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Das Marmorpalais zu Potsdam

K. K. Bajun
Da steht es also wieder. Noch ein wenig eingerüstet grüßt es in den strahlend blauen Himmel eines Potsdamer Ostersamstags. Es jrüßt über den Heilijen See ans andere Ufer zu den Joops, den Jauchs, den anderen Bejüterten und die vielen Jäste, die entlang des Nordufers einen Spazierjang machen durch eine der herrlichsten Park- und Kulturlandschaften Europas und der Welt.
Wie der legendäre Vogel Phönix hat das kleine Marmorpalais, der erste klassizistische Bau Preußens von seinen Mauern die Asche abgeschüttelt, mit der es seit den Bombenangriffen des letzten Krieges bedeckt worden war. Tatkräftige Könner gingen ihm dabei zur Hand und wir ziehen den Dreispitz vor diesen Leuten, denn deren mühevolle und gigantische Arbeit wäre auch eines Hercules wert und würdig gewesen.
Friedrich Wilhelm II., der von unserem großen Chef zu Sanssouci verachtete Neffe, legte wohl als einzige Großtat seines Lebens ein Jahr nach dem Tode des Großen Alten 1787 den Grundstein zu Park und Schlößchen und vollendete 1792.
Seine Maitresse, die schöne Wilhelmine Encke, soll an der Innenausstattung mitgewirkt haben, erfahren wir anläßlich unseres Besuches. Wir sehen sie an, wie sie von Angelika Kauffmann (?) in ungewöhnlicher Freizügigkeit konterfeit wurde. Die linke Brust ist dem Auge wohlgefällig aus dem Decollete gerutscht. Charmant, Madame! Sie aber hat kein Auge für uns. Ihr Hund ist ihr wichtiger. Soll sie. Gräfin Lichtenau…pph!
Viel bedeutender aber ist, daß ihr Portrait überhaupt wieder in den rekonstruierten Räumen hängt. Seit das Gebäude im Kriege nämlich von einer Brandbombe sowohl als auch von einer Granate getroffen wurde, hatten es die Nachmieter nicht viel schonender behandelt. Nach dem Kriege verwandelte die Rote Armee das Anwesen in ein Offizierscasino. Wir wissen, was das bedeutet, wir kennen die Russen – das muß schlimmer gewesen sein als die vom Himmel fallenden Bomben.
1961 dann bezog die NVA dann das Gebäude und etablierte in ihm ein Armeemuseum. Nun gut – die groben Verwüstungen hörten damit auf. Man bedeckte, was von den einst kostbaren Fußböden übriggeblieben war, verkleidete die Wände und hing die Decken ab.
Und dann entblödete man sich nicht, just und ausgerechnet die Accessoires auszustellen, mit deren Hilfe dem Schlößchen einst so übel mitgespielt wurden: Uniformen, Waffen bis hin zu Haubitzen, Panzern, Raketen und gar einem Jagdflugzeug im Hofe. Das ist selbst uns noch erinnerlich, die wir vor drei Jahrzehnten als Junge Pioniere dorthin geführt wurden, um zu sehen, wie die Arbeiter- und Bauernmacht sich gegen jene wappnet, die einst solche herrlichen Schlößchen auf dem Buckel der ausgebeuteten Klassen errichten ließen. Die bösen Reichen…na ja, da ist schon was dran. Ein Schloß und in der Nachbarschaft das Elend. Irgendwann schlägt dann das Pendel in die andere Richtung aus. So ist das mit den Menschen.
Doch auch das ging nun vorbei. Und das große Umdenken begann. Eine Rückbesinnung auf den enormen Schatz, den Potsdam und Berlin in Gestalt der weltberühmten „Preußischen Kulturlandschaft“ der Menschheit hinterlassen haben.
Eifrig munkelt man zu Potsdam über die Wiedererrichtung des Stadtschlosses. Das Fortuna-Portal steht gar wieder. Wenn auch dieses Projekt umgesetzt sein wird, dann beginnt eines der beiden verbliebenen Herzen Preußens wieder kräftig zu schlagen. Potsdam wird einen ungeahnten Schub nach vorne erleben. Keenichsberch (Königsberg i. Pr.) ist tot, Berlin ein Fall für sich. Aber Potsdam, Sacrow, Glienicke, Babelsberg, Bornstedt…, wenn das wieder aufersteht, wenn die Garnisonskirche ihr „Üb’ immer Treu und Redlichkeit…“ auf diese so gequälte Stadt herabläutet, dann werden die Karten neu verteilt. Dann werden die Besucher nur noch entscheiden können, in welcher endlosen Schlange sie sich anstellen wollen – Dresdner Frauenkirche oder Potsdamer Schlösser. Die Frauenkirche aber gibt’s nur einmal. Schlösser, Drachenhäuser, Belvederes und versunkene Tempelchen, Orangerien und Pyramiden, Obelisken und Holländerviertel und herrliche Parks gibt es zu Potsdam mehr, als das besuchende Auge zu erfassen mag. Wenn das alles wieder komplett ist, dann wird die Konkurrenz nicht Heidelberg heißen oder München, sondern Paris und Rom!
Ein strahlend blauer Osterhimmel im Park des Marmorpalais hat uns dieses verheißen. Wir glauben daran so fest wie an das Amen in der Kirche. Und wir jrüßen noch einmal alle fleißijen und tatkräftijen Menschen, die auf diese Verheißung zu arbeiten. Auch die Joops und die Jauchs m anderen Ufer des Sees. Weil se jekommen sind, um sich zu Potsdam zu bekennen!





B 3. Volumen
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