Baaks

zurück zum Landboten

 

Auslagerung von Dienstleistungen


Jules-Francois Savinien Lemarcou
Keiner in der Redaktion ist ein ausgebildeter Wirtschaftsfachmann. Das einzige, was uns zur Verfügung steht, ist unser „gesunder Menschenverstand“, von dem Joachim Fernau sagte, er komme immer dann ins Spiel, wenn jemand keine Ahnung hätte, aber dennoch mitquatschen wolle. Der Schuß sitzt! Aber man wird sich ja noch seine Gedanken machen dürfen. Und wer immer es besser weiß – an dieser Stelle sei er aufgerufen, uns zu belehren! Unsere Dankbarkeit ist ihm gewiß!

Was ist das also, was uns auf der Seele liegt? Es sind die zunehmenden Auslagerungen von Dienstleistungen zu Zweitanbietern, Drittanbietern, Externen Kräften. Das soll angeblich Geld sparen. Und das befremdet uns.

Es war doch bisher so, daß wachsende Unternehmen immer auch bemüht waren, Zulieferer unter ihre Kontrolle zu bringen. Dadurch entfiel unter anderem lästiger Wettbewerb bei den Satellitenunternehmen. Die Großbetriebe aber wurden durch den Umstand begünstigt, daß ihnen womöglich durch entsprechende Absprachen zu hohe Preise entstanden, daß sie sich in unkalkulierbaren Abhängigkeiten befanden, erpreßbar wurden, etc.

Nun bemerken wir seit einigen Jahren eine reverse Entwicklung. Großunternehmen wie die Post, die Bahn, die Armee lagern immer mehr Bereiche aus. Das nimmt bisweilen paradoxe Formen an. Beispielsweise überträgt die Armee den klassischen Wachdienst für ihre Einrichtungen, der noch immer von den eigenen Soldaten gestellt wurde, auswärtigen Unternehmen. Welcher Sinn könnte dahinterstecken!
Rechnen wir doch mal nüchtern! Ein Soldat, der für acht Stunden das Gewehr geschultert um das Gelände seiner Kaserne patrouilliert, bezieht nach wie vor seinen Sold. Dieser wird nicht eben überwältigend hoch sein, aber es muß doch die Armee mehr kosten, als sie an eine entsprechende auswärtige Firma bezahlt. Diese aber besteht nicht nur aus unterbezahlten Wachleuten. In erster Linie sind da noch zu nennen: die sich selbst fürstliche Gehälter einsteckenden Geschäftsführer und deren Verwaltungsapparat, die von der Wachschutzfirma beschäftigten Steuerberater, Rechtsanwälte, Werbungsfachleute, Reinigungsdienste, Steuer- und Sozialverpflichtungen und, und, und… Und das alles zusammengenommen ergibt die Kalkulation für die Rechnung an den Auftraggeber. Das wird billiger, als einen Soldaten der eigenen Einheit auf Wachdienst zu schicken? Wie das? Oder muß das arme Schwein von der Wachschutzfirma am Ende für einen Lohn arbeiten, der möglicherweise noch unter dem Sozialhilfesatz liegt? Geht die Rechnung dann auf? Wir glauben es immer noch nicht.

Die Post, die Bahn und andere Großunternehmen gehen dazu über, ihre Fuhrparks auszulagern und die verkauften Fahrzeuge sodann zu „leasen“. Das ist das modische Unwort für „mieten“. Nun gut, die Kosten für den Wagen, seine Reparatur, seine Versicherungen werden jetzt von der „Leasingfirma“ übernommen. Aber sie bleiben doch dieselben!!!! Der Vermieter bekommt doch von Staat und Versicherungen keine Vorzugskonditionen. Die könnte – wenn überhaupt – doch nur die Macht eines Großen der Wirtschaft heraushandeln.
Und zu diesen Fixkosten für das Fahrzeug gesellen sich nun noch die Kosten für die Firma, die wir weiter oben schon nannten. Das Ganze muß ja nun für den Fahrzeugbereitsteller auch noch profitabel sein! Wie?

Oder „verschlanken“ sich solche Großunternehmen, weil sie in ihrer eigenen Struktur und Verwaltung längst einen Grad an Unübersichtlichkeit erreicht haben, der die Kosten für einen einzelnen, nichtausgelagerten Arbeitsplatz, für ein einzelnes beibehaltenes Fahrzeug weit übersteigt? Spielt hier Parkinsons Gesetz eine Rolle, das schon vor vielen Jahren am Beispiel der britischen Marine nachwies, daß unproduktive Verwaltungsköpfe in dem Maße zunehmen, wie die Produktivität abnimmt. Er zeigte beispielsweise, daß im Jahre 1914 2000 Admiralitätsbeamte 62 Großkampfschiffe und 146.000 Mann Besatzung „verwalteten“. Diese Flotte wurde von annähernd 60.000 Werftarbeitern und –beamten betreut.
Im Jahre 1928 hingegen, nur vierzehn Jahre später, waren nur noch 20 Großkampfschiffe und 100.000 Mann im Dienst, die nun aber bereits von Dreieinhalbtausend Admiralitätsbeamten verwaltet wurden. Um diese verbliebenen 20 Schiffe kümmerten sich nunmehr 67.000 Werftarbeiter und –beamte. Glatte Elfeinhalbtausend Leute zu Lande mehr bei einem Drittel weniger zur See – beim Material sogar zwei Dritteln! Die berüchtigten Wasserköpfe der Verwaltung hatten sich aufgebläht, verselbständigt und wollten alle ernährt werden. Von wem?

Ist das nicht auch das klassische Dilemma der gegenwärtigen Bundesrepublik Deutschland? Haben nicht auch wir gerade mit einem zu alimentierenden Beamtenapparat zu kämpfen, dessen Personalbestand mit 25% über dem eingeschätzt wird, was sich die Bundesrepublik bei der aktuellen Haushaltslage noch gerade eben leisten könnte? Aber das nur nebenbei.

Nach wie vor – wir verstehen es nicht! Aber wenn sich diese Auslagerungspolitik in den letzten Jahren so bewährt hat, warum kann man dann nicht auch mal den Versuch machen, eine Regierung einer Leasingfirma anheimzustellen, die deren Kosten zur Gänze trägt? Und auch eine Versicherung für die Schäden übernimmt, die durch eine verfehlte und überverwaltete Gesamtpolitik für das Volk entstehen. Das wäre doch mal was: Geschäftsführer der Bundesregierung GmbH wäre dann vielleicht Herr Sven-Uwe Lehmann, Kaufmann, wohnhaft D-00815 Hattenstedt, Bahnhofstraße 15, Steuernummer….

Kanzler, Kabinett und Opposition wären Angestellte bzw. Aspiranten dieser Firma und würden bei Fehlleistungen sehr schnell erfahren, wie es ist, abgemahnt oder gefeuert zu werden. All die Segnungen der reformierten Arbeitsgesetzgebung einschließlich gelockerten Kündigungsschutzes und Hartz IV nach einem Jahr Arbeitslosigkeit würden auch einmal beim Absender eintreffen. Was für eine neue Effektivität würde die alten Amtszimmer durchrauschen!

Glückwunsch, Herr Lehmann, zur Geschäftseröffnung!

4. Volumen
© B.St.Ff.Esq., Pr.B.&Co,2004