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Viel Silvester-Lärm um nichts?
Zu den tödlichen Schüssen von Schönfließ

Don M. Barbagrigia
Jetzt isser dran. Die Rede ist von dem Polizisten, der Silvester 2008 den gesuchten Kriminellen Dennis J. in Schönfließ über den Haufen schoss. J. saß in einem geklauten Auto der Luxusklasse und machte keine Anstalten, auf den Verhaftungsbescheid des Beamten einsichtig zu reagieren. Damit war dann auch mit dem letzte Tage des Jahres 2008 der letzte Tag des Dennis J. gekommen. Achtmal soll es gerumst haben. Kollegen des Polizisten, durchdrungen vom Corpsgeist, sahen nichts, hörten nichts und ordneten die Schussgeräusche den allgegenwärtigen Silvesterböllern zu. Hmm. Na ja. Wie es am Ort des Geschehens wirklich zuging, dazu kann der Landbote nichts sagen. Pikant war, dass der Ede dem Polizisten das Mädel ausspannte. Aber worum geht es hier eigentlich? Es dreht sich darum, dass ein Polizist einen gesuchten Verbrecher dingfest machen wollte, wobei der Verbrecher auf der Strecke blieb. In der Weimarer Republik wurde dem Polizisten die Hölle heiß gemacht, wenn der Ede entkommen konnte und das Magazin der Walther P38 noch voll war. Seit 1968 fand nun ein seltsamer Paradigmenwechsel statt. Klar, nach der bösen Kumpanei, welche die Westberliner Polizei mit den Prügelpersern anlässlich des Schah-Besuchs demonstrierte, mussten der bewaffneten Ordnungsmacht enge Zügel angelegt werden. Es musste ein Ende haben mit der Behördenwillkür, die auch Unbeteiligte oft zu Schaden kommen ließ. Doch wie immer findet der deutsche Michel keine Mitte, keine Ausgewogenheit. Er schießt übers Ziel hinaus. Nun sind die allmächtigen Herren der Straße in Polizeiuniform zu den Popanzen der Nation degradiert worden. Jetzt kommt der Polizist in Erklärungsnot, wenn auch nur eine Patrone im Magazin seiner SIG SAUER fehlt. Und wenn der Ede dann auch noch getroffen ist, dann heult das Boulevard auf. Es sind die Tage, von denen der Prediger in Kapitel 12 Vers 1 orakelte, sie würden uns nicht gefallen. Denn Parole ist nun, den Täter um jeden Preis zu resozialisieren, auch wenn das aus neurophysiologischen Erwägungen heraus gar nicht möglich sein sollte. Legionen von Psychologen wollen ernährt werden, und man kann sie schlecht mit toten Soziopathen füttern. Also ist das Leben des potentiellen oder des tatsächlichen Opfers einen feuchten Kehricht, das des Verbrechers hingegen bares Gold wert. Gut, das war vielleicht jetzt etwas zynisch. Lassen wir das also! Dennoch, dieses Gutmenschenkonzept ist auch für eine reiche Nation wie die deutsche auf Dauer nicht mehr tragbar und jeder, der eins und eins zusammenzuzählen in der Lage ist, wird das einsehen. Warum aber wird es fort- und fort- und fortgeschrieben? Weil über Deutschland noch sehr, sehr lange Zeit der Schatten des Nationalsozialismus wabern wird. Die Nazis verkündeten nämlich eine krude Art des Sozialdarwinismus, der impliziert, dass die Gesellschaft auch nichts anderes sei, als ein lebendiger Organismus, der darauf achten müsse, im Interesse der eigenen Gesundheit und des eigenen Fortbestehens kranke Elemente in Schach zu halten. Vergleichbar der Hand eines Chirurgen, der aus dem Körper des Patienten ein Krebsgeschwür entfernt, möge also die Ordnungsmacht kriminelle und soziopathische Elemente einer Existenzform zuführen, die sie für die Gesellschaft im Weiteren ungefährlich macht. Nun waren die Nazis aber selbst Schwerstkriminelle und der deutsche Michel macht den unglaublich blöden Fehler, dass er die Botschaft mit dem Charakter des Überbringers verbindet. Das ist in etwa genauso dämlich, wie das Abstreiten des Faktums, der Pariser Platz in Berlin fände seinen architektonischen Abschluss im Brandenburger Tor, nur weil ein Nazi dasselbe just fünf Minuten vorher behauptet hätte. Man schüttet also das Kind mit dem Bade aus. Eine Gesellschaft, die Tätern so herzergreifend entgegenkommend begegnet, wie die Unsrige, übernimmt sich in einem Maße, das über kurz oder lang das eigene Aus bedeutet. Anders gesagt – dieses Sich-ständig-melancholisch-Machen um die Befindlichkeiten solcher Canaillen, welche die Rechte ihrer Mitmenschen notorisch mit Füßen treten, wird die Gesellschaft der Bundesrepublik Deutschland nicht nur in den finanziellen sondern auch in den moralischen Bankrott treiben. Das gesprochene Recht entfernt sich während dieses Prozesses so weit von dem gefühlten, dass es bald keine Basis, keine legitimierende Grundlage mehr haben wird. Die Leute werden wieder beginnen, das eigene, das gefühlte Recht durchzusetzen und bei dem geistigen Niveau der Bevölkerungsmehrheit dürfte das einem Absturz in archaische Verhältnisse entsprechen. Dabei ist interessant, dass Fernau einst die auf den ersten Blick drakonisch anmutende Strafandrohung des Großen Kurfürsten, der für eine Beschädigung der jungen Linden in Berlins berühmtester Straße den Verlust der Hand in Aussicht stellte, mit den Worten kommentierte: „Man muss doch aber die Bäumchen nicht beschädigen...“ Über diese Einstellung sollte man in Deutschland intensiver nachdenken. Es ist an der Zeit!
