Gift im Futter
Deutschland hat seinen Dioxin-Skandal
Kotofeij K. Bajun
So etwas kann doch nur den schlamperten Italienern passieren, bei denen
ja bekanntlich die Mafia das alleinige Sagen hat. War doch so, oder?
Seveso, 10. Julei 1976... Dioxin – den Begriff hörte der
europäische Nicht-Chemiker an diesem Tage wahrscheinlich zum ersten
Mal. Nun hat's das Land unter den Eichen erwischt. Die germanischen
Brüder nördlich der Alpen. Qualität aus deutschen Landen,
ach du lieber Himmel! Das Viehzeug, das unter erbärmlichen Bedingungen
gehalten wird, ist mit Dioxin-verseuchtem Futter versorgt worden. Deutschland
hat wieder einen handfesten und republikerschütternden Eklat. Es
ist wirklich skandalös, wie die Kreatur in der Massentierhaltung
vor sich hin leiden muss. Enge Käfige, kaum Sonnenlicht, Stress
pur – und jetzt auch noch verseuchtes Futter... „Bajun,
halt, Menschenskind, was reden Se denn da? Es geht doch um die Menschen,
die Konsumenten, die sich nunmehr an ihrem Frühstücksei zu
vergiften drohen. Dir reichern doch nun die polychlorierten Dibenzo-p-dioxine
und Dibenzofurane in ihren Körpern an, brüten irgendwann mal
Krebs aus und verrecken dann elendiglich daran! Über die müssen
Se schreiben und was man denen antut...!“ Muss ich? Muss ich das
wirklich? Manchmal ist es von Vorteil, wenn man stellvertretender Chefredakteur
eines eigenen und nicht kommerziell orientierten Blattes ist. Da kann
man dann schon mal zu Papier bringen, was man selber für gut und
richtig hält. Die Nackten Affen zahlen dem Preußischen Landboten
nicht mehr, als es die gequälten Hühner und Schweine tun –
also setzen wir nichts zu, wenn wir mal die Welt aus deren Augen betrachten.
Ein Skandal ist, dass der Nackte Affe auf seine von Gott verordnete
Verantwortung den Mitgeschöpfen einen großen Haufen scheißt
– und das tut er von der obersten politischen Ebene angefangen
bis hinunter zum geizigen Konsumenten, der lieber ein paar teure Silvesterraketen
am Himmel verpuffen lässt, anstatt ein paar Groschen mehr für
seine Nahrungsmittel aufzuwenden. Das sind die Groschen, die in ihrer
Gesamtheit jene Bauern und Landwirte, Tierzüchter und Fleischproduzenten
bevorteilen würden, welche eine verantwortungsbewusste, tierfreundliche
Haltung betreiben, eine Haltung, welche das Leben der Kreatur achtet,
auch wenn sie als Nahrungslieferant vorgesehen ist.
Seine Gier hat den Menschen schon immer verführt, sich über
die Natur zu erheben, deren unbedeutender Teil er doch ist. Diese Handlungsweise
trägt den Keim des Zurückschlagens der entfesselten Kräfte
bereits in sich. Das ist so sicher wie das Amen in der Kirche. Und es
ist das, was wir unter göttlicher Gerechtigkeit verstehen. Gierige
Nackte Affen halten Tiere unter KZ-ähnlichen Umständen, um
ihre eigenen Wohlstandsleiber in Luxuskarossen durch die Gegend zu schaukeln,
teure Liebesdienste zu erkaufen und mit einem Status zu pranzen, der
sie eher als Gossenbanditen kennzeichnen würde. Diese Leute sehen
auch keinen Vorteil darin, ihre Mitmenschen um einen Deut besser zu
behandeln. Also rein mit den technischen, dioxin-verseuchten Fetten
in die Futtermittel! Hauptsache, der Rubel rollt. Nun geht das große
Aufstöhnen durch die deutschen Gauen, gepaart mit viel Resignation:
die das machen ja doch mit uns, was sie wollen, wir können uns
ja nicht wehren. Doch! Können wir! Wir können die Halunken
ächten, wir können sie boykottieren, wir können auf unsere
Politik einwirken, die Tierschutzgesetze dramatisch zu erweitern, die
Daumenschrauben des Strafkanons bis zur Unerträglichkeit anzuziehen.
Solange wir das nicht tun, sollten wir das sinnfreie Gejammer um dioxin-verseuchte
Nahrungsmittel lassen. Wir ernten nur, was wir selbst gesät oder
was wir zu säen geduldet haben. Wir bekommen mit der Münze
ausgezahlt, die wir selbst in Umlauf brachten. Und das ist gut so.