Brückenschlag
Linke scheint sich mit Brückenplanung
über Schleusenkanal zu arrangieren
von Kotofeij K. Bajun
Wer etwas von der Materie versteht, stößt unisono ins selbe
Horn: Die Brücke muss her! Die Rede ist von der geplanten Fußgänger-
und Radfahrerbrücke über den 1571 von Kurfürst Joachim
II. Hector gegrabenen Schleusenkanal. Man soll im Zuge der Neuordnung
des Bahnhofsumfeldes die Innenstadt für den “kleinen”
Verkehr leichter und besser erreichen können. Als Joachim den Aushub
des Kanals veranlasste, ging es unter anderem noch um den Schutz der
Neustadt im Zuge ihrer südlichen Stadtmauer und auch die Dominikaner
waren es zufrieden, dass ihr Kloster in ungestörter Randlage situiert
war. Die Dinge aber haben sich geändert. Das Kloster ist mittlerweile
zum landesarchäologischen Museum und damit zu einem landeskulturellen
Highlight avanciert. Dem gegenüber fordert der gegenwärtige
Zustand des Bahnhofsumfeldes potentielle Besucher der Havelstadt eher
dazu auf, im Zug sitzenzubleiben, als auszusteigen. Die beiden großen
Straßenzüge in Richtung Innenstadt, Große Gartenstraße
und Geschwister-Scholl-Straße sind weit davon entfernt, eine Trichterfunktion
wahrzunehmen. Sie führen erst einmal in großzügigen
Halbkreisen um das Kerngebiet Brandenburgs herum, das nach Möglichkeit
und auch auf Grund der angespannten Parkplatzlage fußläufig
erreichbar sein sollte. Natürlich ist das Modell einer belebten
Bahnhofsplatte, die in ebenso vitale Bahnhofsstraßen (Kleine und
Große Gartenstraße) hineinführt, um dann auf dem zentralen
Marktplatz als Ausgangspunkt für touristische Routen zu münden,
für die Chur- und Hauptstadt in absehbarer Zeit nicht umsetzbar.
Allein die Topographie der Gegend verhindert eine bezahlbar alternative
Trassenplanung für den automobilen Fern- und Schnellverkehr, bzw.
die Untertunnelung der Bahnhofsplatte. Gerade das erfordert eine Optimierung
der gegebenen Verhältnisse. Ein Grundstein ist mit dem Abriss des
Neubauriegels vis a vis dem Bahnhof gelegt. Die Folgebebauung kann optisch
in die Innenstadt hineinführen. Was aber hätte das für
einen Sinn, wenn sich der verheißungsvolle Pfad am Ufer des Stadtkanals
verliert? Brandenburgs Stadteingänge sind mehrheitlich Problemzonen.
Daher ist das Konzept eines Brückenschlages hin ins Sanierungsgebiet
Neustadt ein zwingendes Muss, will man die Attraktivität der Stadt
für auswärtige Besucher steigern.
Linke und SPD erwogen allerdings kürzlich, das Brückenprojekt
auf den Prüfstand zu stellen. Hintergründig wurde die bedenkliche
Haushaltslage der Kommune angeführt, als ausschlaggebend wurde
eine eigenmächtige Verfahrensweise der Verwaltung in Verbindung
mit ungenügender Transparenz zitiert. Ein Vorwurf, den der Baubeigeordnete
Michael Brandt beim besten Willen nicht nachzuvollziehen in der Lage
ist. Sowohl das Planverfahren als die Ausschreibung des Wettbewerbs,
die Besetzung der Wettbewerbsjury, die regelmäßigen Informationen
der Ausschüsse über das Projekt, das im Masterplan der Stadt
unter den Aktenzeichen 2-12 IMAG 04 und 2-11 IMAG geführt wurde
und worüber eine Beschlussfassung der SVV vom 25.10.2006 unter
der Vorlagen Nummer 189/2006 vorliegt, weisen die nachvollziehbare Ordnungsmäßigkeit
des Verfahrens hinlänglich aus. Die Vorlage 266/2009 wurde als
Beschluss der SVV am 27.05.2009 umgesetzt und befasst sich mit der Weiterentwicklung
der Planungsvariante C des Städtebaulichen Entwicklungskonzeptes
für den Hauptbahnhof und sein Umfeld im Rahmen eines Wettbewerbes.
Am 14.10. 2009 legte ein Preisrichterkolloquium, dem auch Stadtverordnete
angehören, fest, dass „die Schaffung eines attraktiven Stadteingangs
und städtebauliche Aufwertung der Achse Bahnhof-Innenstadt durch
eine attraktive fußläufige Verbindung über die Kleine
Gartenstraße und den Brückenschlag über den Stadtkanal
in Höhe des Pauliklosters“ erfolgen solle. Von Intransparenz
und opaken Vorgängen im Halbdunkel der Stadtverwaltung kann somit
keine Rede sein.
Mittelerweile haben sich die Linken wohl mehrheitlich dieser Auffassung
angeschlossen, sowohl die Notwendigkeit der Brücke als auch den
regulären Ablauf der einzelnen Realisierungsphasen nicht länger
in Abrede stellend. Zwar wird das Objekt als Ganzes noch immer mit dem
Stigma einer Millionenbrücke behaftet – zu Discounterpreisen
wird sie sicher nicht zu haben sein – es ist aber zu bedenken,
dass seit der ersten Idee zu diesem Bauwerk bereits Summen in Größenordnungen
geflossen sind, die man bei vorzeitiger Aufgabe des Projekts sinn- und
effektlos in den märkischen Sand gesetzt, respektive im Schleusenkanal
versenkt hätte.
Insofern ist der Beschlussantrag der Linken Nr. 486 vom 1.12.09 durchaus
zu begrüßen, welcher dazu beiträgt, die Domstadt liebens-
und erfahrenswerter zu gestalten, anstatt ein neues, teures und völlig
sinnfreies, kommunalpolitisches Schlachtfeld zu eröffnen.