10 Jahre 9/11
Don M. Barbagrigia
Gab es eine Verschwörung des 11. September? Ja! Natürlich gab es sie.
Ob die U.S.-Regierung plante, die Türme mit Hilfe der Terroristen aus
dem Orient abzureißen und das Pentagon zu bombardieren, um einen Grund
zum Einmarsch in den Nahen und Mittleren Osten, also in Richtung Öl
und globalstrategisch wertvolle Regionen, zu bekommen – nein, daran
glauben wir nicht. Die Verschwörung war eine Verschwörung der Dummheit,
der Ignoranz, des Kompentenzgerangels in amerikanischen Bundesbehörden.
Zehn Jahre danach ist klar, dass die Amerikaner seit Jahren im Bilde
waren. Alle Amerikaner? Nein, nicht alle. Aber die entscheidenden Köpfe.
Die wußten, was sich bei den Arabern zusammen braute. Es gab schon mal
einen Anschlag auf das WTC. Es gab den Angriff auf die USS Cole in Aden.
Es gab Geheimdienstberichte zu Hauf, die mehr als deutliche Fingerzeige
beinhalteten. Doch diese Berichte führten zu keinen adäquaten Reaktionen
im Weißen Haus. Das nämlich wurde zu diesem Zeitpunkt von einem wild
gewordenen, dressierten Affen heimgesucht, der sich gerne als Sternenkrieger
profiliert hätte, obwohl diese Ära bereits lange vorbei war. Dieser
Affe, der auf den Namen George W. Bush jr. hört, müsste als passiver
Mittäter vor Gericht gestellt werden – denn vor allem er hatte suffiziente
Gegenmaßnahmen boykottiert. Ein Wort der Reue und der Scham sucht man
bei diesem Texaner vergebens. "Ameriaca is under attack" verkündete
er mit betretenem Gesicht um gleich darauf den Falken im Pentagon ein
wahres Geschenk zu machen: Er ließ sie von der Kette und johlend wie
Custers Horden fielen sie im Hindukusch und im Irak ein, wo sie bis
heute bluten, bluten, bluten.
Hatte Osama bin Laden die Türme zu Fall gebracht, so riß George W. Bush
Amerikas Reputation noch viel spektakulärer zu Boden. Mit allem was
er tat. Hussein ist zur Hölle gefahren. Gut! Aber Massenvernichtungswaffen,
welche die Rechtfertigung für Amerikas Einmarsch waren, gab es nicht.
Die Taliban wurden aus Kabul vertrieben und kleine Mädchen können in
Afghanistan teilweise wieder eine Schule besuchen. Gut! Aber politische
Stabilität konnte dem gequälten Lande bis heute nicht gegeben werden
und Guantanamo hat dem Ruf des freiesten Landes der Welt schwersten
Schaden getan. In Buschs desaströse Hinterlassenschaft gehört auch Abu
Ghuraib, gehören die wahnsinnigen Mörder, die aus einem US-Militärhubschrauber
einen Vater und seine Kinder abballerten wie in einem Videospiel, als
der Iraker seine Kinder zur Schule bringen wollte. Amerika, einst leuchtender
Vorposten der Freiheit und demokratischer Errungenschaften sank hinab
in die tiefsten Tiefen der Verachtung, sank hinab zu einer staatlichen
Unperson.
Wer am 11. September 2001 einen klaren Kopf behielt, wußte schon an
diesem Tage, trotz der schockierenden Bilder aus New York und Washington,
dass diese fürchterlichen Terroranschläge die Reaktionen radikalster
und geistig verwirrter Köpfe Arabiens auf die brutale Ausbeutung und
jahrzehntelange, herablassende Demütigung Arabiens durch Yankee-Amerika
darstellten. Dreitausend Menschen kamen im WTC um? Das ist schrecklich.
Das ist sehr, sehr schrecklich. Wie viele starben bei den Agent-Orange-
und Napalm-Einsätzen der Amerikaner in Vietnam? Wie haben sie in My
Lai gehaust? Was taten sie, als Pinochets faschistische Folterschergen
im Stadion von Santiago hausten und chilenische Sozialisten in der Colonia
Dignidad des kinderfickenden Paul Schäfer zu Tode gefoltert wurden?
Hatten sie wirklich geglaubt, das hätte ihnen nur Freunde in der Welt
gebracht? Lebten sie wirklich in dem Wahn – der Wind, den sie gesät
hatten, würde verpuffen und nie auf das amerikanische Festland zurückschlagen?
Nein, er war zum Sturm geworden, zu einem Hurrican, der über beide Ozeane
hinweg fegte, von denen sich die Amerikaner immer so gut beschützt gefühlt
hatten, der New York und Amerika so erschütterte, wie Katrina einst
New Orleans.
Wir fühlen im Herzen mit den Opfern des 11. September. Sie tun uns in
der Seele leid. Die Lehre aber muss sein, dass die Überlebenden nicht
mehr solche dressierten Affen wie Bush und solche Knalltüten wie Palin
wählen, sondern sich hinter ihren Präsidenten Obama stellen, der endlich
einmal anfängt, Amerika zu einem seriösen, berechen- und achtbaren internationalen
Partner aufzubauen – der auch in der Lage ist, Brücken nicht nur zu
korrupten Scheichs, Emiren und Häuptlingen zu schlagen, sondern vor
allem zu den armen Arabern und Negern, die an der Wallstreet bis dato
noch keinen Eingang in die Bilanzen fanden. Das war so überfällig! Nicht
die saudische Königsfamilie bejubelte den Einschlag der Flugzeuge in
die Zwillingstürme – der Mann auf der Straße von Kairo, Dshibuti und
Nairobi tanzte vor Vergnügen. Die Amerikaner haben genau diese Menschen
und vor allem haben sie sich selbst gegen sich verschworen. Das sind
die beiden wahren Komplotte des 11. September. An sie muss das Nationaldenkmal
auf dem Ground Zero erinnern – alles andere sind die mittlerweile lächerlichen
Rituale einer abgewirtshafteten Operettennation, die noch immer in der
Manier des Wilden Westens mit unpräzisen Colts aus der Hüfte schießt,
und der auf Gewalt nur wieder eine einzige Antwort einfällt – Gegengewalt.
Es hat viele Unschuldige getroffen, wie so oft in kriegerischen Auseinandersetzungen.
Die Taten der Mörder um Osama bin Laden sind der Hölle wert! Aber auch
Osamas Tod wird den Terror nicht beenden – nicht, wenn die U.S.A. so
weiter machen wie bisher. Sie nennen sich selbst ein christliches Land.
Dann sollen sie dieses Christentum auch auf ihr Banner schreiben. Mehr
christliche Demut und weniger globaler Größenwahn wären ein guter Anfang.
So baut man stabile Hochhäuser; so werden Wolkenkratzer besser geschützt
als durch armierten Stahlbeton und flexible Kerne. Wir wünschen vor
allem Amerika Gute Besserung, denn – auch wenn es mitunter nicht den
Anschein hat – wir halten große Stücke auf dieses Land und für halten
es für unverzichtbar im Reigen der Nationen dieser Welt.