The Others
Ein Film von Señor Alejandro Amenábar
B. St. Fjøllfross
Das ist lange her. Muß in den späten Siebzigern, frühen
Achtzigern gewesen sein. So genau kann ich mich nicht mehr daran erinnern.
Da gab’s nur fünf Fernsehprogramme: das Erste und das Zweite
Ost und neben ARD und ZDF noch das Dritte West. Ja, man sagte so: “Ost“
und „West“. Für das Dritte war dieses Attribut eigentlich
überflüssig, denn es existierte kein „Drittes Ost“.
Und in diesem „Dritten West“ lief einmal die Woche, Mittwochabends
glaube ich, eine Serie, die Gespenstergeschichten erzählte. Die
hatten es in sich! Die waren richtig gut. Drei bis vier kurz erzählte
Stories, die Mark und Bein hatten. Und sie gingen dem Zuschauer durch
selbiges.
Vorbei, vorbei.
Irgendwann tauchte der Name Quentin Tarantino auf, und aus war’s
mit dem beschaulichen Spuk. Ab jetzt wurde es blutig, schrill, pervers.
Es machte einfach keine Freude mehr. Na ja, mir jedenfalls nicht. Die
Gestörten mögen bei all dem, was von nun an in wahren Heerscharen
den Grüften der Filmstudios entkroch, erst aufgewacht sein. Ich
wurde nostalgisch.
So wie mir wird es auch anderen Menschen ergangen sein. Wir wurden erhört,
als Herr Shyamalan mit „The Sixth Sense“ und später
mit „The Village“ aufwartete. Keine bluttriefenden, fleischzerreißenden
Ausgeburten menschlicher Phantastereien wälzten sich aus dem OFF
kreischend über die Horrorstreifen – hier wurde wieder psychologisch
fundierte Filmkunst geboten. Man leistete Verzicht auf Ströme von
Blut, oder kam doch mit einem Minimum aus.
In diese Tradition hinein drehte Señor Amenábar im Jahre
2002 den Film “The Others”. “Die Anderen” übersetzen
wir den Titel ins Deutsche.
Eine junge Frau – sehr überzeugend von Frau Nicole Kidman
gegeben – wohnt mit ihren beiden Kindern in einem einsamen, riesigen
Herrenhaus auf einer stets nebligen Kanalinsel vor der Küste Großbritanniens.
Als sich drei Dienstboten bei ihr melden, beginnen sich in dem Haus
merkwürdige Dinge zu ereignen. Ein besonderer Clou der Handlung
findet sich in der Lichtallergie der beiden Kinder, die erzwingt, daß
sich der Junge und das Mädchen stets und ständig im Dunkeln
aufhalten. Gerade mal das Licht einer Öllampe ist ihnen erträglich.
Strom, Radio, Comfort – Fehlanzeige. Die Mutter unterrichtet ihre
Kinder selbst. Es geht zu wie im neunzehnten Jahrhundert. Der Vater
war in den Zweiten Weltkrieg gezogen und nicht zurückgekehrt.
Das Leben verläuft eintönig und äußerst isoliert.
Die unheimliche Athmosphäre wird durch die gekonnt eingesetzten
Kameraeinstellungen, die Lichteinfälle, lange dunkle Flure und
knappe, aber bedeutungsschwangere Dialoge erzeugt. Sie geht unter die
Haut.
Sieben Schauspieler – mehr nicht. Zweie davon haben nur sehr kanppe
Dialoge, eine redet gar nicht. Alles spielt sich im Großen und
Ganzen zwischen der Hausherrin Grace (Frau Kidman), den Kindern und
der Haushälterin ab. Mit knappen Strichen wird die Geschichte erzählt.
Das ist Kunst!
Natütlich schuldet ein guter Gespensterfilm auch eine besondere
Pointe. “The Others” liefert derer gleich zwei! Kurz vor
dem Schluß, knapp hintereinander, überschlagen sich die Ereignisse
– und wenn man denkt, man hat’s, dann kippt die Sache nochmal
und noch fundamentaler und noch horribler – und man wird die Gänsehaut
kaum noch los.
Ein neuer Streifen hat sich in den Reigen der Gespensterklassiker eingereiht.
Meiner nostalgischen Sehnsucht wurde glänzend entsprochen –
ach, wie’s mich gruselt.