zurück
zum Landboten
|
Die
Legende von Beowulf (Film)
K. K. Bajun
Na ja...
Ein gewaltiges Epos ist der Beowulf. Das angelsächsische Nationallied
schlechthin. Die Deutschen haben ihren Siegfried, die Franzosen den Roland
und die Briten den – Beowulf.
Beowulf ist ein Gaute und die Historiker
können diesen Stamm sehr schwer identifizieren. Daß es sich
dabei jedoch um einen nordisch-germanischen Stamm handelt, ist unstrittig.
Und so kamen die Protagonisten denn auch einher. Von Karl Weinhold über
Richard Wagner bis Alfred Rosenberg – die Apologeten der „nordischen
Rasse“ wären wohl angesichts dieses Streifens in euphorisches
Schluchzen ausgebrochen und es ist überhaupt ein Wunder, daß
der Kinosaal nicht mit einem Fähnlein Wiking-Jugend gefüllt
war, die dem fast zweistündigen Geschehen mit ausgestrecktem Arme
gefolgt wären.
In Deutschland hätte man diesen Streifen schwerlich drehen können
und es mutet schon fast wie ein Wunder an, daß er den Weg in unsere
Lichtspieltheater gefunden hat.
Die Handlung schreitet zunächst den Pfad des Epos’ ab. Grendel,
ein spuckhäßlicher Troll, überdimensioniert und an einen
wandelnden Leichnam erinnernd, terrorisiert die Methalle Heorot des dänischen
Königs Hrothgar. Dem kommt der gautische Held Beowulf zur Hilfe,
der vierzehn Kameraden im Schlepptau mit sich bringt. Den schlichten Erzählstrang
des altenglischen Heldengedichtes verlassend, wird nunmehr die Harfezupfende,
betörende Königin Wealthow eingeführt, ungleich jünger
als der alternde Hrothgar. Später kommt’s noch dicker.
Beowulf entkleidet sich vollständig um dem waffenlosen Troll von
Gleich zu Gleich gegenüberzutreten. Na gut. Das ist germanisches
Heldentum, Skaldenbesungen, von den großen Sagas des Nordens vielfach
berichtet. Da hinein paßt auch die mit leichter filmischer Ironie
vorgetragene Prahlerei des Beowulf. Auch das kaufen wir dem Regisseur
Robert Zemeckis so ab. Was – obwohl von anderen Stimmen hoch gerühmt
– uns jedoch bei dem Streifen bitter aufstieß, waren die vielen,
vielen holprigen, eckigen und uneleganten Computer-Animationen, die dem
Ganzen eher einen Anstrich von „Ballerspiel trifft Low-Budget-Movie“
verlieh. Mag sein, daß die Animationen – nur bei den Landschaften
waren sie wirklich brillant – einen solchen Haufen Geld verschlangen.
Die menschlichen Charaktere kamen bei Shrek, dem tollkühnen Helden,
schon weitaus besser zur Geltung. Selbst der wogend-verlockende Ausschnitt
einer der Mägde auf Heorot verlor viel von seiner Erotik.
Doch das war nicht das Schlimmste. Das kam, als Beowulf sich zum Meerweib
begab. Spricht nun die Saga davon, daß der Recke den Wasserdämon
erschlug, so gelingt es ihr im Film, den Helden zu schwächen und
ihm den Samen zu einem neuerlichen Ungeheuer zu entlocken. Und dann plaudert
der Film munter weiter. Einen Zeitschnitt macht man, läßt Beowulf
nun als alten König agieren, gegen seinen eigenen mit dem Meerweib
gezeugten Sohn in Gestalt eines gigantischen Drachen kämpfen. Himmelherrgott!
Geht’s auch eine Nummer kleiner? Nun sollten die alten Sagas zwar
nicht unbedingt als definitiv abgeschlossen betrachtet werden. Denn gerade
das Weitererzählen, das Hinzudichten, das Fabulieren läßt
ja das Blut des Lebens durch diese alten saft- und kraftvollen Geschichten
strömen. Aber muß man gleich so auf den Putz hauen.
Wenn schon der filmische Vorgänger, der Beowulf des Sturla Gunnarsson,
nicht mit der friedlich flachen Landschaft Dänemarks auskam und um
der Dramatik willen ins sturmgepeitschte Island mit seinen gewaltigen
Klippen zog, dann setzte Herr Zemeckis gleich noch einen drauf: Nicht
nur die Skanden versetzte sein Glaube an filmisch-perspektivische Blickfängerei
nach Dänemark, nein, das schien schon der Himalaja zu sein, der da
aus dem Meer emporwuchs. Kilometertiefe Schluchten, riesige Felstrümmer,
himmelhohe, völlig unpraktische Burgen, für deren Turmaufstieg
man entweder einen ganzen Tag oder ein Aufzugssystem wie das des Empire
State Building bräuchte. Das ist doch Kinderkram. Das ist doch Blödsinn.
Alternde, aber dennoch hochattraktive Königin verschwistert sich
mit der jungen Bettgespielin des alten Beowulf. Die Mätresse wird
zur Lebensretterin der alten Rivalin – auf welchem Planeten ist
dieser weltfremde Unfug eigentlich angesiedelt?
Herr Zemeckis will ein gewaltiges Epos zeigen und merkt nicht, wie er
mit seinen bombastischen Szenen, seinem Gigantismus, seiner Obsession
für überdrehte Action dem wahrhaft Großen Stoff des Mittelalters,
die Su8bstanz benimmt, die Zähne zieht, die Luft rausläßt,
das Knochenmark entfernt.
Ein paar schöne Bilder waren ja dabei. Aber der Rest?
Daran ändert auch die hochkarätige Besetzung nichts: Angelina
Jolie, Anthony Hopkins, John Malkovich... : Die ungeheure Arbeit, welche
Herr Zemeckis auf sein Werk verwandte, ist sicherlich richtungsweisend
für den modernen Film und als Pionierleistung zu entschuldigen. Diese
Kraftanstrengung aber hätte andernorts eine interessantere Umsetzung
erfahren können. Beowulf bedeutet auf angelsächsisch: Bienenwolf.
Das ist ein Kenning für “Bär“. Na, den hat uns Herr
Zemeckis ganz tüchtig aufgebunden. Leider keine volle Punktzahl für
die Abenteuer des gautischen Blondbären, Herr Zemeckis. Tut uns leid!
|