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zum Landboten
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Wo
bitte geht’s zu Gott? fragte das kleine Ferkel
ein religionskritisches Kinderbuch von Herrn
Dr. Michael Schmidt-Salomon und Herrn Helge Nyncke
mit besonderer Empfehlung
des Preußischen Landboten
S. M. Druckepennig
„Mach du das!“, sagte
der Kulturchef Bajun zu mir. „Du bist in der Redaktion der fromme
Knecht des Herrn, also ist das deine ureigenste Angelegenheit.“
Na gut, dann wollen wir mal die Feder spitzen. Ein Ferkelchen und ein
kleiner Igel begeben sich auf die Suche nach Gott. Sie stellen Fragen.
Naheliegende Fragen. Sie klopfen die Religionsgeschichte auf ihre Substanz
und ihre Aussagen ab und entmänteln die drei monotheistischen Religionen
von all dem süßlichen Schmalz, den ihnen die Postmoderne mit
ihrem übersteigerten Harmoniebedürfnis so gerne anpappt. Ja,
der Herr hat eine Sintflut über das Volk kommen und alles, Schuldige
wie Unschuldige, ersaufen lassen. Dafür, daß diese Wahrheit
so kristallin herausgearbeitet wurde, hat sich das Buch den Haß
des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend zugezogen,
das in der Aussage des Werkes jugendgefährdendes Material sah. Gott
sei Dank – wir gestatten uns auf die süffisante Ironie dieses
Ausrufes zu verweisen – lehnte die Zensurbehörde den unverschämten
Antrag ab. Die Heile-Welt-Fanatiker wurden in ihre Schranken verwiesen.
Nach unserem Dafürhalten lehrt dieses Buch vor allem eines: Das Fragen
und das Hinterfragen. Das in Frage stellen. Die wichtigste Eigenschaft
eines heranwachsenden Demokraten überhaupt. Das wichtigste Organ,
das der Herr oder welcher Gott auch immer – möglich wäre
auch Gott Zufall – dem Nackten Affen, dem Ferkelchen und dem kleinen
Igel mitgaben, ist das eigene Hirn. Es ist zum kritischen Denken da. Die
beiden nutzen es. Das ist das einzig gottgefällige Werk, wleches
zählt! AMEN!
Und – was überhaupt hat die literarischen Hexenjäger von
heute das religiöse Empfinden anderer Menschen zu interessieren?
„So spricht der Herr: die Rache ist mein!“ Wenn also dem in
Zweifel gezogenen Gotte das Buch nicht gefällt, ist ER mit Sicherheit
selbst Manns genug sein Veto kund zu tun. Dazu bedarf ER keiner hysterischen
Eiferer, die ihren Kindern, so lange es geht, rosarote Brillen überzuzwängen
und sie von den Realitäten dieser Welt fernzuhalten trachten. Wer
also hat diese Leute zu Richtern gesetzt?
Irgendein kluger Mensch hat mal sinngemäß verlauten lassen:
„Ich kämpfe gegen die Ansichten meines Gegenübers! Aber
mehr noch kämpfe ich dafür, daß er sie äußern
kann!“ Das ist der Satz, den man den Gralshütern der Freiheit
um die Ohren hauen soll, die unentwegt Toleranz für ihre Belange
einfordern, sie aber nicht im mindesten auf den andersdenkenden Nachbarn
zu applizieren gedenken.
Es entbehrt nicht einer gewissen Delikatesse, daß der geistige Vater
des Ferkelchens, Dr. Michael Schmidt-Salomon gleichzeitig Vorstandssprecher
der Giordano Bruno Stiftung ist. Der tapfere, blitzgescheite, hochgebildete
und überaus progressive Professor und Mönch aus Nola, der mithin
zu den hervorragendsten „Schutzheiligen“ des Preußischen
Landboten zählt, ist im Jahre 1600 in Rom von ebensolchen elenden
Menschen bei lebendigem Leibe verbrannt worden, wie sie jetzt Herrn Schmidt-Salomon,
seinem Ferkelchen und dem kleinen Igel das Leben zur Hölle machen.
