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Assads Flucht


B. St. Fjøllfross. Rathenow. So, nun können wir auch dieses Kapitel schließen! Der Arabische Frühling dauerte so gesehen, wenn man nur eine einzige Woche vernachlässigt, exakt 14 Jahre. Was damals mit der grausamen Selbstverbrennung des tunesischen Gemüsehändlers Tarek al-Tayeb Mohamed Bouazizi im Januar 2011 Fahrt aufnahm, wurde nun mit der Flucht Baschar al-Assads aus Damaskus zu einem hoffentlich erst einmal glücklichen Ende gebracht.

Unsere Hoffnung, dass sich Syrien zu einer lupenreinen Demokratie wandelt, bleibt begrenzt. Was die siegreichen Rebellen jetzt im Überschwang der Gefühle ankündigen, wird wohl nach allen gemachten Erfahrungen mit dem Vorderen Orient nur eine geringe Halbwertzeit haben. „Niemand darf denen Frauen Vorschriften machen, was sie anziehen und wie sie sich tragen!“ Beim Barte des Propheten! Das hört sich doch viel zu gut an, um dauerhaft wahr bleiben zu können. Wenn das so bleibt, geloben wir eine Wallfahrt nach Mekka! Dennoch.

Die Tage des grausamen Stellvertreterkrieges in der nördlichen Levante und deren Hinterland bis hin zum Irak scheinen vorerst gezählt.

Dem Bären ging es um die Sicherheit seiner Mittelmeer-Häfen, den Yankees ging es wieder einmal um die totale Kontrolle der ganzen Welt, die sie, wie wir bereits in Daressalam, Mogadishu, dem Jemen, dem Irak und am Hindukusch sahen, bereits längst verloren haben.

In Damaskus hat der Bär eine krachende Niederlage eingefahren. Ein klassisches 0:1.

Es ist aber auch verworren. Die Mullahs in Teheran, durch die gemeinsame Feindschaft zu den Yankees ein Stück weit an Moskau herangerückt, unterstützten gemeinsam mit dem Kreml Baschar, den Londoner Augenarzt und Sohn von Baath-Hafiz, dem Schlächter von Hama. Wobei wir Hama in nicht allzu schwarze Farbe tunken wollen! Sicher, für das, was da passiert ist, kann es keine Entschuldigung geben. Das war zu schrecklich!

Man darf jedoch nicht vergessen, dass immerhin von dort aus die Muslim-Brüder und die Islamisten den Aufstand probten. Gnade Gott, wenn die das Ruder in die Hand bekommen hätten. Auf den Golan-Höhen wäre in kürzester Zeit die Hölle los gewesen. Der von uns hoch verehrte General Ariel Sharon war Verteidigungsminister. Man kann sich kaum vorstellen, wenn dieser Hammer Gottes zurückgehauen hätte. … und das im brandheißen Jahr 1983, als der Weltfriede eh bereits auf des Messers Schneide balancierte. Aber das ist lange her, zweiundvierzig Jahre um genau zu sein.

Wir sind keine Freunde des allgemeinen Narratives, Baschar in personam zu dämonisieren. Die Leute schießen sich ja gerne auf einzelne Personen ein, das ist so schön übersichtlich, ein Kunstgriff aus der großen Theaterkunst, die Bühne nicht mit allzu vielen Protagonisten zu übervölkern, weil dann der gemeine Mann schnell den Überblick verliert.

Das kommt der geistigen Rasenlatscherei sehr entgegen: Der Führer, Stalin, Franco, Pinochet, Kim Jong-un, Idi Amin, Salazar … Dabei wird regelmäßig außer Acht gelassen, dass diese Leute auf sich allein gestellt nur Popanze wären. Man denke an den großen Brecht: Alexander eroberte ein Weltreich… hatte er nicht wenigstens seinen Koch dabei?

Natürlich, diese Gallionsfiguren stehen an der Spitze eines gewaltigen Apparats, auf den sie sich stützen, der ihnen aber auch mehr oder weniger die Richtung vorgibt.

Damit soll nicht gesagt sein, dass diese oftmals sozio- wenn nicht sogar psychopathischen Vortänzer ohne Macht und Einfluss seien. Natürlich nicht! Das sind in aller Regel keine Marionetten á la Augsburger Puppenkiste.

