aufhören, schließen. Nicht so die großen Parteien, nicht so die großen Konzerne. Sie folgen der unbestechlichen Logik: Recht hat, wer die Macht hat. Basteln wir ein entsprechendes Gesetz und unser Raub ist legitimiert! Das ist die Art und Weise wie Straßenräuber ticken: Ich habe eine Pistole, also habe ich die Macht, also habe ich das Recht mein Opfer auszuplündern. Da ich in meinem eigenen Raubbezirk auch noch die Gerichtsbarkeit stelle und mein Opfer nur laut irgendeinem skurrilen Papier namens Grundgesetz Souverän über mich ist oder zumindest die Unverletzlichkeit der Person in Anspruch nehmen kann, passen wir die Tat den herrschenden Realitäten an. Das haben schließlich die fränkischen Hausmeier auch nicht anders gemacht, als Karl Martell die Merowinger an seinen Strippen tanzen ließ wie das Urmel in der Augsburger Puppenkiste. Recht hat wer die Macht hat. Basta!
Das Beispiel aus der Frühzeit des fränkischen Imperiums ist übrigens nicht schlecht. Die Geschehnisse von damals lohnen, studiert zu werden. Sie zeigen wie in einem übersichtlich gestalteten Diorama, wie die Dinge wirklich funktionieren. Eine hilflose Puppe, nennen wir sie Tenno, Childerich III. oder den Deutschen Michel wird von einem mächtigen Diener namens Schogun, Hausmeier oder „Volkspartei“ nach Belieben mit einem kleinen Glitterkrönchen geschmückt – aus Katzengold versteht sich – als gekrönter Popanz und Ausweis der Macht vorgeführt, kräftig gemolken und später ins Kloster abgeschoben. Die Hoffnung der französischen Revolution, die alsbald damit beschäftigt war ihre eigenen Kinder zu fressen, haben sich nicht einmal ansatzweise erfüllt. Wie sollten sie auch? Eine gesellschaftliche Formation des Nackten Raubaffen folgt ewig derselben Dynamik. Wie wir das Kind am Ende nennen, auf das es wohl in unseren Ohren klinge, ist ganz egal. Feudalismus, Kapitalismus, Sozialismus – nur die Verbrämung ändert sich, der Anstrich, die Fassade. Die Wege der Macht und die letzte Silbe „-ismus“ bleiben immer dieselben.
So gesehen, lieber Michel, sage schon mal „Tschüß“ zu deinen 20 Millionen. Sei nicht traurig, nächstes Jahr werden es noch mehr sein. Und – die Sache hat ja noch ein Gutes: Die Demokratie ist die sonnige Gesellschaftsordnung, die dir immer und überall eine Wahl läßt. In diesem Falle darfst Du wählen, wie Du zahlen möchtest: als Mitglied einer Partei oder als Steuerzahler, per Rechnung oder Bankeinzug. Ist das nicht schön?

10. Volumen
© B.St.Ff.Esq., Pr.B.&Co,2007