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Hier
kommt zusammen…
K. K. Bajun
Beide haben einen Eintrag in der
Online-Enzyklopädie Wikipedia. Das bedeutet, Angelika Mann und Frank
Golischewski sind schon wer. Und wer sie sind, das interessierte den Landboten
denn doch, als das exzellente Duo am 2007er Tag der deutschen Einheit
an der Brandenburger Studiobühne gastierte. Unser Eindruck: Janz
jroßartig! Menschenskinder – det ist doch mal watt!
Etwa 110 Besucher füllten den Saal bis auf ganz wenige verbliebene
Plätze.
Man soll ja nicht vergleichen, aber ’n bißken was hatte Frau
Mann von Helga Hahnemann. So ’ne richt’je Berliner Pflanze,
so’n kleenet, quirliges Energiebündel, kokett, ironisch –
die vorgetragene Selbstironie kam authentisch und unaufdringlich einher.
Vadder Zillen hätte es jefreut und Papa Tucholsky erst…
Wie se konnt die Berliner Schnauze uffreißen, nicht einen Ton verloren,
Timbre darin und Herz und vor allem…Verstand!
Da hatte sie in dem Bottroper Frank Golischewski den richtigen Partner.
Daß die beiden ein deutsches Ost-West-Künstlerpärchen
sind, begriffen wir bestenfalls als angenehme Nebensache. Das harmonierte
miteinander, als hätte es nie eine Demarkationslinie gegeben.
Ein kluger Kopf, der Mann Frank Golischewski – und so souverän
auf dem Klavier. Das ging so leicht und spielerisch lang hin... Die physische
Einheit von Mann und Pferd nannte die Alten Zentauren. Aber wie nennt
man die beinahe untrennbare Kombination von Mann und Piano? Golischewski
vielleicht?
Da plaudern sie, palavern und parlieren, trällern und tirillieren;
das Publikum lacht sich Tränen in die Augen. Wie nur können
die beiden Vortragenden da unten auf der Bühne nur selbst so trocken
und nüchtern bleiben? Das dünkt uns beinahe die höchste
Kunst. Liesl Karlstadt, wie hast Du das gemacht, wenn Du mit dem Valentin
Karl spieltest?
Spielen, spielen… so verspielt Herr Golischewski mit seinen Fingern
das Klavier zum Klingen bringt, so verspielt traktiert sein Geist die
gewaltige Orgel der deutschen Sprache. Da wird bei den Lied- und Chansontexten
nicht gekalauert, da wird Meisterschaft bezeugt. Erhardt’scher Wortwitz
funkelt durch die Verse und Frau Mann schmettert sie ’raus, aus
voller Kehle und mit Schalk in den Augen.
Patzer, Hängenbleiber – hier offenbart sich das schauspielerische
Talent. Hier stirbt der Mime auf der Bühne oder er feiert Triumphe.
Frau Mann siegte! Das Publikum lachte, johlte, freute sich, wie sie die
vorübergehend leeren Stellen füllte, mit Witz, mit Charme. Es
war ja so sympathisch!
Flicht dir mal aus Hängern einen Lorbeerkranz… Frau Mann hat’s
vorgemacht. Hier kommt „die Wucht in Tüten“, nicht wahr,
Frau Mann? Ja – die kam, die Wucht, Jottchen, wann hat man schon
mal Lachens halber Muskelkater im Gesichte! 6 mal Zwischenapplaus, dann
haben wir aufgehört zu zählen.
Das Multitalent Golischewski mit der wundervoll polierten Billardkugel
auf den Schultern und den warmen Augen, steht seiner Bühnenpartnerin
um nichts nach. Da singt er ein Lied, näselt, als böte die beinahe
Cyrano’sche Nase unzähligen Polypen Heim und Asyl. Da spielen
die beiden ein älteres Ehepaar, dem das Fernsehgerät ausgefallen
ist. Herr Krebs und Frau Richter, Herr von Bülow und Frau Hamann
– muß man eigentlich künstlerische Anleihen von solcher
Güte verzinsen?
An manchen Tagen ist der Beruf des Journalisten der schönste der
Welt. Natürlich ist die Aussage vermessen. Können wir doch nicht
wissen, ob die Bretter, welche die Welt bedeuten, nicht denen noch schöner
sind, die sie so gekonnt zu bespielen vermögen wie diese beiden Künstler.
Pfeifen, trampeln, klatschen – vier Zugaben – 4! – die
letzte verwandelte das Schauspielhaus in einen sakralen Raum der Andacht:
Frau Mann sang ein Gospel ihres Idols Janis Joplin. Das nun ist der Unterschied
zwischen dem Landboten und seinem Leitstern – der Jakobsohn’schen
Weltbühne – einerseits, und den beiden singenden Damen andererseits:
Während wir nur den Sextanten auf das Große, kleine Blättchen
ausrichten können, geht Frau Mann den Gipfelsturm mit kühner
Stimme an. Und legt Ehre für ihr Vorbild ein. Brandenburg –
fühl Dir jeadelt. Denn zwei knorke, dufte, janz hervorragende Vertreter
der leichten Muse haben Dir jeküßt. Sowat haste nich alle Tage!
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