Zurück zu Schönfließ! Ein Polizist erschoss einen flüchtigen, gesuchten Schwerverbrecher mit einem Straftatenkonto von 160 (in Worten Einhundertundsechzig) Delikten. Stellen wir eine Untersuchung zu diesem Vorfall an, werden wir merken, dass wir, die Untersuchenden, für unsere Beurteilung des Sachverhaltes über ein Jahr lang Zeit haben, während dem Polizisten vor Ort vielleicht gerade mal einige Zehntel Sekunden bleiben. In diesem kurzen Moment muss er eine Entscheidung fällen, von der möglicherweise sein Leben und seine Gesundheit abhängt. Das steht für IHN auf dem Spiel! Nicht für den Staatsanwalt, nicht für den Richter, nicht für die quäkenden und quengelnden Angehörigen des Kriminellen. Jene sollten sich schämen, sich zu diesem Strolch überhaupt zu bekennen. Allein das macht diese Verwandten selbst suspekt. Bei einem unheilbaren Serientäter wie Dennis J. wäre illegaler Waffenbesitz kategorisch auszuschließen? Wer's glaubt! Dazu kommt, dass der Verbrecher ein mehr als starkes Motiv hatte, sich der Verhaftung um jeden Preis zu entziehen. Denn schlimmer als die hiesigen Luxusgefängnisse mit Schulabschluss und Fernseher ist die drohende Apokalypse der obligatorischen und unvermeidbaren Beschallung durch die Justiz-Psychologen. Es war dunkel, es war laut und hektisch, Dennis J. saß in einem Automobil – der Polizist hat nicht wie vorgeschrieben, auf die Beine des Flüchtigen gezielt – wie auch? - sondern in die Brust getroffen. Außer die hoffnungslosen Romantiker wird wohl niemand dem Kriminellen eine Träne nachweinen. Wirklich nicht? Anscheinend ein paar profilneurotische Vertreter der gesellschaftlichen Anklage, deren Aufgabe es eigentlich sein sollte, die Gesellschaft vor Verbrechern zu schützen und diese nicht noch mit toten Verbrechern doppelt zu belasten. Denn, wenn sich die Anklagevertretung durchsetzt, wird dem Land Brandenburg ein weiterer couragierter Polizist fehlen, der dem Gesindel endlich seit den Tagen der verwichenen Weimarer Republik wieder klar gemacht hat, wo die Grenzen des für die Menschen auf der Straße gefühlten Erträglichen gezogen sind – und gezogen werden müssen. Ein kluger Kopf sagte einmal hinsichtlich des gescheiterten Experimentes der amerikanischen Prohibition: Man sollte das Volksempfinden nicht allzu unberücksichtigt lassen, wenn man sich daran macht, die Gesellschaft zu regulieren. Das deutsche Volk möchte eine Polizei haben, der Autorität gebührt und gezollt wird – ohne dass sich die Amtsinhaber berufen fühlen, diese selbstherrlich zu missbrauchen, versteht sich. Es möchte keine hilflosen Kasper in Grün oder Blau alimentieren, die zusehen, wie der Ede eine alte Frau oder einen Gemüseladen klar macht, weil sie sich nicht trauen, von ihren Schusswaffen Gebrauch zu machen und sich dafür von den Ganoven noch verhöhnen lassen müssen. Es reicht! Die Schüsse von Schönfließ wären nur zu verurteilen, wenn sie eine Hinrichtung gewesen wären. Alles andere sollte eine Belobigung des diensttuenden Beamten nach sich ziehen – der Polizei zur Rückenstärkung und den Lumpen zur Warnung!

15. Volumen
© B.St.Ff.Esq., Pr.B.&Co,2009
17.01.2009