Die
Entstehung der Mark
von Dr. Lutz Partenheimer
K. K. Bajun
Pünktlich zur 850-Jahr-Feier
der Mark Brandenburg lag Herrn Partenheimers Beitrag vor. Respekt! Das
war ein würdiges Geschenk. Es richtet sich gleichermaßen an
die Gelehrtenwelt und an den historisch interessierten Laien und verdeutlicht
mit verständlichem Duktus die überaus spannenden und dramatischen
Geschehnisse des Brandenburger Frühmittelalters. Zwei Welten prallten
hier einst aufeinander: Hier die alteingesessene westslawische Urbevölkerung,
die sich von Ackerbau, Fischfang und gelegentlichen Diebereien bei den
Nachbarn ernährte – dort, am jenseitigen Ufer von Mütterchen
Elbe die hochgerüsteten Heere der Sachsen. Ostfranken hatte sein
römisches Erbe noch nicht vergessen und stand – was gesellschaftliche
Organisation, Siedlungsbau, Logistik, Technologien und andere kulturelle
Leistungen betraf, auf einem hohen Niveau.
Ob es nun der von marxistischen Historikern oft beschworene feudalistische
Expansionsdrang war, der sich unter anderem aus der Gier der Feudalherren
und der sogenannten Primogenitur speiste, oder ob die Sachsenherrscher
von den ständigen Raubzügen der Slawen und deren Unterstützung
der ungarischen Erzfeinde einfach nur die Schnauze gestrichen voll hatten,
ob wirklich einige christliche Fanatiker und Pragmatiker den Wunsch hatten
zum Vorteil der alleinseligmachenden Mutter Kirche Transelbien dem Heidentume
zu entreißen – diese Fragen im rechten Verhältnis und
ausgewogen zu beantworten, ist fürwahr ein hartes Brot.
Zu dünn ist die Reihe der zuverlässigen Chronisten aus dieser
Zeit, zu rar sind die wenigen schriftlichen Zeugnisse, die uns ein mehr
als spärliches Bild von den damaligen Ereignissen geben. Oft müssen
die Archäologen ihre Erkenntnisse beisteuern um die oftmals politisch
beeinflussten Aussagen der Zeitgenossen zu bestätigen oder zu korrigieren.
Urkundenfälschungen waren im Mittelalter gang und gäbe. Und
so tobt just der Streit zwischen renommierten Historikern wie Helmut Assing
und seinen Gegnern, ob denn die Urkunde über die Errichtung des Brandenburger
Bistums nun wie angegeben auf 948 oder doch eher auf 965 zu datieren ist.
Diese Urkunden aber, in denen so oft so dicke gelogen und betrogen wurde,
dass sich die Balken bogen, sind aber das wohl umfangreichste Quellenmaterial,
auf das der forschende Historiker sich zu stützen vermag.
Es scheint uns, dass Herr Partenheimer mit Besonnenheit und ausgesprochener
Sachkenntnis sein Wissen um die Zeit der vorletzten Jahrtausendwende vorgetragen
und solcherart mit großem Geschick Scylla und Charybdis der historischen
Dogmenlandschaft durchschiffte.
Wer sich als Märker für seine Wurzeln interessiert, für
den ist dieses Buch unverzichtbar. Stellt es sich doch in einem hervorragenden
Anhang gleichzeitig selbst als Urkunden- und Quellenbuch zur Verfügung.
Im originalen Latein und in guten deutschen Übersetzungen kann der
Leser gleich welchen Bildungsstandes selbst einen Blick auf ein wesentliches
Fundament unseres heutigen Geschichtsbildes dieser Epochen werfen.
Somit schlägt Herr Partenheimer gekonnt eine Brücke zwischen
dem berüchtigten Elfenbeinturm und dem Wissensdurst der Bevölkerung,
die ihre Brötchen zumeist auf einem anderen Gebiete verdient und
dennoch möglichst viel über das Leben und Denken der Voreltern
erfahren möchte.
Herrn Partenheimers Buch zu empfehlen ist uns ein Anliegen und eine Freude!
Die Entstehung der Mark
mit einem lateinisch-deutschen Quellenanhang
Lutz Partenheimer
Böhlau Verlag Köln Weimar Wien 2007
ISBN 978-3-412-17106-3
€ 19,90
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