Mord
im Schloß Charlottenburg
Aufführung von „Königsblau“
in königlicher Umgebung
Kotofeij K. Bajun
Ob der König sich das wohl
hat träumen lassen? In einem seiner Lieblingsschlösser, in Charlottenburg
nämlich, fand am Abend des 31. August 2008 eine weitere Aufführung
von „Königsblau“ statt. Den Lesern des Landboten ist
„Königsblau“ natürlich ein stehender Begriff –
handelt es sich doch um den Paradekrimi aus der Feder des großartigen
Tom Wolf, der mittlerweile den Sprung auf die Theaterbühne schaffte.
Fand die letzte von uns besuchte Aufführung noch Unter den Linden,
im Kronprinzessinnen-Palais statt, so zog das Ensemble auf Vermittlung
der IMaGE Berlin in die Galerie der Großen Orangerie des Schlosses.
Nun hatte dieser Spielort sicherlich einige Einbußen gegenüber
dem Kronprinzessinnen-Palais zu verkraften. Die Länge des Raumes
bedingte beispielsweise die gummiartige Erweiterung der Szenenbilder,
die für randsässige Zuschauer nur mäßig zu verfolgen
waren. Die Mimen aber holten alles wieder heraus. Wir verweisen in diesem
Zusammenhang auf unseren Bericht
vom 31.10.2006, nachzulesen im 3. Volumen der Rubrik „Bücher,
Kultur“ des Landboten, auf den wir in der Fußnote verweisen.
Das Ambiente, in welches diese Aufführung vor etwa 60 Gästen
eingebettet war, kann man nur als atemberaubend bezeichnen. Wenn die Kanonenstiefel
des besten Königsdarstellers seit Gustav Knuth über den Fußboden
der Galerie donnerten, war man stets versucht Haltung anzunehmen. Wenn
da nicht die rein physische Größe auf die Unterschiede der
beiden Persönlichkeiten hingewiesen hätte, Herr Grünig
wäre wohl als Doppelgänger am preußischen Hofe engagiert
worden. Herr Gottschalch bewies ein weiteres Mal, dass Tom Wolf sich die
Figur des Honore Langustier nicht aus den Fingern gesogen haben kann.
Sollte es sie wirklich nicht gegeben haben, so musste sie wohl für
diesen Schauspieler erfunden werden. Ansonsten wäre der preußisch-hugenottischen
und der Theaterwelt etwas verloren gegangen. So ein Tausendsassa, so ein
behütender und gluckender Vater, so ein hervorragender Franzose –
wir können nur hoffen, dass sowohl er als auch seine nicht minder
brillanten Kollegen eine adäquat fürstliche Gage erhielten –
sie waren als Ensemble so auserlesen wie die Tafel und die Tafelmusik.
Charmant und lebhaft, Maries Getänzel, ihr unbeholfener von Beeren,
ein herrlich wahnsinniger Andersohn (Theaterstückautor Holger Schulz)
und ein Jordan, wie man sich den Bibliothekar von Rheinsberg vorstellt,
den es auf Dieter Glietschs Sessel verschlagen hatte.
Wir hätten uns allerdings während des wirklich superben Drei-Gänge-Menüs
eine etwas präsentere Tafelmusik gewünscht. Möglicherweise
wäre die royale Atmosphäre dadurch noch intensiver zur Geltung
gekommen. Die beiden Musici in ihren Rokoko-Kostümen leisteten ja
wirklich Bezauberndes. Nur während des Diners blieb die musikalische
Untermalung eben etwas zu gedämpft.
Bleibt resümierend festzustellen: Herr Wolf ist der begnadete Krimiautor
des alten Preußens, der sowohl in seinen Büchern als auch in
der Bühnenfassung des Herrn Holger Schulz den unwiderstehlichen Zauber
der friderizianischen Epoche erfasst, die uns Preußen noch bis heute
in unserem täglichen Leben prägt. Dafür sei den Autoren
des Buches und des Stückes, dem hervorragenden Ensemble und dem Veranstalter
unser Dank mit zierlichem Kratzfuß dargetan.
[Königsblau
im Opernpalais vom 31. Oktober 2006]
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