VIVAT IUSTITIA GERMANIAE!
Don M. Barbagrigia
Wer sich in Gefahr begibt, kommt darin um, sagten die Alten. Richtig.
Vier junge Burschen, vier feige Kujone überfallen in Sittensen einen
77 Jahre alten Mann. Sie tun dies auf Betreiben einer 21jährigen Prostituierten,
die das Opfer kannte. Sie tun es aus Gier, aus Geltungssucht, aus einer
schier grenzenlosen, aber mittlerweile gesellschaftskonformen Asozialität
heraus. Der Alte ist Jäger, hat eine Flinte und einen Waffenschein dazu
– und er macht von ihr Gebrauch. Dem Sechzehnjährigen verpaßt er einen
sauberen Blattschuß – der bleibt tot auf der Strecke. Den anderen dreien
des kriminellen Quartetts gelingt die Flucht. Jetzt wurde gegen sie
vor dem Landgericht Stade verhandelt. Und die Richter fanden zu Urteilen,
die den Preußischen Landboten das erste Mal in seiner Existenz veranlassen,
die deutsche Justiz zu bejubeln. Von der hätten wir nämlich – ähnlich
wie der Rest der deutschen Bevölkerung – nichts anderes mehr erwartet,
denn dass sie die Gauner zur Erholung nach Ibiza und den alten Mann
ins Gefängnis geschickt haben würde. Tat sie aber nicht. Nicht dieses
Mal. Die Richter verpassten den Verbrechern drei bis vier Jahre Gefängnis
– Hurra! - und selbst die böse Hure bekam das Ihre: eine saftige Bewährungsstrafe
von 21 Monaten, die auch ihr eine Weile erhalten bleiben wird. Ihre
Kundschaft bleibt ihr hoffentlich nicht erhalten, denn wer will schon
Kontakt mit einer schmierigen Nutte haben, die einem im Nachhinein eine
Bande auf den Hals hetzt!
Und der Alte? Der so erfolgreich auf den entgleisten Junghirsch angesessen
hat? Noch ist das letzte Wort zwar nicht gesprochen. Aber man geht im
Allgemeinen davon aus, dass die Staatsanwaltschaft den Tatbestand der
Notwehr als gegeben an- und deshalb von einer Klageerhebung absieht.
Doch das ist noch nicht so ganz in trockenen Tüchern: Die Verhältnismäßigkeit
der Mittel war zwar durch den Waffengebrauch nicht gefährdet, denn die
Angreifer waren in der Überzahl, doch es gibt da eine Ungereimtheit:
Der Schütze soll den Halunken dem Vernehmen nach auf der Flucht erlegt
haben, was ja nicht darauf schließen lässt, dass keine unmittelbare
Bedrohungssituation vorgelegen hätte. "Haltet den Dieb, er hat
mein Messer – im Rücken..." Sollte das so sein, dann wäre das Verhalten
der deutschen Justizbehörden nicht unbedingt mit den Maximen der Rechtsstaatlichkeit
vereinbar, – dennoch gestatten wir uns zu applaudieren. Denn hier wird
ein Fanal gesetzt. Bleibt der Alte ungeschoren, dann wird der kriminellen
Brut unmissverständlich signalisiert, dass die Geduld des deutschen
Rechtsstaates am Ende ist. Vorbei mit der Kuscheljustiz und Streichelpädagogik
zu Lasten der Gesellschaft. Fernau schrieb einmal, der Große Kurfürst
hätte bei Anpflanzung der Alle Unter den Linden bei der Strafe des Abhackens
der frevelnden Hände verboten, den jungen Bäumchen auch nur einen Ast
abzubrechen. Das klänge hart, nicht wahr! Aber, so Fernau weiter,– man
müsse doch schließlich den Bäumchen keinen Ast abbrechen...
Richtig! Man muss keinen alten Mann überfallen und schon gleich gar
nicht zu viert. Wir reden wohlgemerkt nicht der Todesstrafe das Wort.
Aber der Alte hat sich gewehrt und die deutsche Justiz sprach dazu Amen.
Wir wollen nicht mehr, dass wertvolle Mitbürger von kriminellem Gesindel
aus unserer Mitte gerissen werden, wie der Geschäftsmann Dominik Brunner
auf dem Bahnsteig der Münchener S-Bahn. Wir wollen nicht mehr, dass
Studenten und Handwerksburschen in der Berliner U-Bahn ins Koma gedroschen,
ihr Leben und das ihrer Angehörigen zerstört, die Gesellschaft mit horrenden
Kosten belastet und die Täter mit lächerlichen Verwarnungen bedacht
werden. Schluss! Das klingt populistisch? Jawoll! Populus ist das Volk
und das ist genau der Verein, der jahrelang unter den post-68er Gutmenschen
gelitten und einen furchtbar hohen Blutzoll für die aus falsch verstandenem
Humanismus begangenen Justiz-Experimente bezahlt hat. Wir wollen nicht
mehr! Dieses Volk will nicht mehr!
Der Mann, der nach dreißig Jahren Schufterei unverschuldet in Hartz
IV gefallen ist und Rio de Janeiro nur vom Namen her kennt, soll nicht
mehr mitansehen müssen, wie das Bürschlein, dem jegliches Unrechtsbewusstsein
fehlt, sein Auto als das vierhundertste seiner Gauner-Karriere knackt
und dafür zur Resozialisierung über den Atlantik geschickt wird. Wir
haben schon vor Jahren gegen die Unhaltbarkeit eines Zustands gepredigt,
in dem eine im Laufe der Jahrhunderte verschwurbelte Justiz, die um
nichts anderes mehr als um ihren eigenen Nabel kreiselte, sämtliche
Bodenhaftung verlor. Wir orakelten, dass es nicht gut gehen würde, wenn
sich diese Rechtsprechung in einem nicht mehr vertretbaren Maße von
dem Rechtsbewußtsein der Bevölkerung entfernt, welche sie zu vertreten
hat. Der Tod des sechzehnjährigen Verbrechers mag hart erscheinen. Aber
er ist ein Korrektiv, dass durchaus in Relation zu dem bereits erwähnten
Blutzoll steht, den das Volk zu entrichten hatte.
Wenn aber das Volk der Souverän ist, dann sollte man vielleicht den
Paragraphen reaktivieren, mit dem man einst die Majestätsbeleidigung
juristisch fasste. Denn, dass die Angehörigen des zur Strecke gebrachten
Gauners nun aufjaulen und die strafrechtliche Verfolgung des wackeren
Jägersmannes einfordern, erfüllt unserer Ansicht nach bereits den Tatbestand
der Beleidigung des Souveräns. Die Mischpoke des Strolches soll ganz
ruhig sein und sich in eine Ecke verkriechen, wo sie ihr Lebtag Reue
darüber empfinden sollen, der Gesellschaft eine solche faule Frucht
untergeschoben zu haben. Wer sich zu solch einem Lumpen bekennt, wird
mit ihm in einen Sack gesteckt! Im Übrigen ist das Geheul dieser Eltern
wie das erbärmliche Gejammer des Kindermörders Gaefgen, der sich von
der Polizei zu hart angefasst fühlte!
Wir aber bringen, vorausgesetzt die Staatsanwaltschaft lässt den alten
Mann wirklich ungeschoren, der Dame Justitia zu Deutschland erstmals
und aus vollem Herzen ein "Vivat" aus und legen unser "Pereat"
beglückt zu den Akten. Weiter so!