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Offener Brief an

Herrn Professor Dr. med., Dr. med. dent., Dr. h. c. mult. Hermann F. Salter,
Präsident der Deutschen Cleft-Kinder-Hilfe e.V.

 


Michael Hübner

Die Deutsche Cleft-Kinder-Hilfe e.V. bat postalisch in einem am 23. September 2004 verfertigten Schreiben um finanzielle Unterstützung zugunsten ihrer Projekte in Indien. Diese Projekte betreffen die Versorgung von Kindern, die mit Gesichtsspalten (Clefts) zur Welt kommen und denen aus dieser körperlichen Mißbildung im weiteren Leben ernsthafte Probleme erwachsen.


Deutsche Cleft-Kinder-Hilfe e.V.
Eschholzstraße 11
79106 Freiburg
Herrn Professor Dr. med., Dr. med. dent., Dr. h. c. mult. Hermann F. Salter


Plaue an der Havel, den 28. September 2004

Lieber Herr Professor Dr. med., Dr. med. dent., Dr. h. c. mult. Hermann F. Salter!

Für Ihre von ehrenwertem Engagement getragene Zuschrift danken wir Ihnen.
Um so trauriger stimmt uns, daß wir Ihnen wie folgt antworten müssen:

So bedauerlich das Schicksal ihrer jungen Klientel im Subkontinent sein mag, in Deutschland bedeutet Arbeitslosigkeit ebenfalls einen Abstieg, der sicher noch nicht auf das indische Niveau abzielt, nichtsdestotrotz jedoch gleichsam Ausgrenzung, Armut und Vereinsamung nach sich zieht, zumindest, wenn man vorher nicht an Gossengesellschaft gewöhnt war. Das Stigma der Arbeitslosigkeit ist zwar nicht sofort so zeichnend, wie das der Cleft-Kinder mit ihrer facialen Deformation, mindestens aber genauso effektiv, wie Sie sich auf deutschen Ämtern und Behörden – und gerade auch Einrichtungen des Gesundheitswesens unschwer überzeugen können.

Die Schmerzen stellen sich spätestens ein, wenn die drohende Obdachlosigkeit reale Züge gewinnt.

Wir sind gewiß kein „national“ gesinntes Blatt. Das stünde Preußen wie uns schlecht zu Gesicht. Und wir sind uns auch des Umstandes bewußt, daß der Reichtum, dessen sich Deutschland über lange Jahre erfreuen durfte, just auf dem Rücken der armen Teufel in der Dritten Welt geschaffen wurde. Natürlich stehen wir in deren Schuld.

Die Crux aber ist, daß Sie in uns gerade die Falschen ansprechen! Wer vorher schon kaum etwas sein Eigen nannte, weil er von den Kommunisten kalt enteignet wurde und auf keine vererbten Werte zurückgreifen konnte, bei der Wiedervereinigung den Rest verlor, durch die Euro-Umstellung und die damit verbundene allgemeine Inflation seinen Lebensstandard schon auf ein Minimum zurückschrauben mußte und jetzt ungebremst auf ein Schwarzes Loch namens „Hartz IV“ zustürzt, der wird es den Seinen schwerlich vermitteln können, wenn er die paar streng budgetierten Kröten nach Indien schickt!

Daher glauben wir, sollten wir uns mit konzertierten Kräften zunächst um die Sanierung des nationalen, respektive europäischen Haushaltes bekümmern, ehe wir daran denken, wieder einmal die ganze Welt in die Arme zu schließen.

Natürlich freuen wir uns, daß es noch Menschen bei uns gibt, wie Sie, verehrter Herr Professor, denen es so gut geht, daß sie sich die Sorge um weit entfernte Mitmenschen zur Herzensangelegenheit machen können. Wir jedoch müssen nach Feststellung unserer Mittel mit Bedauern konstatieren, daß uns dieser Luxus verwehrt bleibt.

Insofern können wir uns zumindest in einem Punkte mit ihren Zöglingen solidarisieren: Auch uns leuchtet wenig Hoffnung!

Leider haben wir niemanden, dem wir frohgemut sagen könnten: „Mit Ihrer Hilfe schaffen wir es!“

Ihnen dennoch für Ihr Engagement Glück wünschend, verbleiben wir

als Ihre ergebenen

B. St. Fjøllfross, Chefredakteur

Michael L.Hübner, Redakteur

4. Volumen
© B.St.Ff.Esq., Pr.B.&Co,2004