Zensur in Pannonien
Orbáns Kriegserklärung an das freie Europa
B. St. Fjøllfross
Die Hunnen übernehmen mit dem Jahreswechsel von 2010 auf 2011 den
Vorsitz des Rates der Europäischen Union. Nun macht sie dieses
eher symbolische Amt zwar nicht zu den Herren des Alten Kontinents.
Sie sollen aber nicht glauben, dass man die Possen, die zu Ofen und
Pest ausgeheckt werden, nicht wahrnimmt. Die Ratspräsidentenschaft
mit einem solchen Generalangriff auf eine der Säulen der okzidentalen
Demokratie zu beginnen, diskreditiert die Union mehr als es die Griechen
mit ihren getürkten Wirtschaftsberichten je vermochten. Wer hat
den unseligen Viktor Orbán, derzeitiger Ministerpräsident
unter der Krone Stephans, so infam beraten, was hat den Hunnen geritten,
eine solche Attacke gegen die Presse Ungarns und damit gegen die Freiheit
Europas zu reiten? Der Satan etwa? Oder das Gespenst Horthys, der Pfeilkreuzler
gar, die seit jüngstem in der Puszta wieder ganz mächtig an
Kraft und Ansehen gewinnen? Dieses Banditenstückchen kann keinen
Bestand haben, wenn Europa noch Achtung vor sich selbst hat. Unsere
Herzen schlagen auf der Seite der tapferen ungarischen Presse, die sich
das Maul nicht stopfen lassen will, auf der Seite der Kollegen Journalisten
und Redakteure, die Widerstand leisten und sich nicht beugen lassen
– selbst auf die Gefährdung der eigenen Existenz hin. Népszabadság
und Népszava halten die Fackel einer freien, sozialdemokratischen
Presse hoch. Die "Volksfreiheit" und die "Volksstimme"
im Titel führend, ist ihnen ihr Name gleichsam Verpflichtung, die
sie trotzig mit Leben und Substanz erfüllen. Haltet durch! Orbán
wird sich nicht ewig halten. Wichtig ist, dass Europa Ungarn nicht fallen
lässt. Nicht die Ultrakonservativen sind damit gemeint, die auf
einer üblen Welle reiten. Denn Ungarn, sicher ein Vertreter der
Gruppe, die aus politisch-wirtschaftlichen Aspekten verfrüht in
den europäischen Staatenbund aufgenommen wurden, hat noch immer
mit den Folgen des Systemwechsels auch 20 Jahre nach dem Ödenburger
„Paneuropäischen Picknick von Sopron“ im Jahre 1989
zu kämpfen. Auch die massenweise Flucht deutscher und westeuropäischer
Firmen in die billigeren Außenbereiche der Union konnte dem Problem
der Massenarbeitslosigkeit und der Armut weiter Teile der Bevölkerung
nicht wirksam begegnen. Hunger und Angst ums Morgen aber treiben einfache
Gemüter stets in die Arme nationalistischer Heilsbringer. Wir haben
Ungarn in die Gemeinschaft aufgenommen. Punkt! Seit Ödenburg/Sopron
haben wir also sicherlich nachgerade eine moralische Verpflichtung gegenüber
den magyarischen Mitbewohnern des europäischen Hauses, der wir
uns ja schließlich in der Frage der Aufnahme des trickreichen
Griechenlands als Mutterland der europäischen Demokratie ebenfalls
nicht entziehen konnten. Moralische Erwägungen können wirklich
manchmal zu teuren Hypotheken werden. Aber sei's drum. Nu isses so.
Also muss Europa seine brüderlich-liebende Unterstützung die
Donau hinunter schicken, die Hunnen ans Herz drücken, dass den
Enkeln der Pfeilkreuzler, der rechtsnationalen Fidesz, das Atmen vergeht.
Und die seriösen europäischen Regierungschefs müssen
Farbe bekennen! Von dem Italiener Silvio B. wollen wir mal hierorts
verschämt schweigen, denn der wird das Bubenstück aus Budapest
sicherlich lauthals begrüßen. Die deutsche Kanzlerin und
der französische Präsident mit der ungarischen Herkunft aber
müssen sich auf die Hinterbeine stellen. Sie müssen! Und auch
Downing Street soll den Union Jack aufziehen! Denn wer Orbán
jetzt noch die Hand gibt, der soll sich nicht mehr Europäer nennen!
Der nimmt den Spaten in die Hand, mit dem Europa zu Grabe getragen wird!
Wir sind Europäer. Wir wollen nicht zurück in die Zeiten der
Nationalstaaten und der Pressezensur, die wir getrost den Zaren von
Minsk, Kiew und Moskau überlassen wollen. Der deutsche Steuerzahler
trug sein erklecklich Scherflein dazu bei, die Griechen zu retten, und
er wird auch Lissabon und Dublin nicht fallen lassen. Nun aber gilt
es, dass das deutsche Volk beiträgt die ungarische Pressefreiheit
zu bewahren. Wie das gehen soll? Nun, auch unser Herr König Heinrich
I. fand im Jahre 932 eine eindeutige Antwort auf einen ähnlich
frechen Angriff aus der Puszta: Er warf den Steppensöhnen einen
toten Hund vor die Füße! Im Anschluss zwangen Riade und das
Lechfeld die Ungarn zum Umdenken. Wir wollen und können Orbán
keine gepanzerten Lanzenreiter entgegensenden. Die Zeiten haben sich
geändert und auch ihre Methoden. Unwirksamer sind sie deshalb keineswegs
geworden – wenn nur Wille und Entschlossenheit dieselben geblieben
sind!
Die europäische Pressefreiheit ist seit langem schon von einer
Entwicklung bedroht, an deren Ende sie nur noch Makulatur ist. Es sind
- außer in Italien und den Staaten hinter dem Bug - noch nicht
die Regierungen, die offen Druck ausüben, sieht man mal von der
Spiegelaffäre und den Intrigen ab, die gegen Theo Koll von höchsten
Stellen gesponnen wurden. Bislang sind es die Inserenten, die Abonnenten
und der Publikumsgeschmack, welche eine freie Berichterstattung mehr
und mehr limitieren und kanalisieren. Das zieht sich von Spitzenorganen
bis hinunter zu lokalen Provinzblättchen. Staatliche Restriktionen
eröffnen so gesehen eine zweite Front. Spätestens in diesem
Augenblick beginnt der Kampf ums Überleben - nicht zuletzt für
ein demokratisches Europa!
Deshalb protestiert der Preußische
Landbote schärfstens gegen das Inkrafttreten des ungarischen Mediengesetzes
und der damit verbundenen Pressezensur. Wir fordern Brüssel und
Straßburg auf, die Rechtmäßigkeit dieser ungarisch-nationalen
Gesetzgebung zu überprüfen und, bei Feststellung der Unrechtmäßigkeit,
gegen die ungarische Regierung harte Maßnahmen zu ergreifen, welche
Orbán und die Fidesz zum Umdenken zwingen. Wir fordern die Staaten
der Europäischen Union auf, Ungarn vor die Alternative zu stellen,
das Gesetz zu kippen oder auf eine weitere Mitgliedschaft in der Europäischen
Union zu verzichten!
Für die Redaktion
B. St. Fjøllfross
Kotofeij K. Bajun
Scholcher M. Druckepennig
Jules-Francois Savinien Lemarcou
Akinokawa Michi
Don M. Barbagrigia
Michael L. Hübner
David Katz
Brandenburg an der Havel, am
04. Januar 2011