Im Namen der Liebe damals, im Namen der Toleranz heute! Das hat nach unserer
Kenntnis der Reb Joshua, genannt Jesus von Nazareth, nicht gepredigt,
das hat Mohammed nicht gewollt, von einem solchen Verhalten hätte
sich der große Jehuda Löw aus Prag angewidert abgewandt! Diese
letztgenannten Vertreter ihrer Religionen stritten mit dem Herzen und
dem Geist – nicht mit dem Schwert der Zensur! Das ist der Unterschied
zu den beschriebenen falschen Fuffzigern, die unter Turban, Bischofsmütze
und Peijes ihre Sicht der Dinge als die einzig wahre deklarieren. Wir
können nicht erkennen, daß die redlichen Diener des Herren
diffamiert wurden.
Und überhaupt - was heißt hier antisemitisch? Es ödet
uns an, daß sich die Gegner des Buches nicht weitaus mehr argumentative
Mühe geben, sondern auf Kosten der erschlagenen Juden mit der bequemsten
aller Totschlagskeulen zu Felde ziehen! Reicht der Verstand nicht zu intelligenterem
Austausch oder obsiegt hier profane Faulheit? Antisemitisch sein bedeutet
sich wegzuducken, wenn die SS die Juden in die Vernichtungslager prügelt.
Antisemitismus bedeutet sich an den deportierten Juden zu bereichern und
sie dennoch haßvoll zu beschimpfen. Einem Rabbi legitime Fragen
vorzulegen und von diesem, wie es sich für einen Rabbi gehört,
wahrheitsgemäße Antworten zu erlangen, das hat mit Antisemitismus
nichts zu tun – es sei denn in den wirren Köpfen übergeschnappter
Ministerialbeamter. Staatsdiener – wir wagen die Behauptung –
von denen nicht einer das Format des dänischen Wikingerkönigs
Christian X. hat, der während die Gestapo Kopenhagen besetzt hielt
und von den Dänen die Auslieferung der dänischen Juden verlangte,
mit einer David-Stern-Armbinde durch seine Hauptstadt ritt. Der hatte
Mumm in den Knochen und sein Volk mit ihm. Sich vermeintlich schützend
vor die Juden zu stellen, wo’ s nichts kostet, das ist ein jämmerliches
Schauspiel!
Nein, das Ferkelchen hat mit anatomischer Präzision den Kern der
Religionen ermittelt. Die Jünger des Einen Gottes Abrahams, Isaaks
und Jakobs, egal ob sie sich nun auf Moses, den Rebben Joshua, genannt
Jesus, oder den Propheten Mohammed berufen, haben alle eine einzige Grundforderung
mitbekommen: die Liebe. Denn Gott ist die Liebe. Was aber nicht heißt,
daß man ihn endlos mißbrauchen darf. Und genau das tun viele
Anhänger dieser drei Religionen. Nota bene! Diese Bedrohung geht
von den „Gläubigen“ aus, nicht so sehr von den Heiden
und den Atheisten, den Fragenden und den Zweiflern, den Ferkeln und den
Igeln!
Es geht den allermeisten, die sich auf den Schlips getreten fühlen,
doch einen feuchten Kehricht um Gott oder ihr eigenes religiöses
Empfinden. Es geht um ihren Einfluß, ihr höchstpersönliches,
höchst irdisches Machtstreben, das sie seit Jahrhunderten hinter
der göttlichen Botschaft zu verstecken suchen. Oder es geht den Schwachen
dieser Erde darum, den eigenen Halt in einer Welt, in der sie sich nicht
zurechtfinden, um jeden Preis zu retten, sei dieser Halt auch auf noch
so dünnem Eise gegründet. Und gerade die Schwachen zählen
zu den gefährlichsten Zeitgenossen, die in all ihrer Hilflosigkeit
blind ums sich dreschen, wenn sie ihr Weltbild bedroht sehen.
