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Der Ni(e)belungen Gelbe Noth
Philipp Rösler stellt sich vor Guido Westerwelle

B. St. Fjøllfross
Wir sind ergriffen – es ist die legendäre Szene von Hagen und Volker vor Attilas brennender Halle: FDP-Häuptling Rösler stellt sich kraftvoll und mannhaft vor seinen Parteifreund, den Bundesaußenminister Westerwelle. Die Diskussion um die umstrittene Besetzung des dritthöchsten deutschen Amtes sei beendet – e basta! - verkündete per Ordre de Mufti der jugendliche Held Philipp einer staunenden deutschen Öffentlichkeit. Und kein Moritz von Schwindt war in der Nähe, die Szene, die dazu taugt, eine neue teutsche Heldenlegende zu erschaffen - in schwülstige Farben und Posen zu bannen.
Doch halt! Lassen Sie uns mal genauer hinsehen! Sind das wirklich der Tronjer und sein Freund Hêr Volker von Alzey, genannt "de Speelman"? Ist das die Götterdämmerung eines heroischen Häufleins Aufrechter, geeignet den Mannesmut von vielen nachfolgenden Generationen hoffnungsfroher Jünglinge zu stählen, den Schoß holder, blonder Jungfrauen zu bereiten, Heldensöhne zu gebären?
Und kommen da so unsere Zweifel. Denn es sind gewiß nicht die Nibelungen, welche die politische Bühne des gegenwärtigen Reiches bespaßen – es ist die jammervolle F.D.P., in der etliche Parteigetreue den unseligen Guido, der nun auch im internationalen Roulette deutschen Kredit in einem grandiosen Vabanque-Einsatz verjubelte, gern in die Wüste Nevada schicken würden. Die Liberalen saufen in einem Tempo ab, dass einem beim bloßen Zusehen schwindlig wird. Und nun noch das! Wie sehr hätte sich der deutsche Mittelstand, als dessen politische Vertreterin sich ja die F.D.P. nun mal definiert, über Aufträge zum Wiederaufbau Libyens gefreut und ausgerechnet ihr Außenminister spuckt ihnen in die Suppe!
Gemach, gemach – er war es nicht allein! Auch Deutschlands Mater omnipotens hatte einen Löwenanteil an dieser fatalen Entscheidung, doch wozu wäre man Kanzlerin eines der mächtigsten Länder dieser Welt, hätte man nicht seinen eigenen Watschenmann und Prügelknaben! Da dieser zu seinem Elend einem täglich schwächer werdenden Koalitionspartner entstammt, der momentan eh damit beschäftigt ist, alle verfügbaren Kräfte an die Lenzpumpen zu scheuchen, so ist das wie ein Gottesgeschenk, den beratungsresistenten und unbeschulbaren, ewig dümmlich grinsenden Guido dem Volke zum Fraß vorwerfen zu können. Ein Narr, wer diese Gelegenheit ausließe!
Doch tut sich die CDU damit einen Gefallen? Wen hat sie denn noch, der ihr koalitionswillig die Hand reichen würde? Geschlossenheit findet sie nicht einmal mehr in der eigenen Führungsriege, seit die ambitionierte Ursula von der Leyen mit kleineren Sticheleien – die übrigens an der Basis sehr gut ankommen – mehr und mehr versucht, die alte Leitkuh vom Thron zu schubsen. Die F.D.P. ist verbrannt. Auch sie ringt krampfhaft um Schadensbegrenzung und möchte kein sich drehendes Personalkarussell in der Spitzenetage, während die Republik auf die nächsten Landtagswahlen zusteuert. Nach Ansicht der Herren Rösler und Niebel würde das Schassen des Vizekanzlers dem lecken Kahn den Rest geben. Also halten sie ihn um jeden Preis. Vielleicht würden sie ihn sogar am liebsten als Stopfen zwischen die morschen Planken klemmen. Das hat nichts mit Hagen und Volker zu tun. Das hat keine Würde, keinen Anstand, nichts von Charakter und vor allem keine – Perspektive! Zu durchsichtig ist das traurige Spiel, von dem sich nun wohl auch noch die restlichen F.D.P-Wähler schaudernd abwenden werden.
Zur Ehrenrettung Herrn Röslers sei gesagt: Er hatte die Wahl zwischen Scylla und Charybdis. Was er auch macht, es fällt ihm und seiner Partei auf die Füße. Es gibt keinen eleganten Zug mehr, der getan werden könnte. Die F.D.P. ist schachmatt. Auch ein Bauernopfer hätte nichts mehr geholfen. Dem einzigen Aktiven der Gelben, der noch bei Verstand zu sein scheint, Minister Brüderle nämlich, fiel das von Loyalität diktierte Lügen sichtbar schwer, als er sich vor den Kameras zähneknirschend hinter die Entscheidung seines Parteichefs stellte. Wer uns leid tut, ist Hans-Dietrich Genscher. Der große Alte wird mit Entsetzen sehen, mit welcher Instinktlosigkeit sein politischer Enkel Westerwelle sich sowohl auf internationalem Parket vergaloppierte als auch die Stimmung der deutschen Bevölkerung mißinterpretierend Genschers geliebten gelben Karren grandios vor den Baum fuhr.
Sicher, sicher – wäre die libysche Invasion unter deutscher Beteiligung schief gegangen, die Grünen und die Roten hätten "Tobruk, Tobruk!" gebrüllt und den deutschen Außenminister gerade auch vor der Kulisse Mazar-i Sharifs filetiert. Scheiß Amt – das! So aber setzten seine Kanzlerin und er aufs falsche Pferd und müssen nun neben der kübelweisen Häme aus dem In- und Ausland auch noch ertragen, in Paris behandelt zu werden, wie die "Grande Nation" einst in Cecilienhof. Das Desaster könnte nicht größer sein. Eine solche Schlappe fegt in der öffentlichen Wahrnehmung leider auch all die großen Erfolge der Bundesregierung in der vergangenen Legislaturperiode mit einem Wisch zur Seite.
Philipp Rösler wäre nur eines zu raten: Er möge das Nibelungenlied zur Hand nehmen und sich von ihm den politischen Fahrplan der nächsten Zeit in die Feder schreiben lassen. Hagen von Tronje wußte, wann das Spiel gelaufen war, als er den Kaplan in die Donau warf und dieser sich ans Ufer retten konnte. Er ging mannhaft und erhobenen Hauptes einem unvermeidlichen Untergang entgegen. Das machte ihn und seine Mannen unsterblich. Leider lügt sich die F.D.P. in einem ebenso verzweifelten wie unbegründeten Optimismus in die Tasche, dass sie noch eine Zukunft habe. Ein quälendes Sterben während schier end- und sinnloser Rückzugsgefechte aber wird kein Barde je besingen. Es ist nämlich nicht nur traurig – es ist darüber hinaus über alle Maßen peinlich!

20. Volumen
© B.St.Ff.Esq., Pr.B.&Co,2009
03.09.2011