Ärger mit der BfA
B. St. Fjøllfross
Spielen Sie Skat? Na, dann wissen
Sie ja, was der Begriff „mauern“ umschreibt: Sie haben
ein Superblatt auf der Hand und einer ihrer Mitspieler reizt so hoch,
bis sie selbst unvorsichtig werden und ihr eigenes, an und für
sich todsicheres Spiel überbewerten. Steigen sie vorher aus,
fällt der „Maurer“ bitterböse auf die Schnauze.
Das nutzt Ihnen aber wenig. Außer seinen Minuspunkten fressen
Sie den Ärger über Ihr entgangenes Spiel in sich hinein.
Wollen Sie aber ihr eigenes Spiel um keinen Preis drangeben –
und das entspricht am Ehesten der menschlichen Psyche, dann pokern
Sie mit. Und begeben sich aufs glatte Eis.
Wie immer die Ausbildung bei der Bundesversicherungsanstalt für
Angestellte (kurz BfA) aussehen mag, wir sind uns sicher, ein Schuß
unfairer Kneipenskat gehört in jedem Falle dazu.
Da kann ein Mann seinen erlernten Job nicht mehr ausüben –
das Kreuz ist im Eimer. Er muß etwas anders lernen. Die BfA
ist für ihn zuständig. Man nennt den armen Teufel einen
Rehabilitanden.
Damit die Suche nach einem neuen Broterwerb nicht ins Leere zielt,
testet man den Herrn in einer spezialisierten Einrichtung, die nach
anderthalb Wochen feststellt, daß Ihr Proband so ganz doof nicht
ist. Man schickt ihn mit der Empfehlung: „Macht einen Logopäden
aus ihm!“ zur BfA zurück. Die runzelt die Stirne. Denn
die BfA versucht, die Kröten beisammen zu halten. So bildet sie
in der Regel nur Berufe aus, die sich auf eine zweijährige Lehrzeit
zusammenkürzen lassen. Das aber ist beim Logopäden nicht
der Fall: Drei Jahre – und keinen Tag weniger. Da beißt
die Maus keinen Faden ab.
Logopäde – das hätte aber auch unbedingt seine Vorteile.
Das Gebiet, in dem der Anwärter wohnt, ist logopädisch völlig
unterversorgt. Nach neuester Gesetzsprechung könnte er sich nach
bestandenem Examen sofort selbständig machen – ein Glücksfall
für ihn und für die Gesellschaft, der täglich mehr
Nettoeinzahler in die Sozialkassen verloren gehen.
Doch so weit rechnet die BfA nicht. Sie läßt erst einmal
„mauern“, daß sich die Balken biegen: Nein, die
BfA schickt keine Rehabilitanden in die logopädischen Schulen.
Die aber sagen etwas grundsätzlich anderes: In jedem Kursus haben
wir mindestens einen, wenn nicht zwei Rehabilitanden von der BfA.
Honi soit qui mal y pense!
Nun gut, ein solches Spielchen hält der Umschulungsanwärter
nicht durch. Dazu ist er zu arm. Das wissen auch die gewieften Profis
von der BfA. Der arme Teufel zeigt sich kompromißbereit und
akzeptiert Plan B: Die Umschulung zum Medienmann. Die Aussichten,
nach dieser Maßnahme einen Brötchengeber zu finden, sind
weitaus schlechter. Er weiß das, die BfA weiß das –
es kümmert sie nicht.
Es kann sie nicht kümmern, denn vorerst sind sie damit befaßt,
wie sie sich des lästigen Plagegeistes ganz entledigen können.
Da kommt ihnen das Testergebnis einer medizinischen Untersuchung ganz
gelegen. Die Leberwerte sind erhöht. Das kann nun viel bedeuten:
Leberkrebs, Diabetes, Bauchspeicheldrüsenkrebs, Hepatiden, genetisch
prädisponierte Fettleber, Medikamenteneinnahme, Alkoholmißbrauch.
Und Letzteres fasziniert den Medizinischen Dienst der BfA besonders.
Denn das wäre der Schlüssel zum Glück. Ist der Mann
Alkoholiker, so braucht ihn die BfA nicht auszubilden – bestünde
doch die ernste Gefahr, daß er wegen seiner Trunksucht mitten
in der Umschulung ausfällt. Gäbe es da nicht den sogenannten
CDT-Wert. Das Carbohydrat-defiziente Transferrin (CDT) gibt als zuverlässiger
Marker Auskunft über das Suchtverhalten eines Menschen. Unter
2,5% gilt es als völlig unbedenklich. Das in unserem Falle gemessene
CDT valuierte bei 1,4%! Der Mann war erwiesen „clean“.
Und das zum Zeitpunkt der allerersten Blutentnahme. Doch an diesem
vernachlässigbaren Fakt störte sich der Medizinische Dienst
der BfA keineswegs. Die Leute, die so ungern ihre dienstlichen Telephonnummern
herausgeben, begannen nun auch zu „mauern“.
Was uns daran stört, ist, daß hier auf verlorenem Posten
aus Gründen engstirnigster Dummheit das Schicksal eines Menschen
gefährdet wird. Es kotzt uns an, daß diese Behörde
ihren Mitarbeitern gestattet (und sie mutmaßlich dazu anhält),
mit so idiotischen Mitteln die Gelder ihrer Versicherten und der Gesellschaft,
in die sie integriert ist und der sie nach besten Kräften zu
dienen hat, zum Fenster hinaus zu werfen.
Diesem Treiben muß Einhalt geboten werden! Daß der kanadische
Professor Lawrence C. Peter die Wurzeln jenes behördlichen Schwachsinns
hervorragend beschrieben hat, rechtfertigt noch lange nicht, daß
man sich mit ihnen abfinde. Ob es nun gleich ein Kampf gegen Windmühlen
werde oder nicht – wir werden die Herausforderung annehmen.
Und wir werden wieder berichten.