Es sind diese Scheinheiligkeiten, die Gott in ein Haus, eine Kirche, eine
Synagoge oder eine Moschee zwängen wollen. Sie nennen das Gebäude
ein Haus Gottes – es ist aber in Wahrheit das Ihre, in dem nicht
Gott sondern sie das Sagen haben. Nicht Gott spricht hier – Menschen
maßen sich an das für IHN zu tun!
Genau darüber verschaffen sich das Ferkelchen und der Igel Klarheit.
Und das ist phantastisch. Das ist ein Paukenschlag in die richtige Richtung.
Sie stellen indirekt viele brutal aber durchaus korrekt beschriebene Ereignisse
in den exakten religionshistorischen Kontext. Sie schmähen dabei
weder Gott noch dessen liebende Kinder. Sie greifen die anderen an, die
Heuchler, diejenigen, die aus purem Eigennutz das Wort Gottes im Maul
führen und dabei Unglück über die Menschen bringen. Umberto
Eco benannte einst Jorge von Burgos im „Namen der Rose“ als
einen Prototypen dieser Geiferer. Ein anderer hieß Bernardo Gui.
Und jetzt macht sich ein deutsches Bundesministerium, das selbstherrlich
fortschrittliches Denken im Panier führt, zum Handlanger des Geistes
mittelalterlicher Inquisition. Pfui Teufel!
Und selbst wenn Gott die Liebe ist, die Welt aber, die ER schuf, von Kampf
und Not und Elend geprägt ist, Heimstatt der Vernichtung und der
menschlichen Dummheit – wo ist der Widerspruch? Wer will Gott und
seine Welt in eine Schüssel tun! Das Ferkel und den Igel haben wir
bei solchem aberwitzigen Vorhaben nicht ertappt. Wohl aber diejenigen,
die mit ihren Interpretationen genau diese Denkweise offenbaren.
Hans-Heino Ewers hält das Buch für „dümmliche Religionskritik“?
Na klar, Herr Ewers, werden Sie noch genauer: Kinder sind dümmlich,
nicht wahr, besonders dann, wenn sie auf Grund guter Bildung, zu der dieses
Buch unzweifelhaft beiträgt, eines Tages möglicherweise auf
eigene Faust versuchen gute Menschen zu werden. Am Ende noch ohne die
Kirchensteuer verzehrende Gängelei einer ehemaligen Sekte, die sich
mittlerweile zur Weltreligion mauserte und einen dementsprechenden Herrschaftsanspruch
an die Menschheit richtet. Und davon befreit sich möglicherweise
die nächste und übernächste Generation? Gott, man denke
sich diese Apokalypse, Herr Ewers! Wie viele grandiose und endlose Bögen
wertvollen Papiers besudelnde Gott-Interpreten werden da wohl plötzlich
arbeitslos…
Herrn Ewers zu antworten widerstrebt uns. Das ist zu weit unten. Lassen
wir das den großen Heym für uns tun, wenn er den Hans Leuchtentrager
im „Ahasver“ zu einem traurigen Mucker, dem Holsteinischen
Superintendenten Paulus von Eitzen, die legendären Worte sprechen
läßt: „Die ganze Theologie, Paul, ist doch nur ein eitel
Wortgeklaub!“
In Micha 6. 8. steht der Kernsatz geschrieben, um den sich Gottes Wort
wirklich dreht: „Es ist dir gesagt, Mensch, was gut ist und was
der Herr von dir fordert. Nämlich Gottes Wort halten, Liebe üben
und demütig sein vor deinem Gott!“ AMEN
Diesen Satz haben weder das Ferkelchen, noch der Igel, noch Herr Michael
Schmidt-Salomon, noch Herr Nyncke, noch der Alibri-Verlag relativiert,
in Zweifel gezogen oder gar angegriffen.
