Bitte nicht!
oder – ohne Geographie- oder sonstige
Kenntnisse auf dem Weg ins Weiße Haus
David Katz
Bitte, bitte nicht! Ihr Yankees habt uns dort, wo ihr uns immer haben
wolltet – auf den Knien! Um des Himmels willen, wir bleiben auch
immer eure braven Idioten in Merry Old Europe – aber tut uns das
nach Dickie-Boy „Watergate“ Nixon, Ron Reagan, den beiden
Bush's, von denen der jüngere und hoffentlich letzte aus dem texanischen
Clan der größte anzunehmende Unfall im Oval Office war, nicht
an! Wir flehen um euer Erbarmen! Nicht Sarah Palin, bitte nicht! Natürlich
würden wir uns freuen, wenn die 45. oder 46. Präsidentschaft
eures Landes erstmals durch eine Frau besetzt würde! Wir, die wir
keine Probleme damit hätten, wenn auch der 55. Komtur von Balga
ein rechtes Weib mit Herz und Verstand wäre! Aber mit Herz und
Verstand! Darauf kommt es an! Warum nicht Hillary Clinton? Die hat beides
im Übermaß. Wir würden Applaus klatschen! Aber doch
nicht die böse Schneekönigin von Alaska. Die so dumm ist,
dass selbst die Eisbären, die doch jede Mülltonnen umkehren,
sie nicht beißen würden. Da stellt sich doch die dusslige
Sarah tatsächlich hin und tönt, man müsse bei der innerkoreanischen
Auseinandersetzung, die sich mit den jüngsten Angriffen der Irren
von Pjöngjang auf den demokratischen Nachbarn im Süden ereigneten,
fest an der Seite des nordkoreanischen (sic!) Verbündeten stehen.
Wir haben es gehört. Es war ihre Stimme! Ja, ist denn das Weib
von allen guten Geistern verlassen? Steht sie auf der Gehaltsliste der
Feudalkommunisten aus Nordkorea? Nein, mitnichten. Man kann ihr einiges
unter die Nase reiben – aber das denn nun wirklich nicht. Sie
ist einfach nur dumm, bodenlos dumm und mit diesem Attribut behaftet
eine wahrhaft repräsentative Vertreterin ihrer großkotzigen
und ignoranten Nation. Für das alte Rom waren alle Nichtrömer
Barbaren. Unisono. Hauptsache die Barbaren lieferten das Brot für
die römischen Mägen und die Leiber zum Schlachten für
die römischen „Spiele“. Der Rest war ihnen scheißegal.
Wo lag Gallien, wo die dakischen Provinzen, wo Judäa und wo die
Cyrenaika? Ist doch wurscht. Rom ist wichtig. Der Rest ist bedeutungslos.
Und das Vierte Rom, die U.S.A., denken mehrheitlich genauso, tuten unentwegt
ins selbe Horn. Das macht uns Angst. Was soll bei einem Volk herauskommen,
das einen Schauspieler zum Präsidenten und einen Bodybuilder und
drittklassigen Mimen zum Gouverneur wählt? Wir sagen's an dieser
Stelle: ein Volk, das eine nicht mehr ernst zu nehmende, pfingstlerische
Fundamentalistin wie Sarah Palin zur Gouverneuse von Alaska wählt.
Es lohnt vielleicht der Frage nachzuspüren, was im sonst wohl ziemlich
leeren Kopf der wirren Sarah vorgegangen sein mag, als sie diesen irrwitzigen
Blödsinn schnatterte. Am wahrscheinlichsten dünkt uns die
Erklärung, die alaskische Regierungschefin beging einen Freud'schen
Versprecher: Der Norden ist ihr Sinnbild für alles Klare, Reine,
moralisch Unanfechtbare, gerad' so, wie ihre Heimat eben – und
ihre blitzsaubere Familie, deren 17 und 18 jährige Töchter
nur mal eben ganz unrepublikanisch, von animalischen Trieben gesteuert
vor der Ehe rummachen und mit dicken Bäuchen nach Hause kommen.
