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Bonzen

Don M. Barbagrigia
Jedesmal, wenn die Gebühreneinzugszentrale GEZ ihre Zahlscheine an die freiwilligen oder unfreiwilligen Zahlungsverpflichteten versendet, geht uns der Hut hoch. Doch wir zahlen zähnefletschend und wünschen den Kölner Raubrittern um Hans Buchholz die Pest an den Hals. Bei deren Haushaltsvolumen von 160,5 Millionen Euro stört die das aber nicht im Geringsten – Hauptsache, die Kasse klingelt.
ARD und ZDF sind außerhalb von Tagesschau und Heute-Sendung mehrheitlich unerträglich. Die Politmagazine, die historischen oder geographischen Formate fangen alles irgendwie ein bißchen auf; der Sender Phoenix bietet dem Intellekt über weite Strecken Asyl und 3Sat oftmals die Erholung, derer der von Proll7 oder Super-RTL geschundene Geist so dringend bedarf. Man beruhigt sich also damit, immerhin auch diese Sender und die wenigen vernünftigen Beiträge zu stützen, die das öffentlich-rechtliche Fernsehen bereithält.
Eine dieser Sendungen, die jeden verauslagten Pfennig wert waren, strahlte Phoenix am Freitag, dem 23. September 2011 aus. "Rot-Grün macht Kasse -. Schröder, Fischer und die Lobbyisten" nannte sich der Streifen aus der Hand von dem hervorragenden Kollegen Christoph Lütgert und Sabine Puls.
Untersucht wurde das Verhalten von Politikern, die ehedem aus der Bürgerrechtsbewegung kamen, bei den Grünen das große Wort führten oder sich über die Jusos bis zum Job des Bundeskanzlers hinauf lavierten. Ach was nennen wir sie beim Namen! Da kamen die Personalien von Marianne Tritz, Otto Schily, Joschka Fischer und Gerhard Schröder zur Sprache, die einst angetreten waren, das Establishment das Fürchten zu lehren und für das Volk eine lebenswertere Welt zu errichten.
Was aus ihnen wurde, ist erschreckend. Hochgespült von der Welle der Unzufriedenheit der Wähler mit dem verknöcherten System, machten sie sich alle zu Protagonisten einer neuen Zeit. Was für ein Aufsehen machte der Antritt des ersten grünen Ministers Fischer im Mainzer Landtag, als er anlässlich seiner Vereidigung in Jeans und Turnschuhen angelatscht kam. "Herr Präsident, mit Verlaub, Sie sind ein Arschloch!", tönte dieser Revoluzzer einst. Und jetzt? Der Herr Außenminister a. D. wünscht keine Journalisten in seiner Nähe, die ihn fragen könnten, warum er – der einstige Vorzeige-Grüne es nunmehr mit den Automobilkonzernen hält. So treibt es auch Gerhard Schröder, der als jetziger Ölboss tatkräftig hilft Sibirien schlimmer zugrunde zu richten, als es die Russen allein je vermochten. Otto Schily, der einst die RAF-Banditen verteidigte und dann als Innenminister den harten Kurs fuhr und uns unter anderem die sauteuren biometrischen Pässe überhalf, lässt sich nunmehr von den ehemals Begünstigten bezahlen und sieht mit einem wahren Schafsgesicht überhaupt keinen Anlass zur Kritik an seinem Handeln. Den Vogel schoß Marianne Tirtz ab, die seinerzeit an vorderster Front gegen die Castor-Behälter und die gesundheitsschädigende Atom-Politik der Bundesregierung zu Felde zog und nun die Interessen der Zigaretten-Lobby vertritt.
Und alle lügen sie und schwindeln ungeniert und stopfen sich und hauen anderen die Taschen voll. Wir persönlich halten sie für ehrloses Gesindel, vaterlandslose Gesellen, Gauner und – Bonzen. Warum wir ein so hartes Urteil fällen? Weil sie dem Volk und seinem Verhältnis zu der es regierenden Politik schwersten Schaden tun. Weil sie nicht anständig und rechtschaffen sind, sondern den persönlichen Vorteil vor die einst wortreich verfochtene Meinung stellen. Weil sie Vertrauen so zerstören, wie Schröders Brötchengeber die sibirische Landschaft – irreparabel. Weil sie die Antipoden einer Regine Hildebrand und eines Wolfgang Thierse sind, die Popanze und der Spottgesang auf jede ehrliche Politik. Weil sie die nachfolgenden Generationen von Politikern schon mit einem Malus behaften: Kann man denen auch nur ein Wort glauben? Steckt hinter deren Fassade nicht auch ein Lump, der, sobald er sich mit unseren Stimmen saniert hat, in die Industrie geht und sich mit dem genauen Gegenteil von dem die Taschen füllt, für das er einst angetreten ist?
Was Schröder, Fischer, Schily, Tirtz und Konsorten zeigen, das ist übler als jede Korruption. Und das aller Übelste ist: Sie haben nicht einmal den Hauch eines Unrechtsbewußtseins.
Eine Frage der Ästhetik nannte Kanzler a. D. Schröder seinen Grund, Herrn Lütgert ein Interview dauerhaft zu verweigern, während er jeder Journaillen-Schranze generös ein paar nette Phrasen gewährt. Eine Frage der Ästhetik? Ist der Mann völlig irre geworden? Er, der mit seinem Verhalten Maßstäbe der Unästhetik setzt? Uns fehlen die Worte. So etwas bringt nur ein Strolch zuwege, dem mittlerweile jede Schmerzgrenze abhanden gekommen ist. Pfui Teufel. Ein Sozialdemokrat... Man stelle sich das vor. Gegen diesen politischen Urenkel nehmen sich sogar der Arbeiterverräter Ebert und sein Bluthund Noske vergleichsweise harmlos aus!
Wir würden unsere GEZ-Gebühren gerne exklusiv an Herrn Lütgert und Frau Puls überweisen. Sie hätten jeden Cent verdient.

20. Volumen
© B.St.Ff.Esq., Pr.B.&Co,2009
27.09.2011