Chaos in der Agentur für
Arbeit
B. St. Fjøllfross
Man möchte meinen, das
Einzige, was heutzutage in deutschen Landen noch Progression zu verzeichnen
hat, sind die Arbeitslosenzahlen, die allen Sanierungskonzepten der
schwerkranken deutschen Wirtschaft täglich schneller davonzugaloppieren
scheinen.
Um so nötiger erschiene ein durchorganisiertes Arbeitsamt, welches
sich aller Mittel modernster Kommunikation bediene, um seine Klientel
in Lohn und Brot zu bringen.
Die Wirklichkeit sieht anders aus. Es gibt sie wohl, diese Bereitstellung
modernster Datenwege – doch wie werden sie genutzt?
Da wird beispielsweise ein Arbeitsloser, die bekanntlich kaum zu den
Reichsten der Nation zählen, zu einem Gespräch einbestellt.
Just vor dem Termin verunglückt die Sachbearbeiterin, die den
Herrn Arbeitslosen gerne konsultiert hätte. Nun wäre es
ein Leichtes gewesen, dem Einbestellten kurzerhand telephonisch abzusagen.
Wenn man denn seine Fernsprechnummer besäße. „Aber
natürlich besitzt man die!“ werden Sie, die Sie eventuell
schon mit dem endlosen Formularkram der Agentur für Arbeit zu
tun hatten, einwerfen. „Wofür sonst würde man immer
wieder und jedes Mal aufs Neue dieselben Bögen auszufüllen
haben, gespickt mit allen persönlichen Daten. Und immer und immer
wieder hämmern die Angestellten der Agentur die gleichen Datensätze
in die Agentureigenen Rechner. Da müssen sie ja dann wohl präsent
sein!“
Müssen sie nicht. Statt dessen finden sich in der Maske des vorbenannten
Arbeitslosen ominöse Nummern, die derjenige selbst noch nie gesehen
hat. Kein Wunder also, daß man ihn nicht erreichen konnte.
Macht nichts. Irgendwann gesundet die Dame von der Agentur und ist
Gott sei Dank wieder arbeitsfähig. Nun beginnt das Spiel von
neuem! Einbestellung! Der Arbeitslose hingegen hat einen Job in Aussicht
– selbst besorgt! Das Gespräch entbehrt somit jeder Notwendigkeit.
Der Arbeitslose möchte das der Dame vom Arbeitsamt mitteilen.
Ihre Nummer hat er ja – sie steht auf ja auf jedem Korrespondenzbogen.
Er ruft an und – hat das Servicecenter der Agentur für
Arbeit in Cottbus am Ohr.
Diese Erfindung ist nun ganz etwas Besonderes. Am ehesten ließe
sie sich mit der Jerusalemer Klagemauer vergleichen: Sabbeln Sie,
was Sie wollen! Vielleicht hört’s der HErr, vielleicht
auch nicht. Sie können auch, um sicher zu gehen, einen Wunschzettel
in die Mauerfugen stopfen. Da bleibt er dann, bis er verrottet.
So funktioniert das in Cottbus auch. Sie reden, man hört Ihnen
zu. Man klackert auch etwas in die Rechner. Wo die Nachricht aber
hinkommen soll, da kommt sie nie an! Hat man zu Cottbus gleich in
den Papierkorb geschrieben? Funktioniert die Datenübermittlung
nicht, oder halten die regionalen Sachbearbeiter ihre Mailpostkästen
für überflüssigen Schmonzes?
Es kommt kein Rückruf, keine Bestätigung, kein gar nichts!
Wir gelangen zu dem Eindruck, daß sich die Mitarbeiter der Agentur
für Arbeit hauptsächlich damit befassen, Daten zu erfassen
um sie gleich hernach wieder zu löschen. Nur die Daten, mit deren
Hilfe man den Arbeitslosen die Bezüge kürzen kann, die werden
in Granit gemeißelt.
Die Frau unseres Arbeitslosen hat es nun auch erwischt. Nachdem sie
erkrankte, wurde sie gefeuert. Nichtsdestotrotz kam sie ihrer Pflicht
nach, sich beim Arbeitsamt zu melden. Die Erkrankung hielt an –
so nahm das Arbeitsamt ihre Daten dankend aber mit Bedauern entgegen:
Sie stünde nicht dem Arbeitsmarkt zur Verfügung; also sei
sie kein Fall für die Agentur. Krankheit vorbei. Arbeitsamtsbesuch
obligat. Frage an das Servicecenter (an wen sonst...?) „Muß
ich erneut einen Anmeldebogen ausfüllen?“ Antwort: „Nein,
müssen Sie nicht. Wäre ja albern. Ihre Datensätze sind
doch alle schon da!“ Klingt logisch und daher - verdächtig!
Nichts in dieser Agentur wies nach unseren Erfahrungen bisher auf
logische Abläufe hin. Wir konnten eher das Gegenteil beobachten.
(Natürlich mußte die Dame einen neuen Anmeldebogen ausfüllen...!)
Das einzige, was uns folgerichtig erscheint, ist die fortwährende
Umbenennung der Einrichtung. Ähnlich wie ein Halbweltvertreter
sich des Öfteren mal ein neues Pseudonym zulegt, wenn das alte
verbrannt ist, so scheint das auch hier zu funktionieren. Aber das
ist alles Blendwerk und Gaukelei. Die Arbeit der Angestellten der
Agentur soll effizienter zum Wohle der Arbeitslosen gestaltet werden.
Man wimmelt Telephonierer ab, um den Sachbearbeitern den Rücken
für ihre eigentliche Tätigkeit freizuhalten und dieser neue
Wind soll auch einen neuen Namen haben. Bis dahin ist auch alles ganz
gut angedacht. Nur – das System müßte auch arbeiten.
Und die nächste zu klärende Frage wäre, woher die Angestellten
der Agentur für Arbeit bei einem kollabierenden Arbeitsmarkt
neue Arbeitsplätze hervorzaubern sollen? Mummenschanz! Gemessen
an ihrer Effektivität erscheint uns die Agentur für Arbeit
schlichtweg eine zu luxuriöse und sinnlos teure Einrichtung.
In Zeiten, in denen der Dampf aus dem Wirtschaftsballon Bundesrepublik
Deutschland ’raus ist, sollte man intensiv darüber nachdenken,
welcher Ballastsäcke man sich schnellstmöglich entledigt,
ehe wir allesamt auf dem Acker aufschlagen. Kostspielige Institutionen
mit geringer Erfolgsquote sollten die Prioritätenliste anführen!