Domino-Day im Theater
Was ist los in der Brandenburger Kulturlandschaft?
Kotofeij K. Bajun
In Brandenburg an der Havel ist zu Beginn des neuen Jahrzehnts der Teufel
los. Kaum fallen in der Politik die Personalien wie die Kegel, da reitet
der Kulturmanager der Stadt, Tim Freudenberg, gegen die Führungsriege
des Theaters schwere Attacken. Gleichzeitig lässt die Verwaltung
verlauten, dass die Verträge mit dem Intendanten Christian Kneisel
und mit dem Orchesterchef GMD Michael Helmrath über das Jahr 2013
nicht verlängert werden.
Nun kann man sich mit dem Augenzwinkern augurischer Priester eingestehen,
dass Herr Freudenberg mehr oder weniger den Accelerator einer Meinung
spielte, die woanders gekocht wurde. Da aber fangen die Bedenken an.
Es stellt sich die Frage, was bezweckt die Stadtregierung? Wollen sie
nun das Theater retten oder platt machen? Letzteres wäre kultureller
Selbstmord und – bezogen auf die Stadt – heller Wahnsinn.
Wir wollen gar nicht weiter darüber nachdenken. Aber wir müssen.
Denn das Indiz, den Celibidache-Schüler Helmrath kippen zu wollen,
spricht eine deutliche Sprache. Dieser Mann hat das Brandenburger Symphonieorchester
zu einem internationalen Exportschlager profiliert. Der einzige Exportschlager
übrigens, der seit dem Ende von Brennabor noch den Namen der Havelstadt
in die Welt trägt. Nun heißt es, Helmrath würde sein
Orchester nach Gutsherrenart führen, der Klangkörper wäre
mit seinem Chef über Kreuz. Sind das nicht Sachen, die sich klären
lassen? Helmrath sei der Neuen Musik abträglich... Na und? Wir
auch. Helmrath ist ein Schöngeist. Ist es ein Wunder, dass er sich
der Musik verpflichtet fühlt, die sich ihrerseits der natürlichen
Harmonie beugt? Nein, hier geht es um einen Rundumschlag. Gleichzeitig
steht Theater-Vize Bernd Keßler, Theater-Urgestein, auf dem Prüfstand
und kandidiert für die Vorruhe. Hat man Alternativen im Ärmel?
Wenn nicht, dann sieht alles danach aus, als wolle man dem Theater den
Fangschuss geben. Der öffentliche Haushalt ist sehr belastet, was
liegt da näher, als einen „unproduktiven Geldfresser“
zu eliminieren. Es ist fatal. Denn diese eingesparte Investition wird
einen furchtbaren Preis fordern. Kultur – und eine attraktive
Theaterlandschaft gehört zwingend dazu – zählt zum Lebenselixier
einer funktionierenden Kommune. Man wir keine Leistungsträger in
diese Stadt locken können, wenn man ihnen diese Säule der
Kultur vorenthält.
Am Mittwoch, dem 17. Februar fand im Großen Foyer des Brandenburger
Theaters eine große, öffentliche, von der SPD initiierte
Diskussion statt, die sich alsbald in einem großen Geschwafel
verlor. Zahlenkolonnen wurden bemüht, Luftblasen beschworen –
Konkretes, oder auch nur eine ansatzweise vernünftige Personaldebatte
erlauschte man vergeblich. Das gibt keinen Anlass zur Hoffnung. „Theater
im Theater“ titelte die Diskussionsrunde. Ja, mehr war es nicht.