...und raus bist du!
Kopfschuss für Gabrielle Giffords
Don M. Barbagrigia
Was haben haben wir mit dem Kopf geschüttelt, als Michael Moore
bei dem senilen Charlton Heston auf der Türschwelle stand und den
Greis, der zu diesem Zeitpunkt noch Präsident der mächtigen
National Rifle Association gewesen war, zu Recht bis auf die Knochen
blamierte. Eigentlich führte Moore die ganze U.S.A. vor, die nicht
einmal nach dem Schul-Massaker von Columbine einen Grund sah, umzudenken.
Des freien Mannes Recht, eine Waffe zu tragen, ein Recht aus den Tagen
der Pionierzeit, als man sich noch nicht anders behaupten konnte, als
mit einem .45er in der Hand, dieses Recht ist den US-Amerikanern heilig.
Selbst in den Tagen, da sich dieses tradierte Recht schon allein deshalb
gnadenlos überlebt hat, weil einer der suffizientesten Sicherheitsapparate
der Welt das amerikanische Recht in jeden Quadratzoll des riesigen Landes
zu tragen, dem Gesetz überall Geltung zu verschaffen in der Lage
ist. Aber dieses Recht verkörpert eine der ganz wenigen Säulen,
der Identifikationsmomente einer ansonsten sehr dürftigen amerikanischen
Geschichte der Einwanderer – nicht der indigenen Völker,
die ja zwei Jahrzehntausende zurückreicht. Deshalb ist dem gemeinen
Ami die Waffe so wichtig. Deshalb lässt er sie sich nicht wegnehmen.
Um keinen Preis! Wer nichts in der Birne hat, wer keine Muckis unter
dem T-Shirt hat, der braucht eine Wumme, damit er einen körperlich
und/oder geistig überlegenen Gegner gefahrlos aus der Ferne umbringen
kann. „Ich habe Macht, also bin ich“, könnte der Wahlspruch
Amerikas lauten. Der Umkehrschluss impliziert sich von allein.
Wer also im politischen Amerika punkten will, der muss der NRA in den
Hintern kriechen, der muss den Amis ihre Ballermänner lassen. So
wollen wir uns nicht verwundern, dass sich selbst Demokraten für
das Waffenrecht stark machen. Ihre Kinder werden über den Haufen
geknallt, von ihresgleichen, Vierjährige schießen ihre Schwestern
und Väter nieder – macht nichts – Hauptsache jeder
freie Amerikaner darf nach wie vor umherrennen wie John Wayne.
Nun hat es Gabrielle Giffords erwischt. Die 40jährige Kongressabgeordnete
sprach zu ihren Wählern vor einem Supermarkt in der Stadt Tucson/Arizona
als eine Patrone ihren demokratisch – waffenliebenden Schädel
perforierte. Im Koma liegt sie nun und Präsident Obama forderte
uns auf für sie zu beten. Den Teufel werden wir tun! „Die
Geister, die ich rief, werd' ich nun nicht los“, lässt schon
Goethe seinen Zauberlehrling wimmern. Wer nach den armen Schulkindern
von Columbine immer noch dem Waffenrecht das Wort redet, der zieht das
Schwert. Und wer das Schwert zieht... Die Amerikaner sehen sich doch
als die stärkste Macht des Christentums. Müssen sie doch wissen,
was der Reb Jeshua dazu sagte, bevor er sich um der sündigen Menschheit
willen ans Kreuz hat nageln lassen. Und noch ein Zitat aus der Heiligen
Bibel, dem Buch der Bücher für alle braven Amis: Wer den Wind
sät, wird den Sturm ernten!. Ein Irrsinniger schießt die
hübsche Gabrielle auf die Intensivstation, wir wollen hoffen, dass
sie diese nicht mit einer Zehenkarte und Füße voran verlassen
muss. Wir hoffen auch, dass ihr noch soviel Verstand bleibt, zu sehen,
dass ihr Waffenprotagonismus einem 9jährigen Mädchen das Leben
kostete und mit dem Kind noch fünf anderen Menschen, die zufällig
vor Ort waren. Wir hoffen auch, dass Amerika irgendwann zur Vernunft
kommt und nicht so vernagelt blöde bleibt, wie jener Sheriff, der
nach dem Amoklauf diesen auf den ungezügelten und scharfen verbalen
Umgang politischer Gegner miteinander schiebt und daher eine Lanze für
die Einschränkung der Redefreiheit bricht. Wie paradox: Das Mutterland
der Freiheit des Wortes ist bereit, sich dieses urdemokratische Recht
bestreiten zu lassen, ehe es denn auch nur ein Jota von dem Wahnsinn
des Waffenverkaufs abrückt. Gottes Mühlen mahlen langsam aber
gerecht, pflegten die Alten zu sagen. Gerade in dem Land, das auf sein
Dollarstück die Worte „In God we trust“ - „Wir
vertrauen auf Gott“ geprägt hat, sollte man dieser einfachen
Wahrheit vertrauen und sich dessen sicher sein, dass die unbarmherzige
Morderei immer so weiter gehen wird, wenn sich Amerika nicht endlich
zu einem Kurswechsel durchringt. Eine Gesundheitsreform kann sich nicht
in einer Zwangsversicherung erschöpfen. Zuerst einmal muss der
kranke Mann Uncle Sam gesunden und zwar im Kopf, dort, wo es seit über
zweihundert Jahren genauso wirr und chaotisch aussieht, wie in dem Kopf
Gabrielle Giffords', besonders nachdem sein Inhalt von einer Patrone
arg in Mitleidenschaft gezogen wurde. Na dann, Amerika und Kongressabgeordnete
Gabrielle Giffords– Gute Besserung!