Das Gespenst von Canterville
Fantasy-Film D 2005
Ein faules Osterei im deutschen Fernsehen
Sendetermine:
Ostersamstag 15.04.2006 20:15 – 22:10 Uhr;
Ostersonntag 16.04.2006 11:10 – 13:00 Uhr
Ausstrahlender Sender: SAT 1
Regie Isabell Kleefeld
Produktion Annie Brunner, Ursula Woerner, Andreas Richter
Jochen Klaus J. Behrendt
Mona Saskia Vester
Paul Martin Kurz 10-jährig
MacQuarrie Armin Rohde
Mrs Umney Anna Böttcher
Dr. Störtebeker Gustav-Peter Wöhler
Nele Merle Wasmuth
John Patrick Güldenberg
Sir Simon Andreas Schmidt
K. K. Bajun
Achtung! Im Folgenden verwenden wir des Öfteren in sehr abschätzender
Form den Begriff des „Wessis“ bewußt in all seiner
negativen Belegung. Dabei sei unbedingt vermerkt, daß wir keine
Pauschalbeurteilung unserer westdeutschen Landsleute im Sinne haben.
Ganz im Gegenteil: Um die wirklich ausgezeichneten, hellen, spritzigen
und intelligenten Frauen und Männer Westdeutschlands, deren wir
viele zu kennen die Ehre haben, zu schützen und sie von den von
uns Attackierten zu separieren, gebrauchen wir diesen eingeführten
Begriff – der die dummdreiste Fraktion aus den Ländern westlich
der ehemaligen Demarkationslinie umfaßt.
Wenn es gilt, den Daumen
so steil wie irgend möglich zu senken, dann ziehen wir es für
gewöhnlich vor zu schweigen. Es ist unsere Sache nicht, ein Stück
zu verreißen. Der sogenannte „Fantasy-Film“ „Das
Gespenst von Canterville“, den SAT1 dem deutschen Fernsehpublikum
anzubieten am Ostersamstag die dreiste Stirn hatte, ist eine Geschmacklosigkeit,
die internationales Kulturerbe nicht nur berührt, sondern darüber
hinaus mit einer elenden Vorführung diffamiert und besudelt. Armer
Oskar Wilde! Das hast Du nicht verdient. Und müßtest Du das
sehen, Du wähntest Dich in der Hölle. Das hatte nichts mit
Phantasie zu tun, das war ein Albtraum.
Obwohl die Darsteller durch die Bank eine Leistung boten, für die
sie lebenslanges Berufsverbot meritierten, waren sie dennoch brillant.
Ein Paradoxon? Wir wollen es lösen:
Kein Schauspieler – und sei er vom Schlage eines Mario Adorf oder
Klaus Maria Brandauer, sei es eine Isabella Adjani, Bruno Ganz oder
Romy Schneider wäre in der Lage, den Prototypen des „Wessis“,
vor dem wir uns diesseits der Elbe nicht genug bekreuzigen können,
besser zu geben, als diese Mimen aus der zweiten Reihe. Das Geheimnis
liegt darin verborgen, daß diese Leute sich unter Anleitung einer
grottenschlechten Regie selbst spielten. Die sind so! Der Herr behüte
uns!
Worum ging es? Nun, die Handlung des Wild’schen Klassikers dürfte
gebildeten Schichten hinlänglich bekannt sein. Die Produzenten
Annie Brunner, Ursula Woerner und Andreas Richter verlegten die Handlung
unter unerträglichen Verbiegungen in unsere Gegenwart und überzogen
das geplagte Schottland mit einem Grauen, der selbst dem gestörten
Hirn Quentin Tarantinos abartig erschienen wäre: einer repräsentativen
Wessisippschaft des süddeutschen Mittelstandes. Entgeistert hätte
Wallis das Schwert sinken lassen, Robert Bruce hätte sich Nessie
in den Rachen geworfen und der einzige Schrei des unglücklichen
Bonnie Prince Charly hätte noch vor seinem Landgang nach Culloden
gelautet: REEEEEEE!
