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Moody's knickt ein
ein Rating-Agentur auf dem Rückzug

Frau Heidi R. E. Hübner, geb. Bastian aus Wittbrietzen, Kreis Zauch-Belzig, Preußen, Provinz Brandenburg, zum 72. Wiegenfeste gewidmet

Michael L. Hübner
Geht doch! Möglicherweise hat man bei Moody's zwischenzeitlich mitbekommen, dass immer mehr Menschen diesen Verein und die anderen nordamerikanischen Vertreter dieser Gattung nicht mehr so ganz ernst nehmen. Zu stark haben sich die Rating-Agenturen desavouiert, als sie marode us-amerikanische Immobilienfinanciers und deren Papiere hervorragend bewerteten. Man erinnere sich – das führte infolge dessen im Jahre 2009 zum Zusammenbruch von Lehman-Brothers und in dann in einem grandiosen Domino-Effekt zum internationalen Bankenkrach. Zeitgleich schossen die "Rater" – welch fiese Schlüsse doch das gleichgeschriebene deutsche Substantiv auf die Gründe des Versagens von Moody's und Co. bietet – gegen europäische Wackelkandidaten wacker und mit Vehemenz – den Staatshaushalt der U.S.A., ihrer Heimat, aber jubelten sie unverdrossen hoch, als die Spatzen schon von den Dächern pfiffen, dass die Amis mit vollen Segeln auf ihre erste Staatspleite zurasen: Am 2. August könnten sich die Staatsbeamten nach dem aktuellen Stand der Dinge fragen, ob sie noch genug Geld für die Bestreitung der laufenden Kosten für den Sichelmonat haben. Die altdeutsche Bezeichnung für den August bekommt dann wohl eine völlig neue Bedeutung für so manchen Bediensteten der Administration.
Jetzt lenkt Moody's im Falle Griechenland also ein. Natürlich werden die Hellenen nochmals herabgestuft. Aber versöhnlich und voller Gnaden attestiert man den mediterranen Steuerverweigerern eine mögliche Zukunft, wenn die Söhne und Töchter des Perikles denn nun endlich das Sparen, Steuerzahlen und vor allem das Arbeiten anfangen. Vielleicht sollten sie auch das krude, fiskalische Schlupfloch abschaffen, dass derjenige steuerbefreit ist, welcher eine Kapelle auf seinem Grundstück zu stehen hat. Das sollte inskünftig nur noch für das zentrale Gotteshaus der Orthodoxie gelten, die Hagia Sophia, für die man den derzeitigen Grundstückseigentümer eh nicht so recht in die steuerliche Pflicht nehmen kann...
Aber warum zeigt sich Moody's just jetzt so moderat und versöhnlich? Warum tun sie das? Hat die Firma des John Moody im 102. Jahr ihres Bestehens endlich realisiert, dass sie spätestens seit dem Ausblasen der hundert Kerzen auf der Geburtstagstorte im Jahre 2009 die Schellenkappe auf dem Kopf trägt? Begreift sie den Ernst der Lage, da sich doch die Europäer nun ernsthaft Gedanken um die Schaffung einer eigenen Rating-Agentur machen?
Rating-Agenturen wie Moody's, Standard und Poor's und Fitch haben sich, solange sie gehört wurden, als gewichtige Einflußnehmer auf dem Parkett der internationalen Politik erwiesen. In diesem Zuge wurden sie ein unverzichtbarer, ja sogar gestaltender Teil der Politik. Die Wechselbeziehungen mit den Schaltzentralen im Capitol, im Weißen Haus und auf dem Parkett der NYSE wurden enger und enger, so dass eines zweiten 4th of July, einer zweiten Declaration of Independence bedurft hätte, um wieder zu einer versachlichten und objektiven Beurteilung der internationalen Wirtschaftslage zurückkehren zu können.
Nachdem sie sich mit ihrer wahnwitzigen und offensichtlich gescheiterten Bewertungspolitik nun völlig lächerlich gemacht hatten, verloren sie tagtäglich an Substanz – sind aber noch immer präsent – und damit für Anleger immer noch gefährlich. Die alte Weisheit, wer einmal lügt, dem glaubt man nicht und wenn er auch die Wahrheit spricht, scheint sich auf den wichtigsten Handelsplätzen dieser Welt noch immer nicht herumgesprochen zu haben.
Doch peu a peu beginnen die Rating-Agenturen mit dem Rücken an der Wand zu kämpfen und geben dabei das Bild des römischen Imperiums in der dekadenten Spätzeit, als es denen anstürmenden Barbaren Stück um Stück italischen Bodens zugestehen musste, um selbst überhaupt noch Luft holen zu können. Es ist ein jämmerliches, ein langsames Sterben und man könnte Mitleid empfinden, wenn diese unredlichen Wirtschaftsexperten nicht so immensen Schaden angerichtet hätten.
Sie werden sich noch geraume Zeit halten, kurioserweise. Man möchte meinen, die Wirtschaft als agilste Form menschlicher Kommunikation kenne keinen klammernden Konservatismus, weil dieser den sofortigen Vorteilsverlust gegen eine innovativere Konkurrenz bedeuten würde. Doch weit gefehlt! Auch in der Wirtschaft regieren politische Prozesse, die ganz eigenen, oft von außen schwer verständlichen und skurril anmutenden Regeln folgen. Wer sich aber als unfähig erweist, sein Gebaren und seinen Handlungsrahmen rechtzeitig adäquat und dynamisch zu reformieren, wird über kurz oder lang in der Bedeutungslosigkeit verschwinden! Die zaghafte Korrektur von Moody's europäischen Ambitionen weist nicht gerade auf eine solche Reformbereitschaft, gekoppelt mit einer konsequenten Bereitschaft zum Umdenken hin. Das sieht eher danach aus, als wären die amerikanischen Rating-Agenturen nunmehr Getriebene. Wenn man sogar noch ins Kalkül zieht, unter welchem Druck Moody's stehen muss, um sich einen solchen Zacken aus der selbstherrlichen Krone zu brechen, dann scheint ihnen wirklich das Wasser bis zum Halse zu stehen. Daher geben wir dem Hause Moody's ein Caa1. Wir wollen die Hoffnung ja nicht ganz aufgeben.

20. Volumen
© B.St.Ff.Esq., Pr.B.&Co,2009
26.07.2011