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Brauner Spuk im Märchenschloss
erneuter Einzug der NPD in den Schweriner Landtag

B. St. Fjøllfross
Was ist mit den Mecklenburgern los? Sie haben gewählt und wieder schaffen es die Nazis in den schönsten Landtag des schönsten Landes Deutschlands. Wie geht das zusammen – Schönheit und Nationalsozialismus? Kurz gesagt – gar nicht.
Die Wahrheit aber ist, dass man von Schönheit allein nicht leben kann. Nun gut, muß man deswegen gleich zu den Radikalen laufen? Denn auch die Linken verzeichnen 18,4 Prozent nach einem Zuwachs von 1,1 Prozent und bedrohen so peu a peu die CDU. Es ist niemandem daran gelegen, die linken Weltverbesserer mit den dumpfen Zerstörern aus der braunen Ecke in einen Sumpf zu werfen. Dennoch – kommen sie an die Macht, dann entpuppen sich ihre Ideen entweder als gehalt-, saft- und kraftlos oder aber sie müssten, um sie zu verwirklichen, erst die Demokratie beseitigen. Was also treibt das nordöstlichste deutsche Bundesland um? Was ist ihnen abhanden gekommen – die Knüppel oder der Verstand oder gar beides?
Zunächst konstatieren wir eine ungeheure Politikverdrossenheit. Die Leute sind einer Politikerkaste überdrüssig, für die das politische Parkett nur zur Eigenversorgung dient und die außer blumigen Worten nichts mehr zu bieten hat. Schon gar keine Perspektiven, keinen Gestaltungswillen – nichts Neues eben. Dafür am Wahlsonntag aufstehen? Da hat man denn im Allgemeinen eben etwas Besseres zu tun. Nicht so bei den Radikalinskis. Die bekommen ihre Wähler auf die Beine. Deren Anhänger sind nämlich Geächtete, deren Überzeugung ihnen auch im Alltag einiges abverlangt. Am Tage der Entscheidung, an dem sie ihr Kampf nur ein Kreuz auf einem Zettel kostet, sind sie vor Ort. Mit Sicherheit! Ebenso strömen diesen Parteien die Wähler zu, die den etablierten deutlich zeigen wollen, dass man ihrer überdrüssig ist. Das sind die sogenannten Protestwähler. In den Parteizentralen bejubelt man sich derweil oder weist die Schuld dem Gegner oder wahlweise dem Unverstand des Pöbels zu – eine wirklich nachhaltig nachdenkliche Stimmung aber will beinahe nirgendwo aufkommen. Nur die Hälfte der mecklenburger Wähler ging an die Urnen. Vor diesem Hintergrund scheinen die Bürger zwischen Müritz und Ostsee entlastet von dem Vorwurf, eine nationalsozialistische Hochburg zu sein. Vor allem, wenn man bedenkt, dass diese auch 1,3 Prozentpunkte im Vergleich zu 2006 eingebüßt haben. Trotz alledem. Sie ziehen wieder ein in das Märchenschloß der mecklenburgischen Herzöge. Pfui Teufel! Darüber hinaus ist der Rest eine billige Rechenübung. Nimmt man die 6% abgegebener Stimmen für die Nazis und setzt sie in das Verhältnis zu den 51,4% Wahlbeteiligung der 1,3 Millionen Menschen zählenden Wählerschaft, so bleibt noch immer unter dem Strich stehen, dass mindestens etwa jeder Zweihundertste eine braune Gesinnung hat oder zumindest mit diesen Gesellen sympathisiert. Was erwarten die sich eigentlich von denen? Ein negerfreies Mecklenburg etwa? Gott, wie albern. Wir übergehen diesen Unsinn kommentarlos. Mehr Arbeit auf dem platten Lande? Woher sollen denn die Nazis die Arbeit nehmen? Gerade die, von denen das Bonmot kursiert, dass sie einst als Arbeitscheue ein Deutschland der Arbeitslosen regierten. Oder träumen die Bauern noch immer von des Führers Autobahnen? Die werden sich umsehen! Die werden sich auch umschauen, wenn diese Dollbrägen wieder an die Macht gelangen. Ach dann träumen sie wieder unter der Knute der Bevormundung und Entrechtung von der Freiheit, die ihnen die Demokratie einst geboten hatte und versuchen sich mit Flüsterwitzen ein wenig davon zurückzuerobern. Was ist das nur für ein erbärmliches Possenspiel! Im Augenblick haben die Mecklenburger, die ihr Kreuz bei den Braunen gemacht haben, sich selbst und ihrem Land nur einen ungeheuren Schaden getan. Denn weder Investoren noch Touristen sind von einer solchen Attitüde begeistert. So müssen sich die Bewohner eines wunderschönen Landes nicht wundern, wenn sich die Situation, die sie mit ihrem untauglichen Aufschrei zu bessern hofften, noch weiter verschlechtert. Man repariert eben keine Uhr mit einem Vorschlaghammer – auch nicht in Mecklenburg-Vorpommern. Nun haben die Mecklenburger also wieder fünf Jahre Zeit über ihre partiell schwachsinnige Wahlentscheidung nachzudenken. Die Hoffnung, dass sie das aber auch tun werden, hält sich jedoch eher in bescheidenen Grenzen. In Mecklenburg geht eben nach wie vor die Welt fünfzig Jahre später unter.

20. Volumen
© B.St.Ff.Esq., Pr.B.&Co,2009
06.09.2011