Deutsches
Haus wird Bürgerhaus
Bäckerstraße 14 als zweites Bürgerhaus
der Stadt eröffnet
Michael L. Hübner
Pünktlich zum altstädtischen
Höfefest und zum 600. Geburtstag des Hauses wurde am 16.8. das ehemalige
Deutsche Haus, Bäckerstraße 14, der Brandenburger Bevölkerung
und dem Verein Die Altstädter e. V. als zweites Bürgerhaus der
Stadt übergeben. Zwar reicht es nicht an die Dimensionen des Hohenstückener
Bürgerhauses heran, dafür aber kann es mit seiner zentralen
Lage und dem stolzen Alter punkten. Immerhin handelt es sich nicht nur
um das älteste Fachwerkhaus der Mark Brandenburg. Als Familie Menke
das Haus 1995 erwarb, war das Gebäude in einem beinahe abrisswürdigen
Zustand. 1,4 Millionen Euro wurden von der Familie, der Stadt, dem Land
und europäischen Fördermittelgebern im Rahmen des ZiS-Programmes
aufgewendet, um das wertvolle Haus zu retten. Herausgekommen ist eine
kleine architektonische Sensation. Zwar wurde das ursprüngliche Erscheinungsbild
als giebelständiges Fachwerkhaus nicht wiederhergestellt - die seit
den großen Umbaumaßnahmen um 1769 herum erzielte Traufständigkeit
wurde beibehalten - dennoch birgt das mit kundiger und dezenter Hand rekonstruierte
Hausinnere selbst für die Fachwelt Staunenswertes: Angefangen bei
den Tonnengewölben des Handelskellers, in dessen Schranknischen noch
immer die mittelalterlichen Einschubnuten für Regalbretter zu sehen
sind, bis hin zur gotischen Stube im Obergeschoß, die dem Besucher
ein authentisches Bild vom Leben längst vergangener Brandenburger
Generationen gibt. Immer wieder geben Befundfenster über den originalen
Wandbelag Auskunft. Da schummelten beispielsweise die Altbesitzer des
Hauses, indem sie die Nachbarschaft eines Ständerbalkens schwarz
anmalten. Das sieht nach mehr Holz und somit nach mehr Reichtum aus. Beeindruckend
auch der Dachstuhl, der ganz ohne Eisennägel oder Klammern seinerzeit
auf dem Hofe des Hauses gezimmert, dann auseinander genommen und an seinem
eigentlichen Platz unter dem Dach wieder zusammengesetzt wurde. Obwohl
wir in der Mark Brandenburg wenig über die Ausstattung spätmittelalterlicher
Bürgerhäuser wissen, verriet doch der Baukörper einige
Geheimnisse über das alltägliche Leben der Vorfahren. Vom stattlichen
Wohnhaus und Warenlager eines gut situierten Altstädter Bürgers,
über den „Preußischen Hof“ des 18. Jahrhunderts,
das „Deutsche Haus“ und später das Farblager der PGH
Malerei bis hin zum heutigen Bürgerhaus für die Allgemeinheit
– die wechselvolle Geschichte dieses Baukörpers steht für
die starke Lebenslinie eines vitalen Stadtteils.
Lange konnte sich Hausbesitzer Menke nicht des goldenen Schlüssels
freuen, welchen ihm die Oberbürgmeisterin festlich übergab.
Umgehend reichte er ihn an Günther Strehlau weiter. Der Chef des
Vereins „Die Altstädter e. V.“ übernahm das Gebäude,
das der Verein für die nächsten 15 Jahre nutzen wird. „Wir
hoffen, dass das neue Bürgerhaus von möglichst vielen Brandenburgern
und Vereinen genutzt wird“, sagte Strehlau freudestrahlend. Über
das Interesse der Brandenburger, welche das Haus schon mal bis in den
letzten Winkel durchstöberten, konnte er sich jedenfalls nicht beklagen.
Während Katha Seyffert auf ihrem Dudelsack die Eröffnung mit
alten Klängen begleitete, strömten die Besucher in Hof und Haus.
Mit großem Interesse wurde die Puppenbühne, die nun fester
Bestandteil des Bürgerhauses ist, begutachtet, auf der Wolfgang Rudolph
Kinder und Erwachsene mit seiner Puppenspielkunst erfreuen wird. Eine
Kinderbücherei soll vor allem junges Publikum weg von der Playstation
hin zu einer Fantasie bildenden und geistig anspruchsvolleren Beschäftigung
ziehen. Zusammen mit der Galerie Sonnensegel, die ja ihr Domizil in der
genauso liebevoll rekonstruierten Ältesten Lateinschule der Mark
am Gotthardtkirchplatz besitzt, bildet das Bürgerhaus in der Bäckerstraße
nunmehr eine kulturell hochwertige Achse der Altstadt, besonders im Bereich
der Kinder-, Jugend- und Vereinsarbeit.
Als nächstes, so betonte die Oberbürgermeisterin in ihrer Rede
anlässlich der Eröffnung des Bürgerhauses, müsse man
daran gehen, auch dem Gotischen Haus Ecke Johanniskirchgasse/ Ritterstraße
(ehem. Radio-Pax) eine tragfähige Perspektive zu geben. Wie man am
Gebäude Bäckerstraße 14 deutlich sehen kann, ist zwar
der Arbeitsaufwand immens – die Chancen, die im Anschluss von einem
solchen Haus für die Stadt und ihre Bewohner ausgehen, rechtfertigen
aber jede Mühe zu seiner Rettung.
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