Der Rabbi und der Giftzwerg
Zu einer Sendung des Formates „Hier
nach Vier“ des Mitteldeutschen Rundfunks vom
16. November 2004
Scholcher M. Druckepennig
Ein Brief des Preußischen
Landboten an den Mitteldeutschen Rundfunk
Sehr geehrte Damen
und Herren,
Am 16. November 2004
hatten Sie gegen 18:30 Uhr Herrn Landesrabbiner Dr. S. Almekias-Siegl
aus Leipzig zu Gast, der auch zu den Fragen einiger Anrufer Stellung nahm.
Leider war Herr Dr.Almekias-Siegl in der deutschen Sprache noch nicht
so firm, daß er den Hintersinn des letzten Hörereinwurfes hätte
voll erfassen können.
Der Anrufer, der sich leider nicht vorgestellt hatte, zitierte aus dem
Talmud und anderen zentralen Schriften des Judentums Stellen, die besagten,
daß das Judentum nur Juden als Menschen anerkennte, andere Menschen
als „Menschenrinder“ betrachte und diese nur als Sklaven der
Juden tauglich befinde.
Wie denn Juden Toleranz einfordern können, wo sie diese Anderen so
offensichtlich nicht zu gewähren bereit sind, fragte der Anrufer
hörbar erregt.
Nun, diese Texte entstanden in einem völlig anderen historischen
Kontext, in einer anderen Landschaft, in einer völlig anderen Epoche.
Zu diesen Zeiten und in diesen Gegenden pflegten sich Menschen normalerweise
im Umgang mit Angehörigen anderer Stämme nicht gerade mit moralischen
Bedenken zu plagen. Es galt, wer wen und es war eine (manchmal recht fragwürdige)
Gnade, überhaupt das nackte Leben behalten zu dürfen, wenn man
noch zu Sklavendiensten zu gebrauchen war. Eine solche Zeit schuf ihre
eigenen Grundsätze und Theorien über das Miteinander. Wer sich
diesen Ansichten verschloß, wurde nicht etwa zum von der Welt gefeierten
Gandhi erhoben, sondern in kürzester Zeit um seine Existenz gebracht.
Diese Altformulierungen, nur weil sie vor zig Jahrtausenden unter den
damals herrschenden Umständen postuliert wurden und seitdem dem Gesamtkanon
der religiösen Tradition zuzurechnen sind, gnadenlos als Argumentationshilfe
zu mißbrauchen, um dem Gegenüber nach heutigen Maßstäben
und Werten aggressive Attitüden zu unterstellen, zeugt entweder von
wenig Überlegung oder von einem eigenen gerüttelten Maß
an Boshaftigkeit.
Schließlich basiert auch das Christentum zwangsläufig und aus
Gründen eigener göttlicher Legitimation auf einem Großteil
jüdischer Überlieferungen, die zumindest im Alten Testament
alles andere als fromm und jugendfrei sind.
Die Fragestellung selbst wurde im Übrigen nicht von einem um Verständnis
bemühten Ton getragen, sondern verhieß schon in der Art ihrer
Formulierung die Suche nach der Konfrontation.
So wäre es begrüßenswert gewesen, diese Frage schon im
Vorfeld zu filtern. Denn, der Herr Rabbiner war, bedingt durch sein sprachliches
Handicap, geradezu überrollt worden und außerstande, adäquat
zu reagieren.
Draußen aber, vor den Bildschirmen, sitzen genug Hohlköpfe,
die nur verstehen, was sie verstehen wollen. Für diese unseligen
Zeitgenossen war diese Frage wie ein Artikel aus dem „Stürmer“.
Und dieses Öl im Feuer der vorurteilsbehafteten Dummheit ist angesichts
der noch immer gefährdeten Situation unserer deutschen Juden das
wirklich Letzte, was wir brauchen können.
Für Ihren Beitrag und die Einladung des Herrn Dr.Almekias-Siegl in
Ihren Sender jedoch sei Ihnen gedankt. Solche Ansätze des gegenseitigen
Kennenlernens sind nicht hoch genug zu bewerten.
Es grüßt Sie
mit einem herzlichen Schalom
Ihr Scholcher M. Druckepennig
-Redakteur des Preußischen Landboten-
|