Ein Bonsai-Garten – verzauberter Flecken in der Mark
Gerad’ durchs Herz hindurch
Mir dieser Bambus wächst
Am linden Frühlingsmorgen.
von M. Akinokawa
So oft der Landbote auch fluchen,
wettern, von der Kanzel herabdonnern mag in seinen Predigten gegen menschliche
Dummheit, Bosheit und Unkultur – es gibt doch diesen Gegenpol! Es
gibt dieses Grandiose, das Menschen zu schaffen in der Lage sind, es gibt
diese Orte der unbedingten Schönheit – an denen sich Geist
und Schaffenskraft, Stille und Herzenswärme treffen. Orte, nicht
von Feen, sondern von Menschenhand erschaffen und trotzdem getragen von
unendlichem Respekt vor den Kreaturen der Schöpfung. Immer dort,
wo das Ringen der Kultur mit dem Unverstand, der Gier und dem Eigennutz
am heftigsten tobte, brachte die Kultur ihre größten Leistungen
auf den Weg. Das Abendland beweist dieses hinlänglich. Doch auch
der ferne Osten, China und Japan blieben nicht verschont von diesen elementaren
Kämpfen, waren zu keiner Zeit das Paradies, das Refugium der Glückseligen,
als welches sie der vom Rokoko beseelte Okzident so gerne angesehen hätte.
Menschen sind Menschen und bleiben Menschen! Doch auch dort, wo die Sonne
den Tag beginnt, entwickelte sich aus Strömen von Blut und Orgien
der Gewalt eine Hochkultur, die den primitiven Instinkten des Nackten
Affen trotzte, ihnen gar Fesseln anzulegen trachtete.
Der Zen-Buddhismus erschuf eine Geisteswelt, die den engen Rahmen alles
Irdischen schlicht egalisierte. Der Teekult, die Malerei, das Dichten,
die Architektur – jeder Lebensbereich reflektierte mit großem
Ernst und innerlicher Gelöstheit mit wenigen Bewegungen, Worten,
Pinselstrichen, Elementen das Ganze, getragen von einem grenzenlosen Respekt
vor der Schöpfung.
Die Gartenbauer des Zen taten das Ihrige. Sie sahen sich im Gegensatz
zu Ihren Kollegen aus dem Abendland nicht als Götter im Miniaturformat,
als Mittelpunkt der Welt, die ebenso wie der Herr während der Schöpfung
mit Zirkel und Richtschnur bewaffnet, der Natur ihre Vorstellungskraft
und ihren Willen aufzuobtruieren trachteten. Die chinesischen und japanischen
Gärten formten mit linder Hand, beinahe unmerklich und doch so unglaublich
bewegend. Die fernöstlichen Landschaften gingen nahtlos ineinander
über – die von Menschenhand gestalteten in die natürlichen
und umgekehrt. Sie kreierten nichts Künstliches, der Natur fremdes,
sondern verstärkten lediglich den Eindruck des Vorhandenen.
Die Enge und die strikte Eingebundenheit des fernöstlichen Individuums
in die Gesellschaft ließ für den Einzelnen nur einen Weg offen:
nach innen, die eigene Seele, die eigenen vier Wände. Wollte man
also ein Stück lebendige Natur bei sich und um sich haben, wo das
nötige Kleingeld für einen eigenen Garten oder gar einen Park
fehlten, so mußte man miniaturisieren – der Bonsai war geboren.
Die ältere, chinesische Form dieser Miniatur-Landschaftskunst war
das Penjing – was so viel wie „Landschaft in einer Schale“
bedeutet. Ein Baum verkörpert die lebendige Natur, ein feines Kiesbett
wie im Ryo-An zu Kyoto das Wasser und der Mensch stellt sich, sein Kunstwerk
vertretend, in der Schale dar. Diese drei Aspekte zusammengenommen ergeben
die Harmonie des Ganzen, die untrennbare Verbundenheit, das Aufeinander-angewiesen-sein
jedes der drei Einzelkomponenten auf die beiden anderen.
Diese Kunst dient
nicht der bloßen Zierde. Sie dient der bewußten und stetigen
Auseinandersetzung mit der Umwelt, der Umgebung, dem eigenen Ich und der
Position dieses Ichs in der Gesamtheit der Welt. Wer das nicht versteht,
sondern den Bonsai zu einem Zierelement degradiert, hat nichts begriffen.
Der berühmte Affe mit der Krone auf dem Kopf…
Vielleicht ist es ihm auch
darum zu tun, diese Erkenntnis neben dem Verkauf seiner Bonsai-Bäumchen
zu vermitteln, dem Herrn Tilo Gragert zu Ferch bei Potsdam. Die Anlage
seines japanischen Gartens läßt den begründeten Verdacht
zumindest zu. Einem solchen Traum Gestalt zu geben – das kann nur
jemand, der das Wesen des Zen begriffen hat. Eine große Ruhe geht
von Oshoo* Gragert san aus,
der, während Besucher durch seinen Garten wandeln, sich der Pflege
dieses kleinen Paradieses widmet und mit freundlicher und ruhiger Art
allen Fragen der Gäste zu Diensten ist. Dieses Stückchen Land
oberhalb des Schwielowsees ist eine Exklave der chinesisch-japanischen
Hochkultur. Sie ist, obschon von Menschenhand geschaffen, ein Stück
des Feenreiches – betörend, berauschend, die schönste
und ungefährlichste Sucht vermittelnd: die Sucht nach der Ästhetik.
Bambus, die Pflanze der Götter, die liebliche Kirsche, die in all
ihrer Ungezähmtheit und Schlichtheit verzaubernde Kiefer, die Steine
und das sie umkränzende Moos, inmitten des kleinen Teiches der Pavillon
– das ist nicht von dieser Welt. Das hat die mit so unendlich vielen
Reizen gesegnete Mark bis dato noch nicht gehabt.
Wer den Radau und primitives Gegröle meidet, wer ein Auge für
die Schönheit der Stille, eine Nase für den Duft der Kirschblüte
und ein Ohr für das Rascheln des Bambus im Frühlingswind hat,
wer sich nicht satt sehen kann an den spitzen, roten Blättern des
japanischen Ahorn – der sollte ihn besuchen, den Herrn Gragert,
in seinem Bonsai-Garten zu Ferch in der Mark, über dem südwestlichen
Ufer des Schwielowsees gelegen.
Wir waren dort und bedanken uns mit einem vom Herzen kommenden Arigatoo
gozaimas!
Adresse:
Japanischer Bonsaigarten
Herr Tilo Gragert
Fercher Str. 61
14548 Schwielowsee / OT Ferch
Internetpräsenz:
http://www.bonsai-haus.de
E-Mail:
mail [at] bonsai-haus.de
Telefon:
Ausland 0049-33209-72161
Deutschland 033209-72161
Anfahrt:
Auto
A10 südlicher Berliner Ring, Abfahrt Ferch, Ortsende Ferch (den grünen
Schildern des touristischen Wegeleitsystems folgen);
B1 zwischen Blütenstadt Werder/Havel und Geltow/Potsdam Richtung
Ferch abbiegen, OL Petzow durchfahren, Ortseingang Ferch
Bus
607 ab Potsdam Hauptbahnhof bis Endhaltestelle Ferch, 1 Minute Fußweg
in Richtung Ortsgrenze
Öffnungszeiten:
April bis Oktober, dienstags bis sonntags sowie an ges. Feiertagen jeweils
von 10 bis 18 Uhr
* Meister
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