Wenn sich das Ferkelchen mit unserem großen Preußenkönig
Friedrich II. unterhalten hätte, dann hätte dieser wohl erzählt,
wie eines Tages ein Berliner von ministerialen Hohlköpfen verdammt
werden sollte, weil er Gott, den König und den hochmögenden
Rat von Groß-Berlin geschmäht habe. Der König darauf:
„Daß er Gott schmäht, beweist, daß er ihn nicht
kennt; daß er mich schmäht – ach Gott – vergeben;
daß er aber den herrlichen Rat von Berlin angreift, das duldet keine
Nachsicht: Marsch, auf eine halbe Stunde nach Spandau!“ So muß
man dieser Canaille antworten! So und nicht anders! Man muß sie
verhöhnen ob ihrer gemeingefährlichen Dummheit, ihrer Ignoranz,
ihres kritischen Weltverbesserertums. Eine Gemeinde, die ihren Pfarrer
schassen wollte, weil er die Wiederauferstehung des Fleisches leugnete,
beschied der König: „Der Pfarrer bleibt! Wenn er nicht dran
glaubt, dann soll er halt am Jüngsten Tage liegen bleiben!“
Also, Ferkelchen, bleib im Garten Deines Häuschens, in Deiner Wanne
oder beim Jüngsten Gerichte liegen! Genieße mit Deinem Igelfreund
die Welt so wie sie ist. Mit dem alttestamentarischen Gott, oder dem Gott
Baruch Spinozas oder gar keinem. Es ist ja so wurscht! Und wenn es den
Gott gibt, den Du nicht finden kannst, dann liebt ER Dich deswegen nicht
ein Gran weniger. Denn Du bist ein gutes, ein kluges Ferkel, eine Zierde
SEINER Welt! Und die Fragenden, die Denkenden, die Zweifelnden hat ER
von jeher mehr geliebt als die Lauen, die Kriecher, die Nachbeter, die
Sklaven, das ganze bigotte Gesindel, die nur eines im Sinne haben, IHN,
den sie im Munde führen, zu hintergehen, zu betrügen und zu
kränken wo immer sie nur können. Dem sie gar vorschreiben wollen,
was ER ihnen zu sagen hat, damit sie auf Erden ihr Süppchen kochen
können zu Lasten der Mitmenschen und der Kreatur.
Du hast Deinen Teil zu Aufklärung beigetragen, Ferkelchen, zu einer
Aufklärung die nach zweihundert Jahren in Deutschland noch immer
nicht Fuß gefaßt zu haben scheint. Ich, Scholcher M. Druckepennig,
flüstere dir in Deine Schweineöhrchen: “Daß ein
Schwein den Juden und den Muselmännern als unrein gilt, ist ein historisch
erklärbarer Irrtum, den das Judentum und der Halbmond bestimmt irgendwann
korrigieren werden. Denn unter den Juden und den Anhängern des Propheten
sind verdammt viele helle Köpfe, nicht nur solche Deppen, wie Du
ihnen das Unglück hattest begegnen zu müssen. Mehr als im Bundesfamilienministerium
auf jeden Fall. Du hast Deine Reinheit unter Beweis gestellt. Du wurdest
gewogen und gemessen und für sehr, sehr gut befunden!
PS.
Ferkelchen und Igeltier, kommt ihr mal in den Wörlitzer Park, dann
werdet Ihr dort eine Grotte finden, in der geschrieben steht: „Einsamkeit
und Stille führen zu Gott, wie manches Ungemach zum Guten führet.“
Nu – da wißt ihr nun, wo es zu Gott geht. Aber Fragen und
Suchen ist auch nicht verkehrt. Egal, wofür ihr Euch entscheidet,
wir sind bei Euch! Ihr habt uns und sicher auch dem Gotte, den ihr suchtet,
eine Riesenfreude gemacht. Maseltow und Schalom adonai maleche!
Wo bitte geht's zu Gott? fragte
das kleine Ferkel
Michael Schmidt-Salomon und Helge Nyncke
Alibri-Verlag Aschaffenburg
1. Auflage 2007
ISBN 978-3-86569-030-2
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