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Brot für Welt – aber die Wurscht bleibt bei uns!
oder - drei Musketiere poltern gegen den Länderfinanzausgleich

J.- F. S. Lemarcou
Jetzt langt's ihnen! Die reichen Bundesländer stellen sich auf die Hinterbranten und brummen finster gegen ihre armen Vettern. Bis zum Sommer sollen die erklären, dass sie auf erkleckliche Teile des Länderfinanzausgleichs verzichten und... Quatsch! Ganz abnabeln sollen sie sich vom Tropf, das elende Bettlervolk! 8,3 Milliarden Euro pumpten Bayern, Baden-Württemberg, Hessen und Hamburg in die sozialen Abstiegszonen der Bundesrepublik. Dabei reichte das Aufkommen Bayerns, das mit 2,9 Milliarden das generöseste Füllhorn ausschüttete, nicht einmal aus, den von Klaus Landowsky und später dem rot-roten Senat in den Abgrund gekarrten Haushalt von Berlin zu entlasten, der schon mal 3,2 Milliarden allein für sich einsog. Das Geschehen erinnert fatal an die Lieblingsbeschäftigung der Blaue Elise. Möglicherweise bleiben die vier Geber in dem Bild und sehen sich in der Rolle der zwar ungemein potenten, nichtsdestoweniger ewig auf der Flucht vor dem gierigen Erdferkel befindlichen roten Ameise Charly. Sie wollen nicht mehr. Kein Wunder. Wenn die Bayern ihren Abakus vom Stadl herunterholen und ein paar bunte Kugeln hin und her schieben, stellen sie fest, dass ein jeder von ihnen, vom Säugling bis zum strammen Alm-Öhi ein jedes blau-weißes Landeskind rund zweihundertfünfzig Euro jährlich für diejenigen berappen muss, die es offensichtlich auf keinen grünen Zweig bringen. Und das, obwohl sie mit der Pleite der Bayern LB eine fette Eisenkugel am Fuß mit sich herumschleppen. Da kommt nicht mal auf der Wies'n die Lust zu Plattlern auf. In Schwaben sieht es ganz ähnlich aus. Auch die krakelen nun laut – haben sie doch ihre Schaffe-Schaffe-Häusle-baue-Herzen kollektiv an den Holländer-Michel verkauft. Den Hessen zu Wiesbaden und Mainhattan fällt das alte Shakespeare-Zitat aus „Heinrich dem Fünften“ wieder ein: Schlecht ist der Knecht, der blecht! Nur die Hanseaten zu Hamburg halten sich noch vornehm zurück. Schließlich muss Deutschlands Tor zur Welt „nur“ eine schlappe Drittelmilliarde zu den Handaufhaltern schicken. Gemessen aber an Fläche und Bevölkerungsstärke ist es trotzdem eine spürbare Last. Wer weiß, was in den Köpfen der Hamburger vorgeht! Vielleicht hat sie ihre tausendjährige Handelstradition genugsam gelehrt, dass sich der Wetterhahn auch ganz fix wieder drehen kann. Mütterchen Elbe gibt’s ihnen der Öfteren mal von oben wie von unten, von hinten wie von vorne. Da wäre man schlecht beraten, sich zu den Schreihälsen aus dem Süden zu gesellen. Könnte sein, die Hilfsbereiten, die bei Sturmflut ebenfalls heranstürmen um Sandsäcke zu packen, hätten ein gutes Gedächtnis. Das sind immerhin zwölf unheilige Brüder, die aus dem Bundeskropf geatzt werden wollen. Da alle fünf mitteldeutschen Bundesländer logischerweise ebenfalls zu den Netto-Empfängern zählen, sei den dreien aus dem Süden gesagt: Wenn ihr diese Länder nicht jahrelang nur als eine Art moderne innerdeutsche Kolonie betrachtet hättet, deren Bantu-Negern man gerade mal eine verlängerte Werkbank und ein paar hübsche Glasperlen zugesteht, müsstet ihr heute nicht blechen. Hat euch der Holländer-Michel das nicht gesagt? Als der Kohlenmunk-Peter sich im Rahmen seines zweiten Wunsches vom Glasmännlein ein Fuhrwerk mit Pferden erbeten hatte, wurde der Berggeist von der Alb ziemlich ungehalten: „Verstand hättest du dir wünschen sollen, Peter, Verstand!“ Schon vergessen, liebe Schwaben? Aber hemmungslose Gier hat schon immer jeden Verstand niedergebügelt.
