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Berliner Zündelknaben und die Prügelschergen

 

Don Miquele Barbagrigia
Es brannte in der Nacht vom 8. auf den 9.August 2005 in der Charlottenburger Ufnaustraße. Neun Menschen verloren ihr Leben, ihre Gesundheit, ihre wenige Habe. Eine ungeratene Blage von zwölf Jahren, der leidenschaftlich gern kokelte, hat diese fürchterliche Katastrophe auf dem Gewissen. Wenn er denn eines hat. Bislang hört man nur von Angst vor der Rache der Geschädigten, von psychischer Belastung, von Streß. Das Jugendamt schützt und versteckt ihn. Das arme Knäblein! Er ist doch erst zwölfe!!! Nicht strafmündig nach dem deutschen Gesetz.
Und da liegt der Hase im Pfeffer.
Das deutsche Recht erzieht ganze Generationen von Verbrechern und Tätern, die ihm auf der Nase herumtanzen. Das Gegenteil von "Gut" ist nicht "Böse", sondern immer wieder "Gutgemeint". Es ist diese verworrene, kuriose, zahnlose Pädagogik, die gelangweilte Mitmenschen jeden Alters geradezu animiert, das eigene Ego auf Kosten der Gesellschaft auszutoben. Hat man nicht noch jüngst jugendliche, notorische Straftäter auf Kosten der von ihnen tyrannisierten Gesellschaft in weite Ferne und alle Welt geschickt, mitsamt ihrem Betreuerstab?
Wir wollen sicher nicht übertreiben, indem wir auf amerikanisches Rechtsverständnis und die entsprechenden Ansichten zur Strafmündigkeit verweisen. Dennoch, der Ansatz der Amerikaner erscheint uns richtig: Wer in der Lage ist, ein Verbrechen zu begehen, der muß auch in der Lage sein, gemäß seines Alters und Geistes- und Reifezustands Verantwortung zu übernehmen.
Wie kommt das deutsche Recht auf das schmale Brett, sich zum Komplizen halbwüchsiger Jugendlicher zu profilieren, die aus Langeweile und kriminellem Spieltrieb Menschenleben auslöschen?
Wenn wir über "Schutz" reden, warum reden wir da nicht zu allererst über den Schutz der Opfer? Und das schließt vordergründig den Schutz potentieller Opfer ein. Dieser Schutz aber beginnt im gesellschaftlichen Denken.
Die Bevölkerungsstrukturen der Moderne weisen besonders im urbanen Bereich einen gewissen Vorteil auf, indem sie den Einzelnen der engmaschigen, gesellschaftlichen Kontrolle entziehen. Genau hierin liegt aber auch das Gefahrenmoment, das den edukativen Faktor einer gesellschaftlichen Kontrolle eliminiert.
Angst vor Ächtung ist für ein Rudeltier ein nicht zu unterschätzendes Moment, was einer gesellschaftskonformen Entscheidung zugunsten sozialen Verhaltens höchst förderlich ist.
In unserem sensationsgeilen Zeitalter, indem tiefergehende Betroffenheit schon allein dadurch verhindert wird, daß der Gehalt von solch schwerwiegenden Ereignissen durch ihre schiere Masse und Überflutung inflationiert, retardiert gezwungenermaßen die Bereitschaft, sich konsequent und nachhaltig mit der Bekämpfung solch grober Verhaltensstörungen zu befassen. Diese Aufgabe wird dem sogenannten "professionellen" Sektor zugewiesen, der naturgemäß und immer regelmäßig versagt.
Es ist kein Anliegen der Bevölkerung mehr. Und darin liegt die eigentliche Tragik des Geschehens begründet.
Ferne sei es uns jedoch, einer schrankenlosen Law-and-order-Mentalität das Wort zu reden. Zu welch abartigen Entgleisungen dies führen kann, ist hinlänglich bekannt. Und wer's vergessen haben sollte, der sei auf die Berichterstattung der Berliner Zeitung Nr.196 vom Dienstag, dem 23. August 2005, Seite 14, verwiesen. Es geht da um die Razzia der Berliner Polizei in der Diskothek "Jeton". Aufgeregt kam Herr Druckepennig mit der Gazette wedelnd in die Redaktion gestürzt. Herr Bajun, der es gewohnt ist, einen Artikel zunächst von der Mitte her aufzurollen, meinte lakonisch: "Nun, was wird das sein? Sicher wieder eine historische Kolumne über einen SA-Überfall auf ein sozialdemokratisches Stammlokal vor fünfundsiebzig Jahren..., Berliner Geschichte!" Nein, lieber Bajun- keine Geschichte - Gegenwart! Hier ist nicht von den Schlägertrupps der SA die Rede, sondern von den Sondereinheiten der Berliner Polizei des Jahres 2005. Straftaten im Vorfeld unterbinden - ja! Erziehen - ja! Aber im demokratisch abgesicherten Rahmen. Faschistoide Prügelorgien terrorisieren - schaffen aber keine besseren Menschen. Die Demokratie bietet genug Möglichkeiten, unsoziale Mitmenschen daran zu hindern, das Gemeinwesen zu schädigen. Man muß keine Securitate-Manieren an den Tag legen.
Im Übrigen, wenn wir dem Bericht des Herrn Kollegen Winkler glauben wollen - und wir wollen - dann ist die dort gehabte Entrechtung von unbeteiligten Persönlichkeiten völlig unakzeptabel. Welche Intentionen bei der Polizei auch immer im Hintergrund gestanden haben mögen, der gute Wille sei hier unbestritten - nichts rechtfertigt ein derart überzogenes Vorgehen gegen zufällig Anwesende. Die erbärmliche Lügerei, das Ringen um lächerliche Ausreden und die unter dem Druck vieler übereinstimmender Aussagen erzwungene, scheibchenweise Korrektur der in höchstem Maße unglaubwürdigen Polizeidarstellung macht das Ganze noch suspekter.
Zündelknaben und Hooligans - es kommt nicht darauf an, sie, abhängig von ihrem Alter, entweder psychologisch zu betreuen oder niederzuknüppeln. Wichtig ist einzig und allein, ihnen die Möglichkeit des Umdenkens einzuräumen, den angerichteten Schaden wieder gut machen zu lassen - oder sie aber, sollten sie sich diesen Optionen gegenüber verschlossen zeigen, diese Fraktion dauerhaft vom Umgang mit dem friedlichen Teil der Gesellschaft auszuschließen. Und zwar konsequent. Konsequenz ist hierbei das Zauberwort.
Abschließend sei zu dem halbwüchsigen Feuerteufel ein Letztes angemerkt: Nach unserem Verständnis entspricht die psychologische Betreuung des jugendlichen Brandstifters durch ein Jugendamt und dessen assoziierte Mitarbeiter durchaus einer mehrjährigen Zuchthausstrafe bei Wasser und Brot. Schon ein einzelner Händedruck würde uns das Äußerste abverlangen - wie muß es erst sein, von diesen Gestalten Tag um Tag bebetet und beseiert zu werden. Schrecklich, apokalyptisch, grauenvoll!
Unsere eingangs getroffenen Aussagen finden an dieser Stelle also eine versöhnliche Relativierung. Es lebe die unergründliche Weisheit des deutschen Richtertums!

6. Volumen
© B.St.Ff.Esq., Pr.B.&Co,2005