Denkmäler, Memoiren und
Durchhalteparolen
Deutschlands afghanisches Trauerspiel
Don M. Barbagrigia
Völkerschlacht bei Leipzig, Achtzehn-Siebzig/Einundsiebzig, Verdun,
Stalingrad – nie wieder Krieg! Nie wieder sollten Deutsche ein
Gewehr in die Hand nehmen?!
Na, nun wissen wir, wie lange die Ewigkeit währt. Nee, es geht
nicht um die in den Fünfziger Jahren erfolgte Wiederbewaffnung
West- und Ostdeutschlands. Olle Kamellen. Es geht darum, dass deutsche
Soldaten wieder in Ländern umherlaufen, in denen sie, zumindest
in Uniform und bewaffnet, nichts zu suchen haben. Weil einige Einheimische
diese Ansicht teilen, kommen manche Soldaten in einem Zinksarg in die
Heimat zurück. Also brauchen wir wieder mal ein neues Denkmal.
Lernt der deutsche Michel denn nie dazu?
Nein, tut er nicht, nicht einmal seine pazifistischen Volksvertreter,
die Grünen. Die sind ja während der Balkankrise beizeiten
umgekippt, obgleich der Eiserne Kanzler Bismarck schon einhundert Jahre
früher postulierte, dass der ganze Balkan nicht einen pommerschen
Grenadier wert sei. Um die selbe Zeit bekam das Empire am Khyberpass
die Hucke voll. Was macht Soldaten-Michel? „Ohne Tritt, Marsch!“
an den Khyberpass. Schließlich rufen auch die Steinmetzen an der
Heimatfront nach Vollbeschäftigung. Es ist zum Weichwerden.
Die Bundeswehräztin Heike Groos schreibt sich in ihrem Buch „Ein
schöner Tag zum Sterben“ ihren Kummer über einen mörderischen
Anschlag von der Seele, bei dem sie „ihre Jungs“ hat verrecken
sehen. „Dann haben wir erst einmal alle Afghanen gehasst“,
lässt sie verlauten. Na, sowas. Was hat denn Frau Militärarzt
gedacht, wo sie da hin geht? In einen hochbezahlten Urlaub, in dem „ihre
Jungs“ als eine Art uniformierte Animateure den Afghanen die Segnungen
der westlichen Demokratie vortanzen? Da ist Krieg, gottverdammich, auch
wenn die Bundesregierung das nicht so recht formulieren will, weil „Bundeswehr,
also deutsche Soldaten im Kriegseinsatz...“, na ja, das klingt
schon ein wenig problematisch. So lange sind die Tage der Wehrmacht
unseligen Angedenkens nun auch wieder nicht her. Und wenn „ihre
Jungs“ als echte Kriegsgefallene durchgingen, das würde die
bankrotte Bundesregierung, die ja den Aerar im Paschtunen-Reich verpulvern
muss, über den Rand ihrer Belastbarkeit fordern – natürlich
nur in finanzieller Hinsicht. So ein Denkmal ist da schon wohlfeiler.
Das kann man stemmen. Guter Wille in Bronze ist auch sinnfälliger,
als eine angemessene und dauerhafte Versorgung von Kriegerwitwen und
-waisen. Aber was soll das Getöse! Es wird ja keiner gezwungen,
dort hinzugehen. Tun doch viele sowieso nur um des pekunären Effektes
willen und weil man sich das alles gar nicht so schlimm vorstellt, wie
es wohl am Ende wirklich ist. Ein paar Monate Afghanistan und man ist
finanziell saniert und kann drei Jahre lang die Handyrechnung der Freundin
bezahlen und einen neuen Golf dazu. Unser Mitleid hält sich in
Grenzen. Vierzig Jahre Ruine der Frauenkirche, die vielen kaputten deutschen
Städte, die grauenhaften Erfahrungen der Großeltern –
deren Ruf „Nie wieder ein Gewehr in die Hand eines Deutschen!“...
Hat das einen einzigen Bundeswehrsoldaten bewogen, NEIN zu sagen zu
Balkan und Afghanistan? Dass das russische Weltmacht-Bärchen aus
dem Hindukusch herausgeprügelt wurde wie einst die Yankees aus
Vietnam – hat das einen einzigen uniformierten Friedensmissionaren
zur Räson gebracht, bevor ihn ein Sniper zum Krüppel geschossen
oder eine Sprengfalle über den Jordan geschickt hat? Kinders, hört
doch mit dem unseligen Gejammer auf! Den Afghanen ist es scheißegal,
wie ihr das Baby nennt: Ihr kommt in Waffen und Uniform und wollt denen
etwas aufobtruieren, was die nicht wollen. Und nicht jedes Volk kann
man so brechen, wie den deutschen Michel, der nach dem verlorenen Krieg
1945 vor jedem Sieger ergeben auf dem Bauche rutschte und dessen Kultur
willig inhalierte, ob der das wünschte oder eben auch nicht. Ein
Denkmal in Bonn, ein Buch, eine Losung – ausgegeben vom 13. Bundesverteidigungsminister
Peter Struck (SPD!): Deutschland wird am Hindukusch verteidigt!...,
der realitätsferne Wahnsinn, längst über alle Grenzen
des Blödsinnigen hinaus, überschlägt sich. Na ja, baut
mal, baut! Baut euch euer Denkmal. Deutschland hat noch nicht genug
davon. Es reicht noch nicht, dass beinahe jedes deutsche Dorf seine
Söhne spätestens seit 1914 auf steinernen Mahnmalen aufzählt.
Ihr werdet nicht schlauer. „Dass nie wieder eine deutsche Mutter
ihren Sohn beweint...“ Michel, bist du blöde! Du hast im
Dreißigjährigen Krieg und in allen darauf folgenden bestialischen
Schlachten noch nicht genug das Jackstück vollgekriegt! Für
ein paar Groschen mehr juckt dir in jeder Generation aufs Neue das Fell!
Lass es dir mal ordentlich gerben! Vergiss Tucholsky und bau dir schöne
neue Denkmäler – du Vollidiot!