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Vom Maschinenbauer zum Beigeordneten
Michael Brandts Leben änderte sich mit der Wende

Michael L. Hübner
"Unsere Generation hat zwei Systeme kennengelernt. Daraus können und müssen wir lernen." sagt Michael Brandt, der 1970 in Brandenburg geborene heutige Bau-Beigeordnete seiner Heimatstadt. Die Jugend in der DDR war für ihn nicht problembehaftet, ganz im Gegenteil: Hier bekam er eine solide und fundierte Ausbildung, konnte seinem Hobby, der Segel- und Motorfliegerei nachgehen, was in Westdeutschland für den Sohn eines Eisenbahners und einer Musiklehrerin ungleich schwerer gewesen wäre. Hier legte Brandt das Abitur ab und erlernte gleichzeitig den Beruf eines Maschinenbauers. Und hier hätte er auch das erste Mal stutzig werden können, in Luckenwalde, wo zwei Produktionsstätten in einem Betrieb nebeneinander lagen - eine vom Westen gebaute für VW-Teile und eine für den Binnenmarkt. "In der VW-Halle konnten wir mit Jeans und weißem T-Shirt arbeiten. Nach einer Schicht in den alten Ost-Hallen, hatten wir nach dem dritten Duschen die Bohrmilch immer noch nicht aus den Poren. Dass solche Unterschiede auf Dauer nicht mehr funktionieren konnten, lag eigentlich auf der Hand. Rückblickend betrachtet war die DDR ökonomisch, ökologisch und moralisch am Ende," sagt ein nachdenklicher Brandt. "Aber mit 19 habe ich das nicht erkannt." Der junge Brandt war noch eins mit seinem Staat, wollte diesen auch gegen Bedrohungen von außen schützen und sich zum Offizier der NVA ausbilden lassen. Sein Jahrgang in Kamenz startete just im Herbst 1989, als es in der DDR Gesellschaft bereits am Kochen war. "Da fehlen mir glatte zwei, drei Monate," berichtet Brandt. "Ich war in einer Kaserne, deren Informationsfluss eh schon sehr restriktiv gesteuert wurde, und nach der Grundausbildung war ich auch zu fertig, um mich noch intensiv mit den Geschehnissen außerhalb des Dienstes zu befassen." Die Ausbildung verlief normal, bis man im Oktober 1989 die jungen Burschen plötzlich nach Dresden befahl, ihnen eine Maschinenpistole um den Hals hing und scharfe Patronen in die Tasche steckte. Zum 40. Jahrestag der DDR war das, als Honecker die älteren Jahrgänge der Offiziershochschule an sich vorüberparadieren und anschließend im Berliner Palast der Republik den Sozialismus hochleben ließ, während die von den Prager Botschaftsflüchtlingen in ihrer Eitelkeit schwer gekränkten SED-Funktionäre darauf drangen, dass die vollgepropften Züge mit den Ausreisewilligen aus Prag noch einmal durch die DDR rollten. Das Umfeld des Dresdner Hauptbahnhofs wurde zu einem heißen, sehr heißen Pflaster. Und auf dieses potentielle Schlachtfeld hätte die Bezirkseinsatzleitung fast junge Kadetten, die kaum 2 Monate bei der Armee waren und von denen niemand wusste, wie sie im Stress reagieren würden, gejagt. Das war ein gewichtiger Bruch im Leben des Michael Brandt. Der äußere Feind war immer abstrakt: "Der war ausgesperrt und wir waren eingesperrt - der Feind hatte kein Gesicht." Die Dresdner Demonstranten hatten eins und sie waren definitiv nicht der Feind. Brandt ließ sich versetzten, leistete nur noch seinen Grundwehrdienst ab. Einfach der Armee den Rücken kehren, was nun problemlos möglich gewesen wäre, das lehnte er ab. Was er macht, das macht er richtig und bringt es zu einem guten, vorzeigbaren und soliden Ergebnis. Das ist seine urpreußische Attidüde. Von politischen Ambitionen war Brandt für die nächsten zehn Jahre geheilt. Er, der zwischenzeitlich Jura studierte, Anwalt wurde und später bei der anhaltinischen Landesregierung in der Kommunalaufsicht des Regierungspräsidiums Dessau und dem Innenministerium tätig war, beobachtete das Wirken seiner politischen Umgebung mit wachem Auge und scharfem Verstand. Brandt war nicht in der SED oder einer Blockpartei. Dennoch, als ein in die DDR Hineingeborener war er damals dem Gesellschaftsmodell, das den Menschen vor der Ausbeutung durch seinesgleichen befreien wollte, grundsätzlich zugetan. Wie weit sich die Schere zwischen Anspruch und Wirklichkeit zu öffnen begann, war für ihn noch kein Thema. Sich aber nach dem Zusammenbruch der DDR über Nacht zu drehen, das entsprach nicht der Mentalität des ruhigen und die Dinge allseitig reflektierenden Brandt. Erst Jahre später entschloss er sich 1999 politisch Farbe zu bekennen und wurde CDU-Mann. Seiner Vaterstadt dient er nun in der exponierten Position eines Beigeordneten, für dieses Amt beurlaubt von der sächsisch-anhaltinischen Landesregierung. Und wieder wirft er die ganze Persönlichkeit in seinen Aufgabenbereich und all seine Kraft. Was er macht, das will er gut machen.

15. Volumen
© B.St.Ff.Esq., Pr.B.&Co,2009
19.08.2009