Wir beginnen zu begreifen, warum der Deutsche in der Welt einst nur
um der D-Mark willen angesehen, als Mensch aber bis dato verachtet und
ignoriert wird.
Ein „unternehmerisch orientierter“ „Mann“ namens
Jochen, dessen häusliche Pflicht offenbar in der täglichen
„Emma-Lektüre“ besteht, eine hohle, gestalt- und charakterlose
Wessifrau, die allein für sich schon einen prima Spuk abgegeben
hätte, der wir jedoch Draculas Bräute jederzeit vorzögen
( - haben mehr Biß, hö, hö!), eine nervend pubertierende
Göre, die man permanent aus Versehen mit einem Feuermelder verwechseln
möchte und ein weinerlich verzärtelter Knabe von zehn Jahren,
den Mutti bestimmt jeden Tag mit der Großraum-Familienkutsche
zur Schule fährt, dann zum Flötenunterricht, dann zum Tennis
und dann zum Ballett, der von seinen Mitschülern – sofern
die noch ganz rund laufen – jeden Tag mit voller Absicht zum Feuermelder
gemacht wird – diese Viererbande also fällt wie eine biblische
Plage auf einem schottischen Schloß ein. Dort spukt der Geist
von Sir Simon, dessen Darstellung das alte Original trotz gehabter Erlösung
wieder aus dem Grabe hervor auf den rächenden Plan rufen sollte.
Die weder von dem in seiner Rigorosität nach außen gleichermaßen
wie von seiner widerlichen Softigkeit nach intrafamiliär abstoßenden
Jochen noch von dem Rest der Unerträglichen als Geist erkannten
Witzfigur von einem Gespenst erregte Brechreiz.
Auf den Rest der Nicht-Handlung wollen und können wir nicht weiter
eingehen. Da wird die Klinge stumpf und schartig – es ist zu schal,
zu seicht, zu dümmlich, zu schlimm…
Isabell Kleefeld walzte mit ihrer Spielleitung gnadenlos jeden Charme,
jeden Stil, jede Anmut der Wild’schen Erzählung mit der penetranten,
saudummen und völlig substanzlosen Flachheit nieder, mit der die
Wessis seit anderthalb Jahrzehnten den Mitteldeutschen zwischen Kap
Arkona und Erzgebirge so unsäglich auf den Geist gehen.
Wir waren Verfechter der deutschen Einheit als die Staatssicherheit
uns dafür noch übel und an den Kragen wollte. Wir haben die
Bolschewisten ob ihrer Dummheit und Kulturlosigkeit gehaßt. Aber
dieses faule Osterei, was uns Frau Kleefeld unter die Nase reibt, das
läßt uns unsere Haltung von einst überdenken. Just davor
hatten die Roten uns gewarnt und wir wollten es nicht glauben.
Die Brüche innerhalb der Erzählung fallen schon nicht mehr
ins Gewicht: Alle Rollen bestehen aus klassischen Wessis – von
Deutschen wollen wir zur Ehrenrettung des Vaterlandes an dieser Stelle
nicht reden – selbst die Träger englischer Namen, wie gesagt,
alles Wessis. Uns wird schlecht! Die Interaktionen und Dialoge, das
ganze Gebaren zwischen diesen Menschen – das ist nicht lustig,
das ist keine Karikatur, das ist die bittere Wahrheit. Wir denken an
Maxe Liebermann und seinen berühmten Ausruf vom Abend des 30.Januar1933.
Resümee: ein bis in die Grotte grottenschlecht gemachte Billigproduktion
der peinlichsten Sorte.
Im Abspann wird darauf verwiesen, daß es diesen Streifen auch
als DVD zu kaufen gäbe. Jawoll! Unser Rat: Als Beilage zur BAMS
(Bild am Sonntag) und zur „Bild der Frau“ ohne Aufpreis.
Mehr gibt es dazu nicht zu sagen.