Rührt Euch!
          Die Bundesregierung stellt das Sparpaket vor
        David Katz
          Gespart werden muss! Gar keine Frage. Nachdem die Bundesrepublik seit 
          Jahrzehnten weit, weit über ihre Verhältnisse gelebt hatte 
          und dem heutigen Chefredakteur des Preußischen Landboten noch 
          Anfangs der 90er versichert wurde, ein moderner kapitalistischer Staat 
          könnte ohne Kreditwirtschaft überhaupt nicht bestehen, hat 
          sich mittlerweile ein 1,5 Billionen Euro schwerer Schuldenberg angehäuft, 
          der auf reellem Wege in Tausend Jahren nicht abzutragen ist. Immer größere 
          Anteile des Bruttosozialprodukts gehen für den Schuldendienst drauf 
          und schon heute sind wir ohne jährliche Neukreditaufnahme nicht 
          mehr in der Lage, die bloße Zinslast... gar abzutragen? Nee, auch 
          nur im Entferntesten zu bedienen!!! Also Haushaltsbegrenzung und Sparen 
          heißen die Devisen. Spät kommt die Einsicht – aber 
          unter dem Druck der Notwendigkeit und des an der Ferne heraufdämmernden 
          Staatsbankrotts kommt sie. 
          Nun stellt die schwarz-gelbe Bundesregierung ihr Sparpaket vor. 80 Milliarden 
          Euro werden verhandelt. Löblich, löblich. Aber wo holt man 
          sie her? Werden die Lumpen geschröpft, die das gegenwärtige 
          Weltwirtschaftsdesaster angerichtet haben? Natürlich nicht. Nun 
          weiß jeder Trottel, das Robin-Hoodiaden nichts bringen. Die Idee, 
          denen Reichen zu nehmen und den Armen zu geben, ist ja ganz schön 
          und niedlich ist sie auch. Ökonomisch gesehen bringt sie gar nichts. 
          Nimm hundert Millionären eine Million und du hast Hundertmillionen 
          im Sack. Das ist für den hohlen Zahn. Aber nimm vierzig Millionen 
          Menschen jeweils einen halben Tausender und es klappern 20 Milliarden 
          in der Kasse. Das hört sich schon anders an. Und genau so geht 
          es. Wer also steht im Fadenkreuz des Sparvisiers? Die Masse der Bevölkerung. 
          Und die ist... na ja, vielleicht nicht mehrheitlich arm, aber eben auch 
          nicht sonderlich begütert. Es sind diejenigen, die sich gerade 
          eben so über Wasser halten und sich bescheiden ihres einzigen Lebens 
          freuen, was ihnen der Herrgott in 15 Milliarden Jahren seit dem Urknall 
          gab. Natürlich bleiben die Hartz-IVer nicht außen vor. Auch 
          sie, denen man schon kaum noch etwas nehmen kann, werden geschröpft. 
          An den Heizkostenzuschuss geht man ihnen und an diese Pauschale und 
          an jene auch noch. Scheinheilig verkünden Arbeitsministerin Ursula 
          von der Leyen und Finanzminister Wolfgang Schäuble, das alles diene 
          doch nur dazu, dem faulen Bettlerpack Beine zu machen und den Arbeitsmarkt 
          zu stabilisieren. Mein Gott, lass ihnen Krätzepickel auf den verlogenen 
          Zungen wachsen! Natürlich war absehbar, dass sich eine breitflächige 
          Alimentierung der am Arbeitsmarkt überschüssigen Biomasse 
          auf Dauer nicht mit den Profitmaximierungsinteressen des tonangebenden 
          Kapitals verträgt. Natürlich ist auch uns bewusst, dass sich 
          unter den Hartz-IVern immer ein gewisser und gar nicht mal so unerheblicher 
          Prozentsatz an Sozialschmarotzern und asozialen Parasiten tummelt. Aber 
          den Ärmsten der Armen nun noch mehr das Fell zu gerben, ist eine 
          Schweinerei. Man geht an sie, weil sie kaum die Möglichkeiten eines 
          Begüterten haben, der in einem solchen Falle drohen kann: Wenn 
          ihr mir an das Meine wollt, dann verschwinde ich ins Ausland. Und wenn 
          die Bettler eine solche Drohung wahr machten – Deutschland tät's 
          freuen! Ein paar arme Schlucker weniger, die es auf Staatskosten durchzufüttern 
          gilt. Die anderen aber, die sogenannten „Leistungsträger“ 
          der Gesellschaft, die braucht man ja noch. Oder vermeint sie zu brauchen. 
          
          Ja, es spart sich leicht am Vermögen der anderen, wenn man denn 
          die Macht hat, denen in die Tasche zu greifen. Erich Loest berichtet, 
          in den Fünfziger Jahren hätte die Leipziger Pfeffermühle 
          ein Programm mit dem Titel herausgebracht: „Rührt euch, sonst 
          werdet ihr weggetreten!“ Auch über ein halbes Jahrhundert 
          danach hat dieses Bonmot nichts, aber auch gar nichts an seiner Aktualität 
          verloren. Rühre dich, deutscher Michel, rühre dich! Sonnst 
          wirst du von Deiner Regierung weggetreten. So, wie sie dich an den Hindukusch 
          tritt, in die Berge des 
          Balkans und nun in die Abgründe der Armut und der existentiellen 
          Not.