Tod eines Präsidenten
Zum tragischen Absturz Lech Kaczynskis
bei Katyn
B. St. Fjøllfross
“Bekämpfe Deinen lebenden Gegner, dem toten aber erweise
respektvolle Andacht!” Dieses Gebot der Ritterlichkeit, das im
Übrigen auch von denen Polen bei Tannenberg dem Hochmeister des
Deutschen Ordens, Ulrich von Jungingen, gegenüber beherzigt wurde,
lässt uns nun den Dreispitz abnehmen: tot ist Lech Kaczynski. Der
Vierte Präsident der Dritten Republik war auf dem Wege nach Katyn,
um vor Ort des Stalin'schen Verbrechens an den 4.000 polnischen Offizieren
und Intellektuellen zu gedenken. Der georgische Irre und Vater aller
internationalen Werktätigen hoffte damit der polnischen Nation
das Genick zu brechen, deren Land er bereits im Bunde mit dem deutschen
Oberirren Hitler aufgeteilt hatte. Nun, der katholische Gott Polens
meint es offenbar nicht gut mit unserer Brudernation östlich der
Oder: Just auf dem Weg zur Stätte dieses ewigen polnisch-nationalen
Stigmas beruft er ausgerechnet jenen Mann zu sich, der zugegebenermaßen
in einer sicher für viele Polen aber auch viele Deutsche unerträglichen
Art und Weise, jedoch dennoch viel für den Nationalstolz Polens
getan hat. Und auf diesen Stolz haben die Polen ein Recht, weitaus mehr
als viele andere Völker dieser Welt. 70 Jahre nach dem fürchterlichen
Verbrechen von Katyn opfert Polen nun an annähernd gleicher Stelle
erneut sieben Dutzend hervorragender Persönlichkeiten aus seiner
Führungsriege.
Die historische Bezugnahme macht einen schwindlig. Ähnliches mag
Präsident Putin durch den Kopf geschossen sein, der umgehend die
Leitung der Untersuchungskommission übernahm. Sicher werden die
Russen nichts für das tragische Unglück können. Es dominiert
aber das Bild vom erneuten Opfergang Polens, vom erneuten Verlust hochrangiger
Vertreter Polens auf russischer Erde. Und das wiegt schwer.
Wenn uns auch andere polnische Politiker, solche des Ausgleichs, der
Versöhnung und gar der brüderlichen Nachbarschaft näher
stehen als die Kaczynski-Zwillinge, der Tod Lechs ist für uns bedrückend.
Auch – und das wollen wir nicht verhehlen – weil nun der
Mann, dessen nationalistischer Stern im Sinken begriffen war und kaum
mehr die 25%-Marke erreichte, sicher gegen seinen Willen die Züge
eines Märtyrers übergeholfen bekommt – und damit der
ganzen unseligen Bewegung neuen und ungerechtfertigten Auftrieb verleiht.
In doppelter Hinsicht erscheint uns dieser Effekt mit dem Leben des
Mannes Lech Kaczynski überzahlt. Wir können nur hoffen, dass
die tapfere polnische Nation nun einen kühlen Kopf behält
und ihren konstruktiven Weg nach Europa unbeirrt weiter fortsetzt. Denn
– es ist Segen und Verpflichtung zugleich – Polen ist ein
zentraler Baustein dieses Europas und gerade für uns Deutsche aus
diesem Staatenbund nicht wegzudenken. Deshalb – Polen: Kopf hoch!
Noch ist Polen nicht verloren!