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Ortsnamen in Berlin und Brandenburg

von Herrn Reinhard. E. Fischer


K. K. Bajun
Zum Jahreswechsel 2005/2006 brachte der be.bra-Verlag ein Standardwerk heraus, welches einmal mehr den feinen Sinn der Berliner Verlagsleute für kleine Preziosen unterstreicht. „Die Ortsnamen der Länder Brandenburg und Berlin; Alter – Herkunft – Bedeutung“ heißt das Werk. Für jeden an seiner Heimat ernsthaft Interessierten ist es ein unbedingtes Muß. Kurz und knapp werden 3897 Ortsnamen aus dem Raum zwischen Elbe und Oder auf ihre etymologische Bedeutung und Herkunft abgeklopft und vorgestellt.
Dem Ortsnamen folgen die Ersterwähnung mit Jahreszahl und Erwähnungsform, Herkunft und Deutung. Der anschließende Verweis auf die Quellen authentifiziert die Seriosität des vorgelegten Werkes.
Bestechend ist die streng wissenschaftliche Vorgehensweise, die für uns Laien so manche Überraschung und oft auch einen Abschied von liebgewordenen Herkunftsdeutungen mit sich brachte, dennoch aber sehr häufig einen Aha-Effekt nach sich zog. Sicher, das Benennen Potsdams nach einem frühen lokalen Chieftain namens Postampim ist weitaus nüchterner als die romantische Deutung „Unter den Eichen“, was sich mit Pod Dubimi anböte. Zumal sich die Frage auftut, wie die Eltern jenes Herrn Postampim seinerzeit wohl den Namen ihres Sprosses beim lokalen Standesamt durchgekriegt haben. Auch die Siedlung Lehnin, die slawische Hirschkuh Jelenia, verdankt demnach ihren Namen eher einem lokalen Platzhirschen auf zwei Beinen namens Len (Faulpelz).
Nun ja, wir müssen wohl damit leben. Unseren Herrn Schriftleiter schmerzte es in der Seele! Iist er doch ein eingeborener Sohn des Klosters Unserer Lieben Frau am See zu Lehnin in der Mark und empfindet das Attribut seines frühen Bürgermeisters wenig schmeichelhaft.
Doch das Buch bietet dem vorgebildeten und geschichtlich interessierten Amateur weitaus mehr, als nur die Deutung verschiedener Ortsnamen. Vor uns liegt ein historischer Besiedlungsatlas, der in der Darstellungsform lediglich auf kartographische Elemente verzichtete. Das mindert jedoch nichts an seiner generellen Aussagekraft.
Und so erscheinen auf 223 Seiten die spannendsten und aufregendsten Epochen der uns bekannten märkischen Geschichte.
In einer Zeit, da mit Schrift und Urkunden sehr viel sparsamer umgegangen wurde als heutigen Tages, erlauben die auf uns überkommenen Orts- und Flurnamen noch immer tiefe Einblicke in die Lebensweise und das Miteinander der Völker, die zu unseren Altvorderen wurden.
Dankenswert der Umstand, daß Herr Fischer sämtliche bekannte Wüstungen und aufgelassene Ortschaften mit einer Gründlichkeit einbezog, die – soweit wir das mit dem uns zur Verfügung stehenden Material abzugleichen in der Lage sind – beispielhaft ist. An dieser Stelle wäre allerdings die Unterstützung durch kartographisches Material wünschenswert, um die auf modernen Karten nur noch höchst unzulänglich dokumentierten Lokalitäten besser nachvollziehen und einordnen zu können.
Selbst auf Umbenennungen, die viele Orte im Laufe ihres Bestehens erfahren mußten, wird detailliert eingegangen und sogar der Grund für die neue Namensvergabe angeführt.
Im Vorwort und in den nachgestellten Erklärungen führt das Buch den Leser in die Genese der Ortsnamen und den ihnen zugrunde liegenden, ableitbaren Bildungsregeln ein, ohne ihn dabei von der obligaten Fachsprache zu überrollen.
Resümierend läßt sich feststellen: Diese Anschaffung ist eine Bereicherung einer anspruchsvolleren Bibliothek und empfiehlt sich uns zumindest für den beinahe täglichen Gebrauch.
Wir gestatten uns, den verehrten Autor abschließend auf weitere Objekte seines Forschungsgebietes hinzuweisen. Im engeren Raum der Stadt Brandenburg blieb der von den Herrn Prof. Tschirch und Grasow am Westhang des Harlunger Berges (Marienberg) bezeichnete Weiler HARLUNGATE unerwähnt. Gleichermaßen rutschte die kleine Kolonie WENDGRÄBEN am Flüßchen Buckau, etwas westlich von Wilhelmsdorf, durch das Raster, obwohl sich ganz in der Nähe ein bedeutendes, sogar Wehrturm gestütztes Vorwerk der Stadt Brandenburg befand. Das ist vom etymologischen Standpunkt her gesehen sicher kein tragischer Verlust, da der Name weitestgehend selbsterklärend ist. Die Erwähnung diente nur eben der Vollständigkeit.
Das Werk weiterhin vorteilhaft zu ergänzen, regen wir an, in einem gesonderten Kapitel noch einmal speziell und näher auf prägnante Fluß- und Flurbezeichnungen einzugehen, wie das teilweise innerhalb der zu diesen territorialen Gegebenheiten gehörigen Ortserklärungen schon geschehen ist.
Wir legen jedem Lokalpatrioten, der seinen Wurzeln in brandenburgischer Erde nachzuspüren wünscht, die spannende Lektüre dieses Buches von Herrn Fischer ans Herz, das unter der ISBN 3-037233-17-2 erschienen und bei jedem gut sortierten Buchhändler zum Preis von € 29,90 zu ordern ist.

weitere Ortsbezeichnungen, deren Aufnahme in das vorliegende Werk wünschenswert wäre:

Nikolskoe (B) korrekte Aussprache: 'Nikolskoje', falsche, aber eingebürgerte Aussprache der Berliner: 'Nikolskö'
Paterdamm (PM) an der B102 zwischen Schmerzke und Rotscherlinde
volkstüml. Erkl.: der Weg der Äbte (Patres) von Lehnin zum Brandenburger Domkapitel, wahrscheinl. jed.: Paddendamm von alt 'Padde', <Frosch, Kröte>?

B 3. Volumen
© B.St.Ff.Esq., Pr.B.&Co,2006