Wir können nicht für die anderen Bedürftigen sprechen. Es erscheint uns lediglich als wahrscheinlich, dass Nordrhein-Westfalen und das Saarland den Strukturwandel der Siebziger und Achtziger noch immer nicht verdaut haben und man in den Flächenländern wie Niedersachsen und Schleswig-Holstein an den Segnungen der europäischen Agrar-Regulierungswut zu kauen hat. Alles in allem aber zeichnet sich ab, dass sich Mitteleuropa wie ein erfrierender Leib zu zentralisieren beginnt. Rund um die Alpen geht es immer mehr bergauf, während man in Italien den Süden am liebsten im Mittelmeer und in Deutschland den Norden gern in der Deutschen Bucht versenken würde. Bloß weg damit! O Herr, der Kurzsichtigkeit deiner zur Wohlstand gekommenen Geschöpfe ist kein Ende!
Deshalb erinnern wir mal ganz vorsichtig daran, dass man noch vor hundert Jahren auf der Alb den Kitt aus den Fenstern gefressen hat und im Lande des Märchenkönigs sah es bis 1972 auch nicht viel besser aus. Dieses aber nur als kleiner, marginaler Wink mit dem Zaunpfahl. Weiter winken sollten in den erzkatholischen Bastionen des Südens die Pfarrer von den Kanzeln, mit der Heiligen Schrift in der Hand, in der bereits nachzulesen ist, dass der Hochmut alleweil vor dem Fall kommt.
Den dreien von der nationalen Tankstelle aber sei gesagt. Eine auch nur gedankliche Verabschiedung vom Länderfinanzausgleich, auch wenn sie nur im Kontext der anstehenden Wahlen in die Gaue hinausgeblafft wird, ist ein erster Schritt hin zum Separatismus, zur Sezession, zur Aufkündigung des Bundes. Deutschland wird als Ganzes wahrgenommen, gerade so wie sein südlicher Bruder Italien. Ein made in Bavaria, Baden-Württemberg oder Hesse würde keinen Hund hinter dem Ofen hervorlocken. Ade, globaler Absatzmarkt! Zweitens: die europäische Halbinsel nimmt sich gemessen am aufstrebenden Reich der Mitte noch bescheiden genug aus. Wohlgemerkt, wir sprechen nicht einmal von der Bundesrepublik. Die isolierten Fleckchen Bayern, Rheinland-Pfalz, und Hessen hätten vielleicht gerade mal noch spartentouristischen Wert. Klein aber fein? Vergesst es! Das zieht auf Dauer nicht.
Drittens. Das Signal würde auch in Europa übel vermerkt werden, denn die Bundesrepublik als Staat zählt zu den Debitoren der EU. Und wer im Kleinen zu stänkern anfängt, zeigt damit an, dass er seine Geisteshaltung früher oder später auch eine Ebene höher anhängig machen wird. Viertens: die Römer, welche ja die europäische Kultur bis in die Gegenwart hinein nachhaltig prägten, formulierten ihre Einsicht mit den weisen Worten: Divide et impera! Teile und herrsche! TEILE! Und herrsche! Nicht: Raffe und herrsche! Die Römer waren nicht so doof, dass man nicht auf sie zu hören bräuchte. Sie wussten sehr genau, warum sie was sagten. Und Letztens: Nehmt den Ärmeren die Subsidien! Macht nur! Immer los! Dann werden sie erst recht nicht mehr nach zu Potte kommen. Haben sie so schon kaum eine Chance – dann haben sie gar keine mehr. Soziale Unruhen und Destabilisierung, die dann um sich greifen werden, kommen München, Stuttgart und Wiesbaden dann mit Sicherheit so teuer, dass sie sich wünschen werden, sie könnten auf einen anderen Planeten umziehen. Denn die sozialen Erdbeben schicken ihren Erschütterungen über alle Landesgrenzen hinweg.
Aber was regen wir uns eigentlich auf? Es klang bereits an: Das Ganze ist mutmaßlich wahlkampforientierter Theaterdonner. Denn all das, was hier gepredigt wurde, gehört in den Staatskanzleien zu München, Stuttgart und Wiesbaden zu den Allgemeinposten. Das Getöse geht nur ans doofe Stimmvieh. Das darf dann beglückt blökend ob der volksnahen Tribunen-Szene seiner Großkopferten an die Wahlurnen eilen und seine wackeren Hirten für weitere vier Jahre im Amte bestätigen. So die politische Kalkulation. Immer platte Parolen an die doofe Masse verteilen – die ist in der Überzahl, die bringt die erforderlichen Mehrheiten.
Um die Wahlsonntagsruhe denn doch noch ein wenig aufzustören, rufen wir mal ganz dreist eine Nachwendeparole aus der Zone selig in die süddeutsche Runde: „Kommt die D Mark nicht zu uns, gehen wir zu ihr“, hallte es damals aus vielen Kehlen zwischen Arkona und dem Vogtland. Na, dann: bezieht schon mal wieder die Betten in Friedland, oder wollt ihr lieber eine neue Mauer hochziehen. Know How dafür gibt’s wohlfeil im Osten.

18. Volumen
© B.St.Ff.Esq., Pr.B.&Co,2009
26.01.2011