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Autorenkollektiv B. St. Fjøllfross Ein traditioneller Wirtschaftsfaktor war Brandenburg zeit seiner Existenz – günstig gelegen an den großen Fernhandelswegen zu Wasser und zu Lande, nicht weit entfernt von Potsdam und der Tochterstadt Berlin. Eine solche Stadt braucht historische Standardwerke, die ihren Werdegang beschreiben, die Hintergründe der Entwicklungen aufzeigen, mit Statistiken die Dynamik des Entstehens und Vergehens belegen. Nun sind derer schon einige gewesen, die sich mit der Historie der Chur und Hauptstadt Brandenburg an der Havel befaßten – ganz ohne Zweifel. Alle aber verbindet das nicht auszumerzende Defizit, daß die Übersicht ihrer Werke mit der Gegenwart endet, die für die Autoren zum Zeitpunkt der Niederschrift aktuell war. Propheten kennt allemal nur das Alte Testament. Ein hochrangiges Autorenkollektiv machte sich nun Ausgangs des letzten Jahrhunderts daran, die Geschichte der Stadt Brandenburg an der Havel im Neunzehnten und Zwanzigsten Jahrhundert zu beleuchten. Diese Epoche ist ungemein wichtig. Sie umfaßt die ersten zaghaften Schritte innerhalb der Stadtmauern hin zu einer bürgerlichen Demokratie, sie umfaßt die stürmische Industrialisierung, die Brandenburg zu einer mächtigen und international bekannten Industriemetropole emporwachsen ließ, deren Produkte noch am anderen Ende der Welt gekannt und gekauft wurden; sie umfaßt die Zeit der beiden Weltkriege, des Hurrapatriotismus und Devotismus vor dem Ersten, der Resignation und des wieder erwachenden Lebensgeistes vor dem Zweiten, die schauerliche Diktatur der Nazis und die mächtig in die Hose gegangene Utopie der Kommunisten. Eine Synopsis dieser Ära sollte unbedingt das Format eines Standardwerkes haben – denn hier werden nichts weniger als die Wurzeln unseres Gemeinwesens beleuchtet, mit all den daraus resultierenden Handlungshinweisen für die Zukunft. Beteiligt an dem recht umfassenden Projekt „Stahl und Brennabor“ aus dem Verlag für Berlin und Brandenburg waren fürwahr hochkarätige Leute. Schon die Namen der Herausgeber lesen sich beeindruckend: da ist Gerd Heinrich, urpreußische Nestor der märkischen Historikergilde, da ist Klaus Heß, jahrzehntelanger Chef des Brandenburger Stadtarchivs, da ist der streitbare und hochgelehrte Winfried Schich und da ist der ebenfalls im Dienst ergraute ehemalige Chef des Brandenburger Domarchivs, der profilierte, unverzichtbare, ja geradezu berühmte Wolfgang Schößler. Wer mit brandenburgischer Geschichtsschreibung vertraut ist, den werden allein diese Namen zum Kauf des Buches zwanghaft bewegen. Die Liste der weiteren
Autoren liest sich dann auch wie das Who-Is-Who der märkischen Historikerzunft.
Da schreibt die Frau Anke Richter, Nachfolgerin des Dr. Heß im Brandenburger
Stadtarchiv, der Herr Respondek – wer wüßte mehr über
die alte Brandenburger Bimmelbahn – der Schulspezialist Frank Brekow,
die ehemalige Direktorin des Stadtmuseums im Frey-Hause, Frau Kreschel,
Karl-Heinz Röhring und Andreas Cante; der Chef des Brandenburger
Arbeitskreises Stadtgeschichte, der große Wolfgang Kusior –
Brandenburgs lebendiges Gedächtnis und bienenfleißiger Historiker
weit über den Ruhestand hinaus; die Chefin des Industriemuseums Sieglinde
von Tresckow, die stellvertretende Museumsdirektorin im Frey-Hause, Heike
Köhler; der große Ribbe aus Berlin, Herausgeber der Brandenburgischen
Geschichte, der stellvertretende Oberlandes-Gerichts-Präsident Wolf
Kahl, der Journalist Marcus Alert; die Grand Dame des Brandenburger Journalismus
Ann Brünink und und und … Natürlich empfehlen
wir das Buch! Es ist in einer ordentlichen Brandenburg-Bibliographie –
und hier sei das Land gleichen Namens ausdrücklich mit einbezogen
– einfach Pflicht. Wenn eine solche Bibliothek bei der Hand ist,
dann kann man sich keine bessere Informationsergänzung vorstellen.
Die € 40,- sind ein stolzer Preis, fürwahr. Dieser korrespondiert
sicher mit dem Aufwand der Herstellung des Buches, ganz sicher nicht jedoch
mit der Zielgruppe, der Bevölkerung der Chur- und Hauptstadt. Anders
als der klingende Name es verheißt, ist das Herz der Mark nicht
gerade mit Reichtum gesegnet. Möglicherweise rührt auch daher
der Spagat. Sehen wir uns beispielsweise die fulminanten Arbeiten zur
Geschichte der Neumark des Dr. Christian Gahlbeck an, die in ihrer Qualität
und Tiefgründigkeit wirklich bestechen, dann erkennen wir das Dilemma
ziemlich schnell. Da bewegt sich so ein Fachbuch schon mal zwischen €
80,- und € 120,-. Die Klientel noch kleiner, das Sujet noch spezieller,
das Verlagsrisiko um Größenordnungen potenziert!
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