Horst Seehofers Rücktritt
Berlin, 22. Nov.2004, Fjø
Horst Seehofer, ehemaliger Bundesgesundheitsminister,
jetziger stellvertretender CSU-Parteivorsitzender und Chef des Arbeitnehmerkreises
in der CSU ist von seinem Amt als stellvertretender Fraktionsvorsitzender
der CDU/CSU – Koalition zurückgetreten. Er sieht sich außerstande,
den ausgehandelten Kompromiß zur Gesundheitsreform, bzw. zu der
zukünftigen Finanzierung der Kassenbeiträge mitzutragen. Wir
kennen die genauen Hintergründe nicht, die Absprachen und Verhandlungen
hinter den Kulissen können auch wir nur erahnen. Aber die ganze Sache
macht auf uns den Eindruck, hier übernehme ein honoriger Mann und
Politiker Verantwortung für eine ebenso honorige politische Haltung.
Ein aufrechter Charakter klammert sich nicht an eigene Karriereplanungen,
er hält an seiner Überzeugung fest. Und das ist durch und durch
ehrbar.
Männer wie Herr Seehofer schlagen eine Bresche für das langsam
verschwimmende Bild vom aufrechten und der Sache ergebenen Politiker.
Dafür zollen wir ihm unseren Respekt.
Er hat den Mut, sich gegen die allgemeine Meinung seiner Parteispitze
auszusprechen, eine Entscheidung zu treffen gegen die Hausmacht der Großen,
gegen das eigene Vorkommen, gegen die eigene Machtposition. Der einzig
bedauerliche Aspekt an diesem Vorgang ist nach unserem Dafürhalten
der Verlust eines Aufrechten, eines Leuchtturmes der Wahrhaftigkeit.
Auch Herr Seehofer hätte natürlich nichts Entscheidendes bewegen
können. Wo nichts ist, kann man selten etwas aus dem Boden stampfen.
Aber den Mut zu haben, in einem solchen Augenblick zu sagen, daß
ein von den eigenen Leuten ausgehandelter Kompromiß unsozial sei
und daß man sich eher von den Schalthebeln der Macht zurückzöge,
ehe man sich unter eine als falsch erkannte Vorgabe duckt und sie um des
eigenen Befindens willen nolens volens mitträgt – das ist beispielhaft.
Das Gewissen vor den Eigennutz setzen, selten, sehr selten ist ein solcher
Charakter noch zu beobachten. Das verdient Achtung und Respekt.
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