Der Süden aber ist das Sinnbild alles Bösen: Sezessionisten,
rebellische Neger auf Baumwollfeldern, mexikanische Haushälterinnen,
kolumbianische Opiumbarone, Milch verteilende Allendes, Diamanten schiebende
Negerfürsten – also kurz und gut: Drogen, Chaos, Anarchie,
Warlords, vor- und außerehelicher Geschlechtsverkehr. Vielleicht
deswegen die innere Abkehr von Südkorea und die Zuwendung zum Gottseibeiuns.
Man wird es wohl nie bis ins letzte ergründen. Muss man auch nicht.
Lehnen wir uns derweil am Kamin in den Sessel und träumen uns in
vergangene Zeiten zurück, hundertzwanzig Jahre etwa.
Die Goldgräberzeit im nördlichsten Bundesstaat der U.S.A.,
der soeben für ein paar Kopeken vom hirnweichen russischen Zaren
erstanden wurde, mag eine harte Epoche gewesen sein – aber sie
hatte doch auch ihre guten Seiten. Da wären zu nennen: Die Nuggetfunde,
Jack Londons Erzählungen und - eine wie Palin hätten die Roughnecks
als Animiermädchen in den Saloon gesteckt oder, wenn sie herumgezickt
hätte, den Yukon hinuntergespült. Das hätte zwar sicherlich
Alaskas Küsten ebenso auf die Probe gestellt, wie seinerzeit der
versoffene Käpt'n der Exxon Valdez, aber eben hundert Jahre früher.
Diese Trulla, die zu dämlich ist Nord- und Südkorea auseinanderzuhalten,
obwohl die koreanische Halbinsel nur am Alaska schräg gegenüberliegenden
Ufer des Pazifik liegt, und damit einen politischen Eklat erster Ordnung
heraufbeschwört, bewirbt sich allen Ernstes nach ihrer verlorenen
Kandidatur um die Vizepräsidentschaft nun gar um die Präsidentschaft
der Vereinigten Staaten. Dabei heißt es doch, diejenigen, die
ein solches Rennen in Amerika einmal verloren hätten, wären
ein für alle mal weg vom Fenster. Aber Palin ist anscheinend ein
Stehauffrauchen. Wir würden uns ja auf dem Boden wälzen vor
Lachen, wenn wir unsere Hillbillies nicht so genau kennen würden,
dass wir uns auf geradezu unheimliche Art sicher sind – es liegt
durchaus im Bereich des Reellen. Die roten Teufel von Pjöngjang
werden sich statt unser vor Lachen auf den leeren Autobahnen Nordkoreas
wälzen. Aber Vorsicht! Denen wird das Grinsen noch am ehesten vergehen.
Einer mit Grips, einer wie Kennedy oder Obama, der ist besonnen, der
drückt nicht so schnell auf den Knopf. Eine wie Palin aber, die
in der übelsten Tradition der Präsidenten steht, die wir weiter
oben bereits nannten und deren Namen unser Blatt nicht überflüssigerweise
verunzieren sollen, der traut man schon eher mal eine auch handgreifliche
Entgleisung zu. Nein? Keine Erinnerung mehr an Reagan's „Reich
des Bösen“, wie er es zu Island ins abgeschaltet geglaubte
Mikrofon hinein anlässlich einer Sprechprobe deklamierte? Amis,
bitte, kommt einmal in eurer kurzen Geschichte zur Vernunft! Nicht sie!
Führt kurzzeitig die Inquisition ein! Schubst sie in den Yukon!
Schickt sie mit dem letzten Spaceshuttle auf die ISS! Ohne Rückfahrschein.
Macht irgendetwas. Aber macht sie nicht zur Präsidentin. Nicht
die dumme Sarah! Uns steht die nackte Angst ins Gesicht geschrieben.
Und wenn wir von nackter Angst sprechen, dann meinen wir einen schweißtreibenden
Albtraum, hinter dem sogar unsere Sorge vor den roten Hungerleidern
aus Nordkorea verblasst. Ein Kasper ist eines Schalksnarren wert, sagt
man. Aber diese Frau ist gefährlicher als alle Irren des Kim-Clans
zusammen. Denn – lasst ihr sie ins Weiße Haus, dann schiebt
sie auch die amerikanischen Flugzeugträger auf den Weltmeeren hin
und her. Und dann gnade uns allen der liebe Herre Gott!