Auch der Zar hat nicht die Machtvollkommenheit eines Iwan IV. oder Peter I. Selbst die wären ohne ihre dienstbare Armee von Helfern hilflose Einzeltäter geblieben und wenn die vielen Lokführer der Deutschen Reichsbahn nicht so beflissen ihren Dienst verrichtet hätten, hätten die Nazis wohl kaum ihre jüdischen Opfer bis in die Vernichtungslager des Ostens schaffen können. Das darf man bei der Beurteilung solcher Personalien nie ignorieren.

Wie es nun weiter geht in der östlichen Levante, das weiß ALLAH allein. Die Gegend wird wohl ein hochexplosives Pulverfass bleiben und wir haben kaum Anlass zur Hoffnung, dass sich Syrien nunmehr zur Schutzmacht Israels bekehren wird, noch dass die gequälten Kurden und Jeziden wenigstens in Syrien zur Autonomie gelangen und unbehelligt von Repressalien ihr einziges, von ALLAH verliehenes Leben fristen können.

In Konstantinopel mag der Sultan von der Renaissance des Osmanischen Reiches träumen und bei seinem Herrenschneider schon mal einen seidenen Turban in Auftrag geben, der man gerade so durch die Hohe Pforte passt, wenn er dann – seiner gewachsenen Bedeutung angemessen – wieder im Topkapi residiert.

Die Diktatoren dieser Welt und vor allem die Mullahs in Teheran wird es schaudern und es zu befürchten, dass sie es in einer Art verzweifelten Flucht nach vorn noch ärger treiben werden, weil ihnen wohl nicht zu Unrecht schwant, dass die von ihnen geschurigelten Völker wieder einmal Morgenluft wittern. Uns graust es, was auf die armen Menschen zukommt. Aber kann es noch schlimmer als unter Baschar und seinen Mord-Banditen werden?

Der Zar hat sich unseres Dafürhaltens keinen Gefallen damit getan, dass er Baschar nach Moskau kommen ließ. Wer sich mit vielen Schurken umgibt, der braucht sich nicht zu wundern, dass er am Ende selbst für einen gehalten wird. Wir halten das für hochgradig unvernünftig.

Warum setzt er Baschar und seine Familie nicht im Jaroslawler Bahnhof in die Eisenbahn nach Wladiwostok, kippt ihn unterwegs irgendwo im sibirischen Nirgendwo aus oder verfrachtet ihn von Wladiwostok aus auf dem Seeweg nach Pjöngjang? Aber gut, das geht uns nichts an. Der Zar ist alt genug und als gerissener Fuchs hat er sich schon einen Namen gemacht. Wenn er meint, diesen Ruf jetzt zerstören zu müssen … seine Sache!

Wozu könnte Baschar noch nutze sein? Um der Welt zu demonstrieren, dass sich das Durchhalten bis zum Allerletzten für jeden Lumpen lohnt, wenn es sich denn um die Interessen von Mütterchen Russland, respektive seiner Eliten handelt? Am Ende wartet ein luxuriöses russisches Exil auf das Gesindel. Ein starkes Signal. Das haben die Saudis mit dem irren Idi Amin Dada aus Kampala seinerzeit auch schon so gemacht, und die westlichen „Demokraten“ mit dem Schahanschah Reza Pahlavi … Das ist also nichts Neues und wer sich darüber aufregt, zeigt nur, dass ihm das entsprechende Geschichtswissen respektive der politische Pragmatismus abgeht.

Was aber wird nun in Deutschland passieren, wo die syrischen Flüchtlinge seit 2015 ähnlich hofiert wurden, wie ein paar Jahre später die Ukrainer? Viele von ihnen haben sich vorbildlich in ihre deutsche Gastgesellschaft integriert und sind mittlerweile auch schon deutsche Staatsbürger. Alhamdullilah!

Die anderen aber, die vielleicht sogar Sehnsucht nach der Heimat haben … wohin wohl sollen die denn jetzt zurückkehren? In ihr zerstörtes, zerbombtes, ausgeblutetes Land, in dem ihre Häuser zu Klump gehauen wurden, in welchem es keine Arbeit und eine nur sehr unzureichende Gesundheitsversorgung gibt, in dem die Infrastruktur hinter der des Mittelalters zurück fiel, in dem das Schulwesen am Boden liegt? Nun gut, übler als in Deutschland kann Letzteres auch nicht sein – und dort würde wenigstens das bisschen, was es noch zu unterrichten gibt, auf Arabisch gelehrt werden.

Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge hat die Bearbeitung von syrischen Asylaufnahmeverfahren für’s Erste auf Eis gelegt. Abschiebungen von kriminellen Syrern sollten jetzt leichter fallen.

Aber was wird stattdessen kommen? Wenn Michel dämlich genug ist, den Grünen bei den anstehenden Bundestagswahlen noch einmal auch nur den Hauch einer Chance zu lassen, dann werden diese greinen: „Ach, die armen Folter-Schergen und Mörder Assads, die armen Schwerverbrecher des Idarat al Amn al Amm, deren geistige Väter SS-Standartenführer Walter Rauff und etwas später das Ministerium für Staatssicherheit der größten DDR der ganzen Welt waren, sind ja nun durch die Rachegelüste ihrer gepeinigten Opfer an Leib und Leben bedroht. Lasset uns ihnen einen mit vielen Milliarden Steuereuros gepolsterten Hort der Zuflucht bieten, damit alle Welt sieht, wie herzig wir doch geworden sind!“

Dann gibt es wahrscheinlich eine Neuauflage der berüchtigten „Rattenlinie“ und die Grünen-Engelchen der Finsternis und Blutsauger gleichen Schlages werden möglicherweise das absolut Böse ins Land holen, natürlich nur unter dem Aspekt der kulturellen Vielfalt und Bereicherung. Wie das mit der Rattenlinie funktioniert, da hat Onkel Kriegsverbrecher Rauff bestimmt den ein oder anderen wertvollen Hinweis hinterlassen. Immerhin hat der Teufel diesem Erzhalunken ja in Santiago den Hals umgedreht. Also hat er’s unter den Augen selbst der Israelis bis zu seinem Gesinnungsgenossen Pinochet geschafft, wo er dann helfen konnte, die DINA aufzubauen, welche sich in puncto Brutalität und Menschenverachtung weder hinter dem Idarat al-Amn al Amm noch hinter der Gestapo verstecken brauchte.

Gute Leute werden in großer Zahl gehen, denn wer gut ist, der kommt überall auf die Beine. Solche Menschen drängt es dann auch oft, anzupacken und wiederaufzubauen. Es treibt sie an, sich und ihre Gedanken von einer besseren Welt in den Wiederaufbau einer zerstörten Gesellschaft einzubringen. Das sind Macher, die in einer extensiven Reproduktion alleweil mehr Chancen für sich und ihre Zukunft sehen, als in einem Land, das bereits beginnt an sich selbst zu ersticken.

Weniger gute werden bleiben – denn die Jobcenter und Sozialämter von Aleppo und Hamas werden nicht halb so spendabel sein, wie die von Berlin und Stuttgart. Es ist wie immer: Wenn sich irgendwo auf dem Planeten die Großmächte um ihre Einflusssphären balgen, dann gehen sie die präsenile, noch immer relativ reiche Tante Deutschland um die Begleichung oder zumindest um die Sozialisation der entstehenden Kosten an, und das tuttlige Tantchen zahlt brav, solange, bis Keller und Küche leer sind – wie bei Timon von Athen, nachzulesen bei Shakespeare.

Gott sei Dank sind die deutschen Ressourcen bald erschöpft, so dass das Heer der Heuschrecken absehbar sein Interesse an dem einst blühenden Garten verliert und weiterzieht und der doofe Bieder-Michel wieder ungetrübt den Sonnenuntergang über dem Reich der senilkonfusen, selbstachtungsfreien Gartenzwerge genießen kann.

Die BBC titelte einst eine ihrer Serien, in der sie über das Aussehen künftiger Kreaturen der Erde unter dem Eindruck der fortschreitenden Evolution sinnierte: „Die Zukunft wird wild!“ Oh ja, Londons Prophezeiungen haben Substanz und Biss, fürwahr.

30. Volumen
© B.St.Ff.Esq., Pr.B.&Co,2003
10.12.2024